Mythor - 074 - Das Fest der Masken
Zaubertrick zu schwärmen.
„Ich habe eine Idee“, sagte eine der Frauen plötzlich. „Wenn du mir jeden Tag gebratene Fische fängst, könnten wir handelseinig werden. Ich handle mit Genußmitteln, und da gibt es bestimmt eine Menge Dinge darunter, die nicht nur angenehm schmecken, sondern auch in der Lage sind, deine Seekrankheit zu heilen.“
„Ist das wahr?“ stieß Gerrek hervor.
„So wahr ich Nucrilia bin“, sagte die Frau. „Schlägst du ein?“
Gerrek holte tief Luft. „Da ist noch ein Haken dabei“, sagte er. „Ich müßte jeden Tag arbeiten. Du glaubst gar nicht, welch schwere Arbeit das Angeln ist.“
„Ich sehe schon, du verstehst dich aufs Handeln“, brummte Nucrilia. „Aber wir werden uns schon einig werden.“
„Vielleicht“, sagte Gerrek.
Er wurde plötzlich mißtrauisch. Warum, bei Fronja, war ausgerechnet diese Frau so versessen darauf, ausgerechnet von Gerrek gebratenen Fisch zu erhandeln?
Ihre Beharrlichkeit ging über die reine Flachserei schon hinaus.
*
„Das Leheben ist so herr-hicks-lich…“, erklang eine mißtönende Krächzstimme. „So buhunt und wu-hunderschön… hicks…“
Scida fuhr auf. „Was ist denn das?“
„Mich dünkt, ein Beuteldrache“, bemerkte Mythor trocken. „Und zwar einer der volltrunkenen Sorte.“
Lankohr flitzte zur Tür von Mythors Unterkunft, in der man sich zur Lagebesprechung versammelt hatte. „Sag mal, versuchst du zu singen?“ fragte er den Beuteldrachen.
Gerrek richtete sich zu seiner vollen Größe auf und sah auf den Aasen hinab.
„Ich bin ein – hicks – fahrender Sänger“, erklärte er schwerfällig. „Gestattet, daß ich euch mein – hicks neuestes Schlaflied…“
„Wir gestatten nicht“, erklärte Scida. „Wo hast du dich herumgetrieben?“
„Sei d-doch nicht so böse“, sagte Gerrek tieftraurig. „Das Leben ist doch so – hicks…“
Die Amazone faßte den Beuteldrachen am Arm und zog ihn hinter sich her, damit er nicht mit seinem schwankenden Gang dies und jenes umwarf. Mit dem freien Arm wedelte er durch die Luft. „Was w-willst du von mir? Ich will nicht“, protestierte er.
Kalisse lachte. „Stellst du dich auch so dumm an, Honga, wenn du betrunken bist?“
Mythor zog es vor, nicht darauf zu antworten.
Scida drängte den Beuteldrachen auf Mythors Lager. „Du bist wohl von allen guten Geistern verlassen, dich dermaßen vollaufen zu lassen! Was hast du dir dabei gedacht?“
„Ein – hicks – guter Handel“, lallte Gerrek. „Nicht mehr seekrank…“
Er kippte hintenüber, schloß die Glubschaugen und begann entsetzlich zu schnarchen.
Mythor begann sich Gedanken zu machen. Es war nicht unbedingt Gerreks Art, daß er sich betrank. Irgend etwas war vorgefallen, und sie würden es wohl erst erfahren, wenn der Mandaler wieder halbwegs nüchtern war – wenn er sich dann noch daran erinnern konnte.
„Wir sollten zur Sache kommen – meine Güte, schnarcht der Kerl entsetzlich!“ begann Scida schließlich. „Wir müssen Masken wählen. Lankohr, erzähle noch einmal, was du über sie erfahren hast.“
Der Aase berichtete erneut von der möglichen Vollkommenheit der Masken, die ihren Träger restlos verbargen. „Es kommt also hauptsächlich darauf an, die gewählte Maske auch überzeugend darzustellen. Wir sollten aus Gründen der Sicherheit voneinander wissen, auch wenn es verboten ist.“
Mythor hob die Hand. Die Amazonen sahen ihn erwartungsvoll an. Sie begannen sich langsam daran zu gewöhnen, daß Scidas Beutesohn große Freiheiten genoß, und es war etwas Abwechslung für sie, weil es ungewohnt war.
„Ich habe mir meine Gedanken gemacht. Ich schlage vor, Masken zu nehmen, die so ungewöhnlich sind, daß nicht so rasch jemand dahinter kommt, was sie bedeuten. Damit vermeiden wir zugleich, daß wir Masken benutzen, die in ähnlicher Form auch von anderen benutzt werden.“
„Ich verstehe“, sagte Scida und musterte Mythor eindringlich. „Ich nehme an, du willst als Fronja auftreten.“
„Bin ich wahnsinnig?“ fragte der Gorganer. „Im Gegenteil. Ich schlage vor, daß du dich als Fronja verkleidest. Sollte jemand von den Jägerinnen Niez’ auf den Gedanken kommen, daß ich dahinter stecke, wird es eine wilde Überraschung geben.“
„Und wie“, grinste Scida.
Kalisse lachte laut. „Welche Vorstellung“, rief sie. „Niez’ Jägerin glaubt, Honga vor sich zu haben, knutscht die Maske zärtlich ab und steht Scidas häßlicher Fratze gegenüber…
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