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Mythor - 071 - Die goldene Riesin

Mythor - 071 - Die goldene Riesin

Titel: Mythor - 071 - Die goldene Riesin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terrid Peter
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große glatte Felsfläche, auf die jemand seltsame Zeichen geritzt hatte, magische Runen oder dergleichen. Es waren böse, grausige Zeichen, dem Kopf nicht verständlich, aber von deutlicher Wirkung auf den Leib. Secubo spürte, wie sich sein Bauch verkrampfte und vor Angst zusammenzog.
    Der Ay tauchte neben Secubo auf, knurrte erbittert, als er die Zeichen sah und wandte den Kopf.
    »Übel«, sagte er nur. »Böse.«
    Dem konnte Secubo nur zustimmen. Am liebsten wäre er sofort zurückgeritten, aber das hatte er ganz allein tun müssen, denn sein Begleiter zögerte keinen Augenblick, die wiedergefundene Fährte weiter zu verfolgen.
    Der Weg wurde alptraumhaft. Jedesmal, wenn sich der Pfad krümmte und eine neue Richtung einschlug, kam eine neue Felsfläche voller Zeichen und Symbole zum Vorschein, und diese Runen wurden immer bedrohlicher. Auf der anderen Seite ging von den daumentief eingeritzten Bildnissen auch ein eigentümlicher, schier unwiderstehlicher Zauber aus. Secubo merkte zwar, daß er in eine Situation voller Angst hineinritt, auf der anderen Seite aber lockte ihn genau das – als wisse er, daß es jenseits dieser Angst einen Bezirk ohne Sorgen und Kümmernisse gebe.
    Infolgedessen beschleunigten die beiden Männer ihren Ritt. Die Fährten auf dem Boden wurden auch immer zahlreicher, so daß es keine Mühe kostete, diesen Hinweisen zu folgen.
    Einmal entdeckte Secubo am Boden eine zerbrochene Waffe, die höchstwahrscheinlich einem der Barbaren gehört hatte. Vermutlich waren hier auch die zottigen Kerle aus dem Norden entlanggezogen – ob sie irgendwo in der Felsenwildnis lauerten und auf ihre Opfer warteten?
    Von den Barbaren war nichts zu sehen, von der Königin und ihrem Gefolge ebenfalls nichts. Das hätte einen so furchtsamen Menschen wie Secubo stutzig machen müssen, aber er stand bereits unter der Verlockung der Zauberzeichen, die den Weg in immer dichterer Folge säumten.
    Es war, als zöge sich ein magisches Netz um die beiden Männer immer dichter zusammen.
    Es war aber möglich, sich dem Zugriff dieses Zaubers zu entziehen. Der Ay-Krieger blieb plötzlich stehen.
    »Genug!« stieß er hervor.
    Secubo konnte sehen, daß der Mann alle Muskeln gespannt hatte. Es war ein Bild geballter Kraft, furchteinflößend.
    »Was willst du?«
    »Zurück!« stieß der Ay hervor. Er beherrschte sich unter äußerster Anstrengung aller Körperkräfte. »Gefahr.«
    Das traf zwar zu, Secubo hatte das gleiche Empfinden, aber er spürte auch wesentlich deutlicher die Lockung – und er wußte, daß in diesem Felsengewirr irgendwo eine Königin auf einem Diromo saß, in dessen Zeltaufbau Secubos kostbarste Habe geschaukelt wurde.
    Secubo dachte nicht daran, sich um diesen Reichtum bringen zu lassen.
    »Weiter!« bestimmte er.
    Der Krieger zögerte einen Augenblick lang. Seine Lippen zitterten. Die Adern an seinen Schläfen zeichneten sich deutlich und stark pulsierend ab.
    Dann brach der Mann zusammen. Sein Körper wurde schlaff, ein Seufzer löste sich aus seiner Brust. Sein Reittier setzte sich wieder in Bewegung, und mit verklärtem Lächeln trabte der Ay den Pfad entlang.
    Das wiederum ließ Secubo ein wenig schaudern, aber er folgte dem Ay.
    Hinter der nächsten Biegung des Weges endete der Pfad.
    Er mündete in ein Tal. Lotrecht die Wände, glatt wie geschliffen. Fast kreisrund der Talkessel, mit den himmelhohen Wänden. Schwarz war der Fels, kalt und bedrohlich.
    Auf der gegenüberliegenden Seite des Runds, das hundert Meter durchmessen mochte, war an der Felswand eine Gestalt zu erkennen.
    Es war ein Weib, unverkennbar, auch wenn es mit nur geringer Kunstfertigkeit aus dem schwarzen Gestein gemeißelt worden war. Die beiden Reiter trieben ihre Tiere langsam auf die Statue zu.
    Das Bildnis hing mit dem Rücken noch im Fels. Es war eine rauhe Arbeit, plump und unbeholfen, aber dennoch höchst wirkungsvoll. Wer dieses Weib sein sollte, vermochte Secubo nicht zu sagen, aber er spürte, daß dieses steinerne Bildnis alles Wichtige enthielt.
    Einen Augenblick lang fühlte sich Secubo versucht, den Rückzug anzutreten. Er war kein Weiberheld und fühlte sich in seinem Kochzelt am wohlsten – anders als der grobsinnliche Ay witterte Secubo in der üppigen Frauengestalt auch eine Falle.
    Es war zu spät. Die Ereignisse nahmen den Verlauf, der ihnen vom Würfel des Schicksals vorgeschrieben worden war.
    Die beiden Männer ritten auf die Statue zu, bis sie sie in voller Größe und sehr deutlich sehen konnten.

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