Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mythor - 086 - Die Chronik der Burg Narein

Mythor - 086 - Die Chronik der Burg Narein

Titel: Mythor - 086 - Die Chronik der Burg Narein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terrid Peter
Vom Netzwerk:
Garbica würdigte ihn keines Blickes. Jaydas Gesicht zeigte Grimm.
    »Du wirst«, sagte sie. »Um das Lager aufzuschlagen, fehlt es dir an Kenntnis und Erfahrung - also wirst du Wasser holen!«
    Der lederne Sack lag vor Ploders Füßen. Nur ein paar Schritte entfernt standen die ersten Bäume. Im Wald ringsum knisperte und wisperte es. Überall gab es Leben - und in diesem Wald schien jedes Leben gefährlich. Ploder rollte mit den Augen.
    »Nimm den Wassersack und spute dich«, sagte Jayda. Ihre Stimme klang scharf, enthielt aber noch keine Drohung.
    Ploder bückte sich.
    Er hatte keine andere Wahl, dieses schreckliche Frauenzimmer würde ihn notfalls in das Unterholz prügeln. Gleichgültig, was Ploder tat - er würde in jedem Fall das Wasser holen, das stand fest. Ob er als Geprügelter losging oder als Ungeprügelter, das lag bei ihm.
    Ploder seufzte. Er nahm den Wassersack auf.
    »Kann ich eine Fackel haben?«
    »Dann könnte man dich sehen, schon von weitem«, sagte Jayda.
    »Aber ohne Fackel kann ich nichts sehen«, versetzte Ploder.
    »Das brauchst du auch nicht«, stieß Jayda hervor. Ploder bemerkte, daß sie allmählich die Geduld verlor. »Der Klang des Wassers wird dich leiten - es ist nicht weit bis zur Quelle.«
    Ploder seufzte wieder. Er machte sich auf den gräßlichen Weg. Nur drei Schritte brauchte er zu tun, um mitten in der Wildnis zu stehen. Zweige schlugen ihm ins Gesicht, irgendwelche Dornen piekten ihn boshaft. Und in erschreckender Nähe klang der heisere Schrei eines nächtlichen Waldvogels.
    »Entsetzlich«, stieß Ploder hervor. Warum nur war er jetzt nicht in der behaglichen Wärme des Stalles, in dem seine Mutter ihm zu nächtigen befohlen hatte, wohl in der Hoffnung, die männerjagenden Weiber der Nachbarschaft durch den bloßen Geruch von ihrem zarten Sohn fernzuhalten. Ploder wäre jetzt gerne zu Hause gewesen. Die Tracht Prügel, die er vermutlich vor dem Gang ins Bett hätte einstecken müssen, war gelinde im Vergleich zu den Schrecken, die der nächtliche Wald für einen zartgemuten Knaben barg. Etwas knackte, knisterte… Ploder erstarrte. Sofort hörte das Geräusch auf. Jemand folgte Ploder. Mit hartem Griff schnappte das Grauen nach Ploders Gurgel und schnürte sie zu. Eisig kroch die Furcht an Ploders Rücken hinauf.
    Wenn er stehenblieb, half das nichts - also machte er einen beherzten Schritt.
    Wieder das Knacken. Ganz in der Nähe.
    »Hallo!« wisperte Ploder. Der Fremde brauchte vermutlich nur die Hand auszustrecken, um Ploder anfassen zu können. Das Entsetzen stieg noch.
    »Wer ist da?«
    Nichts rührte und regte sich. Wieder erscholl das grauenvolle Krächzen des nächtlichen Flugräubers. Irgendwo saß die Bestie, mit krummem Schnabel und zugriffsbereiten spitzen Krallen. Lauerte sie auf Ploder?
    Ploder hatte niemals einen Vogel gesehen, der ihm hätte gefährlich werden können, aber in dieser nächtlichen Einsamkeit wäre er vor dem schäbigsten Sperling laut schreiend geflüchtet. Die Angst hatte Ploder im Griff und beutelte ihn gründlich.
    »Wenn das Wasserholen schon schlimm ist«, murmelte Ploder angstgeschüttelt, »was mag dann sein auf dem Schlachtfeld…?«
    Nein, dieses Leben war nichts für ihn. Ehre hin, Ruhm her, Schmach und Schande und immerwährende Ehelosigkeit auf der anderen Seite - bevor er sich in diesem Nachtgrauen niedermachen ließ oder gar im Kampfgetümmel zertrampelt wurde unter den Hufen der Rosse - lieber nahm er die Schande seiner Feigheit auf sich. Er würde jetzt das Wasser holen und dann den Dienst bei Garbica aufkündigen. Genau das würde er tun - Jayda… nun, es war schade, daß er sie nicht wiedersehen würde, aber immer noch besser, als von spitzigen Speeren aufgespießt zu werden.
    Mit erstaunlichem Frohmut schritt Ploder nun aus. Da er einen Entschluß gefaßt hatte, der die Schrecknisse der Zukunft beseitigen sollte, konnte ihn das Ungemach der nächsten Augenblicke nicht mehr bedrücken.
    Verschwunden war das Krächzen des Waldvogels, niemand schien mehr hinter Ploder herzuhuschen - woher auch, sagte sich Ploder, der begriffen hatte, daß er selbst beim Treten auf trockene Zweige das Knistern und Knacken hervorgerufen hatte. Der Klang des plätschernden Wassers leitete Ploder sicher durch das Nachtdunkel. Er pfiff sogar ein frohgemutes Lied dabei und wunderte sich, woher er diesen Mut der Verzweiflung nahm.
    Dann war die Quelle erreicht.
    Das Licht der weißen Sterne ließ den Schaum erkennen, der auf dem plätschernden Quell

Weitere Kostenlose Bücher