Mythor - 086 - Die Chronik der Burg Narein
Himmelshöhen herab zum Boden. Ploder spürte, wie der Untergrund einen Satz machte unter seinem Leib. Die Wucht des Aufpralls war auch für ihn deutlich zu spüren.
Die Riesin hatte Garbica verfehlt. Jayda wollte mit der Lanze angreifen, flog aber zur Seite, als die Riesin sie mit einer fast beiläufigen Handbewegung wegwischte wie ein lästiges Insekt.
Ploder wischte sich das Blut aus den Augen. Die kleine Stirnwunde blutete entsetzlich, war aber nicht schwerwiegend. Einen Augenblick lang konnte Ploder nicht sehen, wie der Kampf verlief.
Als sich sein Blick klärte, sah er gerade noch, wie die Riesin zum Hieb ausholte. Die Keule mußte herabsausen auf Garbica und sie zerschmettern.
Flink wie ein Wiesel sprang Garbica zur Seite, als die Keule niederfuhr. Der Fels, gegen den sie sich gelehnt hatte, barst knallend und ließ einen Regen von scharfsplittrigen Trümmern aufstäuben.
Jayda kam auf die Beine, griff nach ihrer Lanze.
Während Garbica von vorn angriff und mit kunstvollen Schwertschlägen wenigstens ein paar Augenblicke respektvollen Zurückweichens abnötigte, griff Jayda mit der Lanze an. Sie schaffte es, die Riesin zu Fall zu bringen - während die Lanze zwischen den Beinen des Riesenweibs zerschellt, strauchelte die Riesin.
Gabica sprang sie todeskühn an.
Die Riesin krachte auf den Boden, schwer blieb sie auf dem Rasen der Lichtung liegen.
Jetzt, da der schreckliche Feind niedergeworfen schien, erwachte auch in Ploder der Mut. Er griff nach dem erstbesten Stein, um ihn nach der Schläfe der Riesin zu werfen.
Jayda kam ihm zuvor. Mit einem heftigen Schlag, dessen Ziel Ploder nicht beobachten konnte, brachte sie die Riesin um das Bewußtsein - Ploder konnte sehen, wie durch den gewaltigen Leib ein Zucken ging, dann wurden die Glieder schlaff.
»Das war knapp«, seufzte Garbica. Sie löste das Helmband, streifte den Helm ab und strich sich die schweißnassen Haare. Sie sah Ploder an.
»Du hast dich wacker gehalten«, sagte sie ruhig. Nur der heftig gehende Atem verriet, daß sie gerade erst einen Kampf auf Leben und Tod bestritten hatte. »Es gehört einiges dazu, um einen Kampf mit diesem Weib zu überleben, wenn man ein schwacher Mann ist.«
Ploder lächelte selbstgefällig.
Daß er es nur geschafft hatte, dem schrecklichen Weib zu entwischen, mehr nicht, brauchte er seiner Herrschaft nicht auf die Nase zu binden.
Garbica sah die gefällte Gegnerin an.
»Wir fesseln sie«, sagte die Amazone. »Und morgen schaffen wir sie in unsere Lager.«
Sie sah Ploder an.
»Und du wirst alles aufschreiben - für spätere Geschlechter!«
»Das werde ich tun«, versprach Ploder.
Er sah zu, wie die Frauen die Riesin banden. Er selber holte einen Sack voll Wasser - seltsamerweise ging er den Weg ohne die geringste Furcht - und wusch sich erst einmal das Blut aus dem Gesicht.
Die Dornen hatten ihn übel zugerichtet. Einiges von dem pieksenden Zeug war obendrein auch noch giftig gewesen. Ploders Hände waren angeschwollen.
Es war Jayda, die ihm zu Hilfe kam. Sie half Ploder, das Gesicht zu waschen, und Ploder war sehr erstaunt, als er feststellte, daß das kriegsgewohnte Weib ungewöhnlich sanft zufassen konnte.
Natürlich - Ploder hatte es bei einer Amazonendienerin nicht anders erwartet - wurde Jayda ganz schön zudringlich, und Ploder hatte viel Mühe, sich der Frau zu erwehren.
Schließlich wurde es Jayda zu bunt.
»Wenn du weiter so einen Spektakel machst«, zischte sie in Ploders Ohr, »wirst du noch Garbica aufwecken mit deinem Geschrei.«
Gegen dieses Argument gab es keine Abwehr. Ploder seufzte und fügte sich ins Unvermeidliche.
5.
Mythor lächelte still in sich hinein.
Der Ballon, der ihn, Gorma, Tertish und Kalisse trug, lag ein beträchtliches Stück Weges hinter dem Gefährt zurück, das Gudun, Scida und Gerrek trug. Trotz dieser Entfernung war deutlich zu erkennen, daß der Beuteldrache solchen Reisen nichts abzugewinnen vermochte. Er gestikulierte, und ab und zu waren sogar seine Protestlaute zu hören.
»Gerrek gefällt das Fliegen nicht«, stellte Kalisse trocken fest.
»Er wird sich vielleicht daran gewöhnen«, meinte Mythor freundlich.
Die Ballons kamen rasch voran. Ziel der Reise war Burg Narein. Gegenwärtig überflogen die Ballons gerade den westlichen Zipfel des Innenlands. Spayol und das Matria-Land lagen bereits hinter den Reisenden.
Zur Rechten lag das Land, das von Vereda von Burg Horsik beherrscht wurde - voraus mußte dann Narein zu finden sein.
»Was ist das
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