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Mythor - 071 - Die goldene Riesin

Mythor - 071 - Die goldene Riesin

Titel: Mythor - 071 - Die goldene Riesin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terrid Peter
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Knochenhände, die sie umklammerten.
    Berberi spürte, daß sie am ganzen Leib zitterte.
    Gerne hätte sie sich umgedreht, nach Arruf und den anderen. Aber das ließen die Heterinnen nicht zu. Fest war ihr Griff, bindend ihre schweigsam erteilten Befehle. Keine Rebellion war vorstellbar gegen diese lautlose Tyrannei.
    Etwas Schwarzes schwirrte schwingenschlagend an Berberis Haar vorbei, streifte sie mit kaltem Flügelschlag und huschte zurück in die Düsternis – ein Vampir vielleicht?
    Berberi war auf alles gefaßt.
    Immer wieder hörte sie den Schall ihrer Schritte. Selbst als sie sich mühte, so leichtfüßig wie möglich aufzutreten, hörte sie diesen grausamen Klang, der sich anhörte wie der dumpfe Wirbel der fellbespannten Trommel, die geschlagen wurde, wenn auf dem großen Platz der Hauptstadt ein Verbrecher seine Tat mit dem Leben zu sühnen hatte.
    War es der Tod, der in diesen Höhlen seinen unwiderruflichen Tribut forderte?
    Berberi schauderte ein ums andere Mal.
    Die Heterinnen blieben stehen. Berberi wandte den Kopf, über die Schulter hinweg warf sie einen Blick der Verzweiflung.
    Man hatte sie von den Männern getrennt. Arruf war nicht zu sehen, auch Moihog nicht, desgleichen die anderen. Was hatte dies zu bedeuten?
    Berberi sah der Heterin zu ihrer Rechten ins Gesicht. Es war ein bleiches, fast blutleeres Gesicht. Der Mund zeigte eine Grimasse aus Ekel und Angst gemischt. Die Augenlider hingen schlaff bis auf die Hälfte der Wölbung des Augapfels herab, als weigere sich die Heterin, wahrzunehmen, was sich ihren Augen darbot. Es war ein Gesicht, das Berberi bis ins Mark erschreckte.
    »Geh voran!«
    Während das Echo den Trittschall laut äffend wiederholt hatte, verlor sich die Stimme sofort, als sei sie verschluckt worden von den Wänden.
    Ein sanfter Druck der kalten Hände drängte Berberi nach vorn.
    Es ging eine Reihe von Stufen hinab, dann einen Stollen entlang. In den Wänden erkannte Berberi Kratzspuren. An etlichen Stellen staken blakende Kiene in bronzenen Haltern und verbreiteten ein knisterndes Licht, das wenig dazu angetan war, Berberis Gemüt fröhlicher zu stimmen. Die Szenerie gemahnte sie an ähnliche Gewölbe, Keller des Grauens, in denen solche Menschen ein gräßliches Dasein fristeten, die es gewagt hatten, sich gegen die Herrschaft ihres Vaters aufzulehnen.
    War nunmehr ihr dieses Schicksal beschieden?
    Die Heterin schlug ein rotwollenes Tuch zur Seite. Dahinter war ein großer Raum zu erkennen. Eine Frau stand in dem Raum und sah Berberi erwartungsvoll an.
    Auch in diesen Zügen war von Weiblichkeit nichts zu erkennen. Nur kalte Härte strahlte aus dem Auge, offenbarte sich in jedem der maskenhaft erstarrten Gesichtszüge. Das Haar der Heterin war weiß, ihre Haut fahl, als sei sie allen Blutes verlustig gegangen.
    »Du bist Berberi, Königin von Erron?«
    Es klang mehr nach einer Feststellung, denn nach einer Frage. Mit einer knappen Handbewegung trieb die Heterin ihre beiden Gefährtinnen aus dem Raum. Sie war mit Berberi allein.
    Jedes Stück in dem Raum verriet Kälte und Gefühllosigkeit. Keine weichen, schwingenden Linien – nur Härte, Gradlinigkeit.
    »Ich bin Berberi!« Die Königin erschrak, als sie ihre Stimme hörte. Niemals zuvor hatte sie den Klang ihrer Stimme als so leise und verschüchtert empfunden. »Mein Vater…«
    Mit einer heftigen Handbewegung schnitt die Heterin Berberi das Wort ab. Sie lächelte, aber an diesem Lächeln nahmen die Augen nicht, die Lippen nur als Grimasse teil. Berberi schauderte.
    »Sprich nicht davon«, sagte die Heterin. »Nenne mich Ghaslahe. Ich bin eine der Priesterinnen der Goldenen Riesin.«
    Diese Eröffnung war nicht dazu angetan, Berberis Mut zu heben.
    »Warum…?« begann sie.
    »Ich stelle die Fragen, Berberi«, sagte Ghaslahe. Einer Königin das Wort abzuschneiden, schien ihr die natürlichste Sache von der Welt – und Berberi ertappte sich dabei, diese Anmaßung demütig hinzunehmen.
    »Es freut mich, daß du den Weg zu uns gefunden hast, Berberi.«
    Die Königin wagte nicht, dieser Unterstellung der Heterin entgegenzutreten. Was hätte sie Ghaslahe zu antworten gehabt – daß sie aus Neugierde gekommen war, getrieben vom Prickeln verbotener Genüsse, die in den traurigen Alltag einer vernachlässigten Königin ein wenig Abwechslung und Aufregung bringen sollten?
    Wenn es einen Fleck auf dieser Welt gab, der weniger mit Genuß und Freude zu tun hatte als dieses Gewölbe, dann wollte Berberi einen solchen Ort

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