Mystic River
gekauft haben, kriegen für ‘ne Wohnung jetzt wahrscheinlich so viel wie dein Alter damals für das ganze Haus.«
»Kommt ungefähr hin«, antwortete Sean. »Was will man machen?«
»Mensch, ich weiß nicht, aber manchmal denk ich, man muss das doch irgendwie aufhalten können. Die sollen dahin zurück, wo sie hergekommen sind mit ihren verfluchten Handys. Weißt du, was ein Freund von mir letztens meinte, Sean? Was wir hier brauchen, ist ‘ne ansehnliche Verbrechensquote.« Dave lachte. »Ich meine, da wären die Scheiß-Häuserpreise schnell wieder da, wo sie hingehörten. Und die Mieten auch. Stimmt’s?«
Sergeant Powers sagte: »Wenn im Pen-Park noch mehr Mädchen abgemurkst werden, Mr. Boyle, geht Ihr Wunsch vielleicht in Erfüllung.«
»Äh, so hab ich das ja nicht gemeint«, entgegnete Dave.
»Sicher«, gab Powers zurück.
»Du hast ›Scheiße‹ gesagt, Dad«, warf Michael ein.
»‘tschuldigung, Mike. Kommt nicht wieder vor.« Er zwinkerte Sean über die Schulter zu und schloss die Wohnungstür auf.
»Ist Ihre Frau zu Hause, Mr. Boyle?«, fragte Sergeant Powers beim Hineingehen.
»Hm? Nein, nein, sie ist nicht da. Hey, Mike, geh mal deine Hausaufgaben machen. Ja? Wir müssen gleich rüber zu Onkel Jimmy und Tante Annabeth.«
»Och, Mann! Ich …«
»Mike«, sagte Dave und sah seinen Sohn scharf an. »Geh nach oben! Ich muss mit den Männern reden.«
Michael bekam diesen Gesichtsausdruck, den Kinder immer aufsetzen, wenn sie aus dem Gespräch Erwachsener ausgeschlossen werden. Er steuerte auf die Treppe zu, ließ die Schultern hängen und schlurfte mit den Füßen, als hingen Betonblöcke daran. Er seufzte wie seine Mutter und stieg dann langsam nach oben.
»Überall das Gleiche«, meinte Sergeant Powers und setzte sich auf die Couch im Wohnzimmer.
»Inwiefern?«
»Wie sie die Schultern hängen lassen. Mein Sohn hat das in dem Alter genauso gemacht, wenn er ins Bett geschickt wurde.«
»Ja?«, fragte Dave und nahm auf dem Zweisitzer auf der anderen Seite des Couchtisches Platz.
Ungefähr eine Minute lang schaute Dave Sean und Sergeant Powers an und beide starrten zurück.
»Das mit Katie Marcus hast du gehört?«, fragte Sean.
»Klar«, antwortete Dave. »Ich war heute Morgen drüben. Celeste ist noch da. Ich meine, Himmelherrgott, Sean, verstehst du das? Das ist ein Verbrechen!«
»Da haben Sie Recht«, pflichtete Sergeant Powers ihm bei.
»Habt ihr den Kerl schon?«, fragte Dave. Er rieb mit der linken Hand über seine geschwollene rechte Faust und merkte plötzlich, was er tat. Er lehnte sich zurück und schob die Hände in die Hosentaschen, gab sich lässig.
»Wir arbeiten dran, glauben Sie uns, Mr. Boyle.«
»Wie kommt Jimmy zurecht?«, erkundigte sich Sean.
»Schwer zu sagen.« Dave sah Sean an, froh, den Blick von Powers abwenden zu können, denn dieser Mann hatte etwas, das Dave nicht gefiel. Wie dieser Typ ihn anstarrte, als durchschaue er sämtliche Lügen – jede einzelne bis hin zur allerersten –, die Dave in seinem beschissenen Leben erzählt hatte.
»Du weißt ja, wie Jimmy ist«, fuhr Dave fort.
»Nicht genau. Nicht mehr.«
»Tja, er lässt nichts aus sich raus«, erklärte Dave. »Man kann nicht sagen, was in seinem Kopf wirklich vor sich geht.«
Sean nickte.
»Weshalb wir vorbeigekommen sind, Dave …«
»Ich hab sie gesehen«, unterbrach ihn Dave. »Ich weiß nicht, ob ihr das wisst.«
Er guckte Sean an, der auf seine Hände blickte und wartete.
»An diesem Abend«, fuhr Dave fort. »Ich nehm an, es war die Nacht, in der sie starb, da hab ich sie im McGills gesehen.«
Sean tauschte einen Blick mit seinem Kollegen aus, dann beugte er sich vor und fixierte Dave freundlich. »Ähm, ja, Dave, deshalb sind wir eigentlich hier. Dein Name steht auf einer Liste von Leuten, die in der Nacht im McGills waren und an die sich der Barkeeper erinnern konnte. Wir haben gehört, dass Katie da ‘ne ganz schöne Schau abgezogen hat.«
Dave nickte. »Sie hat mit ‘ner Freundin auf der Theke getanzt.«
»Die waren wohl ziemlich breit, was?«, fragte der andere Bulle.
»Ja, aber …«
»Aber was?«
»Aber auf ‘ne nette Art und Weise. Die haben zwar getanzt, aber nicht gestrippt oder so. Keine Ahnung, die waren einfach … neunzehn. Verstehen Sie?«
»Neunzehn und in der Kneipe trinken heißt, dass die Kneipe erst mal die Schanklizenz verliert«, sagte Sergeant Powers.
»Haben Sie so was nie getan?«
»Was denn?«
»In der Kneipe getrunken, obwohl Sie noch
Weitere Kostenlose Bücher