Mythos Ueberfremdung
geborenen Muslimen akzeptieren 41 Prozent die Homosexualität. Dies steht für eine sehr schnelle Integration bei einem Thema, das von antimuslimischen Autoren und Politikern wie Bruce Bawer und Geert Wilders zu einem Symbol der kulturellen Spaltung erklärt wurde.
Die Muslime in Deutschland stehen der Homosexualität inzwischen sogar noch toleranter gegenüber, 47 Prozent von ihnen (gegenüber 68 Prozent der Deutschen insgesamt) fin den sie nach einer umfangreichen Gallup-Umfrage moralisch akzeptabel. Dieses Ergebnis kam zustande, obwohl die deutschen Muslime, die mehrheitlich türkischer und ländlicher Herkunft sind, zu den religiösesten in Europa zählen und 82 Prozent von ihnen erklären, dass die Religion ein wichtiger Teil ihres Alltagslebens sei (im Vergleich zu 70 Prozent in Großbritannien und 69 Prozent in Frankreich). Bei der Gallup-Umfrage bezeichneten außerdem 48 Prozent der französischen Muslime Sex ohne Trauschein zwischen einem Mann und einer Frau als moralisch akzeptabel, und 35 Prozent tolerierten Abtreibung – ein ziemlich außergewöhnliches Ergebnis für Araber, deren Mehrheit noch in Nordafrika zur Welt kam. 8 Bei den amerikanischen Muslimen äußerten 90 Prozent die Ansicht, Frauen sollte eine außerhäusliche Erwerbstätigkeit erlaubt werden, und 7 von 10 meinten, es gebe keine Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Spitzenpolitikern – Ansichten, die sich kaum vom amerikanischen Gesamtergebnis unterschieden und eine ganze Welt von den vorherrschenden Meinungen in den Ländern entfernt waren, aus denen sie und ihre Eltern stammten. 9
Einwanderer aus muslimischen Ländern entwickeln sich im Allgemeinen eindeutig und in hohem Tempo in Richtung Integration, auch wenn ihr Wertesystem nach wie vor einen gewissen Abstand zu den einheimischen Nachbarn aufweist und diese Diskrepanz zum Anlass für erhebliche Spannungen wird. Das Tempo der Integration ist besonders bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass der größte Teil dieser Einwanderer in den letzten 20 Jahren eingetroffen ist. Europäer und Nordamerikaner brauchten Jahrzehnte, um einen Einstieg in den rechtlichen und sozialen Konsens bei den Themen Frauenrechte, Gleichstellung der Homosexuel len und Abtreibung zu finden. Muslimische Einwanderer, die aus einem sehr viel weniger entwickelten wirtschaftlichen Umfeld kommen, scheinen sich solche Ansichten sehr viel schneller zu eigen zu machen.
Wohlgemerkt gibt es Ausnahmen von diesem Muster der kulturellen Integration. Eine bemerkenswerte Ausnahme ist Großbritannien, wo sich die Ansichten der muslimischen Einwanderer im Durchschnitt ganz erheblich vom Denken der Mehrheitsgesellschaft unterscheiden. Während 58 Prozent der Briten Homosexualität akzeptieren, fanden die Gallup-Demoskopen nahezu keine Muslime, die sich für Toleranz in dieser Frage aussprachen (andere Meinungsumfragen ermittelten einen Anteil von etwa 20 Prozent der britischen Muslime, die Homosexualität tolerierten). Unter britischen Muslimen gab es deutlich mehr Gegner der Abtreibung (nur 5 Prozent der britischen Muslime tolerierten sie, im Vergleich zu 19 Prozent der deutschen und 35 Prozent der französischen Muslime) und des Sex zwischen unverheirateten Partnern (nur 3 Prozent der britischen Muslime akzeptierten ihn). Und in Großbritannien besteht die größte Wahrscheinlichkeit, dass muslimische Frauen zu Hause bleiben: Im Jahr 2004 waren 69 Prozent von ihnen »wirtschaftlich inaktiv«, im Vergleich zu 40 Prozent aller Frauen nicht christlichen und 25 Prozent der Frauen christlichen Glaubens. (Nur 30 Prozent der muslimischen Männer in Großbritannien waren »wirtschaftlich inaktiv«.) 10 In Großbritannien sind zwar sehr viele Bangladescher und Pakistaner im öffentlichen Leben, in der Politik und an den Universitäten präsent, aber es gibt eine eindeutige Mehrheit, die europäisch-moderne Ansichten nicht annähernd so schnell übernimmt wie die muslimischen Einwanderer in Frankreich oder Deutschland. Einige Beobachter führen dies auf die britische Multikulturalismus-Politik zurück, die die Selbstabschottung in den Städten des Nordens, wo die Arbeitslosigkeit hoch ist, begünstige; andere Experten schreiben es dem fortwirkenden Einfluss ihrer früheren, sehr konservativen und ländlichen Lebenswelt in Pakistan und Bangladesch zu.
Gallup hat einen Index für »Integration« entwickelt, der mit einer komplexen Abfolge von Fragen Einstellungen zu und Interaktionen mit Menschen anderer
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