Mythor - 023 - Befehle aus der Schattenzone

rechts.«
    Mythor wartete ab, was Pandor aus der Situation machen würde.
    Einer der beiden Ugalier versuchte, an Pandors Hinterhand vorbei zu schleichen, während der zweite der Absprache gemäß versuchen sollte, sich an dem gefährlich aussehenden Horn vorbei zu schmuggeln. Beide Ugalier hatten sichtlich keine Lust, den größeren Teil des Risikos zu tragen. Sie versuchten also, den gefährlicheren Teil dem anderen zuzuschieben.
    Beiden machte Pandor einen Strich durch die Rechnung. In plötzlich wilder Kraftentfaltung keilte er hinten aus und setzte fast gleichzeitig zum Sprung nach vorn an.
    Die beiden Ugalier waren starr vor Entsetzen. Dem einen waren die Hufe des Einhorns fast ins Gesicht geschmettert worden, dem anderen war das Horn um Daumenbreite am Hals vorbeigefegt.
    Mythor krümmte sich vor Lachen, aber er hielt den Mund.
    Endlich kam wieder Leben in die beiden Gestalten. Sie ließen jegliche Vorsicht fahren und suchten ihr Heil in wilder Flucht. Einen Herzschlag später waren sie verschwunden.
    »Gut gemacht, Pandor!« lobte Mythor das wackere Einhorn.
    Ihm war klar, dass sich das Tier nur einen Scherz mit den beiden Dieben erlaubt hatte. Wäre das Einhorn daran interessiert gewesen, zu töten, wäre keiner der beiden lebend aus der Stallung gekommen.
    »Ein wundervolles Tier«, sagte Buruna bewundernd, während Mythor Pandors Hals streichelte.
    Ihm war klargeworden, dass er und sein Hab und Gut in Graf Corians Burg nicht länger sicher waren. Die Ehrbegriffe der Ugalier waren gewiss recht großzügig ausgelegt, es war für einiges darin Platz, was in anderen Ländern unverzüglich den Scharfrichter auf den Plan treten ließ, aber solche Streiche wie der Überfall in der Nacht und der versuchte Diebstahl des Einhorns sprengten denn doch sogar die dehnbare ugalische Moral. Mythor nahm sich vor, mit Corian darüber zu reden. Es gab immerhin so etwas wie Gastfreundschaft, deren Regeln auch ein Graf Corian zu respektieren hatte.
    »Warte hier auf mich«, sagte Mythor zu Buruna. »Ich muss mit Thonensen reden und mit Graf Corian.«
    »Hüte dich vor Vassanders Rache«, bat Buruna zum Abschied. »Er ist entsetzlich in seinem Zorn.«
    Mythor verließ seine Unterkunft. Es wurde Zeit, sich mit Vassander eingehend zu beschäftigen. Der Erzmagier versprach sehr hinderlich zu werden, ja zu einer großen Gefahr für alle von den Caer bedrohten Länder.
    Unwillkürlich sah Mythor bei diesen Überlegungen hinauf zu Vassanders Turm. Er blieb stehen.
    Scharf zeichnete sich der Turm gegen den klaren Himmel ab, und auf diesem hellen Blau waren in beträchtlicher Entfernung zwei kleine Punkte zu erkennen, die sich dem Turm näherten.
    Mythor fasste die Punkte schärfer ins Auge. Im Näherkommen erwiesen sie sich als zwei Vögel, schwarz und ungewöhnlich groß, vermutlich Kolkraben.
    Unwillkürlich musste Mythor an Boten denken, geflügelte Boten, die zwischen Vassander und seinen düsteren Auftraggebern hin und her pendelten.
    Die beiden Raben waren nun nahe genug heran, dass man ihr Ziel erkennen konnte. Sie flogen ohne jeden Zweifel Vassanders Unterkunft im Turm an.
    Ein neuer Vogel erschien am Himmel, ein Schneefalke.
    »Horus!« rief Mythor verwundert. Er war sicher, dass es sich um seinen Schneefalken handelte. Aber Horus hörte nicht. Der Schneefalke war vollauf damit beschäftigt, sich auf die beiden Kolkraben zu stürzen.
    Die schwarzen Vögel waren recht groß und kräftig, und sie ergaben sich nicht wehrlos. Ein wilder Kampf entbrannte in der Luft.
    Mythor konnte sehen, dass im Fenster von Vassanders Studierstube ein Kopf erschien, mutmaßlich der des Erzmagiers.
    Vassander bekam ein für ihn sicherlich betrübliches Schauspiel geboten. Horus lieferte sich mit den beiden Raben einen gnadenlosen Kampf, den er nach langem Hin und Her gewann. Während der erste der beiden Kolkraben wie ein Stein in die Tiefe stürzte, suchte der zweite den Weg zu Vassanders Turm. Aber das Tier kam nicht mehr so weit. Horus stieg auf, überholte den Raben, rüttelte kurz und ließ sich dann mit vorgestreckten Greifern auf den Raben fallen. Noch einmal kam es zum Kampf, und wieder blieb Horus Sieger.
    Schwer verletzt, todwund, taumelte auch der zweite Rabe dem Boden entgegen.
    Mythor konnte sehen, wie Vassander im Turmfenster Drohgebärden in die Richtung des Schneefalken vollführte. Seine Vermutung war also richtig gewesen. Die Vögel hatten etwas mit Vassander zu tun.
    Einer der toten Vögel landete im Burghof. Mythor brauchte nur