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Mythor - 113 - Das Feuer der Zeit

Mythor - 113 - Das Feuer der Zeit

Titel: Mythor - 113 - Das Feuer der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Paul
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überdrüssig.«
    »Du glaubst, das sei alles ein Spiel?« sagte der Schatten. »Nun, ja, so gesehen ist alles nur ein Spiel zwischen den Finstermächten und den Lichtgöttern. Das wirst du schon noch erfahren, Mythor. Ich bin einer, der zeit seines Lebens versucht hat, sich gegen diese Spielregeln aufzulehnen – und sie hatten für mich auch nie Gültigkeit. Ich fürchtete weder die Strafe der Götter, noch die Versuchung durch Dämonen. Und das gilt jetzt so wie damals.«
    »Ich habe nur einen gekannt, auf den dies alles zugetroffen wäre«, sagte Mythor. »Sein Name war Coerl O’Marn.«
    Der Schatten sagte nichts. Aber während Mythor ihn anstarrte, gewann er allmählich menschliche Gestalt. Schließlich stand Mythor ein Hüne in voller Kriegerausrüstung gegenüber.
    Er trug einen Helm, von Adlerfedern geziert. Das Visier war hochgeklappt und zeigte ein wettergegerbtes Gesicht mit großen Poren. Das seitlich herabfallende Haar war von demselben Grau wie seine kalt blickenden Augen und die Augenbrauenbalken darüber. Das schwere Kettenhemd spannte sich über seinen breiten Schultern, daß man meinte, er könnte es jeden Augenblick sprengen. Und er trug einen großen, verbeulten Rundschild.
    Allein daran hätte ihn Mythor sofort erkannt.
    »Coerl O’Marn – du bist es wirklich und wahrhaftig!« rief Mythor überrascht aus. Er war auch verwirrt, weil Nyala ihm einen strengen Prüfer prophezeit hatte. Dabei hatte er den Kriegsherrn der Caer, von dem man munkelte, er sei einer der letzten der legendären Alptraumritter, auf Anhieb erkannt.
    »Caers Blut!« fluchte Coerl O’Marn. »Ich bin es nicht wahrhaftig. Ich bin nur ein Schatten im Totenreich. Nur die Kraft der Einbildung hat mich für dich erstehen lassen. Komm, ich begleite dich, soweit es mir möglich ist. Deiner Rückkehr steht nun nichts mehr im Wege.«
    »Es wurde mir nicht schwer gemacht«, stellte Mythor fest.
    »So, glaubst du?«
    »Nun, welche Hindernisse habe ich sonst noch zu überwinden?«
    »Das größte war wohl das der Selbstüberwindung, um den Abstieg ins Totenreich zu wagen«, sagte O’Marn. »Und wie ist einem Lebenden dabei zumute, wenn er Verstorbene trifft?«
    Mythor fühlte noch immer nichts, das Entsetzen und Todesangst geähnelt hätte, worauf Coerl O’Marn wohl anspielte.
    »Ich handelte, ohne zu denken«, sagte Mythor und glaubte, damit die Wahrheit getroffen zu haben. Rückblickend konnte er behaupten, sich keine Gedanken über die möglichen Auswirkungen seines Handelns gemacht zu haben.
    »Du hast sehr wohl gedacht«, behauptete Coerl O’Marn. »Du hast dir Gedanken über deinen Schritt gemacht. Du hast nur keine ängstlichen Überlegungen über die möglichen Folgen angestellt. Das unterscheidet den Helden vom Feigling, den Aufrechten vom Kriecher, den… Ich rede zuviel.«
    Coerl O’Marn verstummte. Eine Weile herrschte Schweigen zwischen ihnen, und Mythor hatte Zeit zum Nachdenken. Und auf einmal wurde ihm die Ungeheuerlichkeit der Situation bewußt.
    Er schritt neben einem Toten einher und unterhielt sich mit ihm, als sei das die selbstverständlichste Sache der Welt. Diese Erkenntnis ließ ihn frösteln.
    »Jetzt überkommt dich der Jammer«, sagte Coerl O’Marn. »Ich werde mich doch nicht in dir getäuscht haben, Mythor.«
    Mythor schüttelte den Kopf und merkte dadurch erst, daß er wieder einen Körper hatte, kein Schatten mehr war. Dafür begann sich Coerl O’Marn wieder zu verflüchtigen.
    »Sei tapfer, Mythor«, sagte Coerl O’Marn. »Sei stark.«
    »Bleibe noch, O’Marn«, bat Mythor und streckte die Hand nach dem Schatten aus. Aber er griff ins Leere. »Sag doch etwas«, rief er. »Hast du mir nicht wenigstens ein Wort mit auf den Weg zu geben?«
    Ein Lachen erklang, wie nur Coerl O’Marn es von sich geben konnte. Was für ein Mann! Was für ein Krieger! Mit ihm an seiner Seite würde Mythor weder Dämonen noch Finstergötter fürchten. Jemanden wie ihn, der sich selbst den Lichtgöttern nicht unterwarf und der auf ihre Gesetze spuckte, würde es nicht so schnell wieder geben. Vielleicht hatte Coerl O’Marn auch deshalb sterben müssen, weil er zu unbequem geworden war.
    »Geh nicht, ohne ein Wort des Abschieds!« rief Mythor in die sich verdichtende Schwärze um ihn.
    »Auf Wiedersehen!« erklang es.
    »Ist das ein Versprechen?« fragte Mythor.
    Aber er bekam keine Antwort mehr. Er sah nichts mehr von Coerl O’Marn, nicht einmal mehr einen Schatten.
    Und auf einmal fand sich Mythor in jenem Boot

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