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N. P.

N. P.

Titel: N. P. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Banana Yoshimoto
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offenem Fenster lachend zu.
    Vor dem abendroten Himmel sah ihr lachendes Gesicht aus wie eine exotische Frucht.
    Sollte ich sie heute tatsächlich zum ersten Mal gesehen haben?! Es kam mir vor, als würden wir uns schon ewig kennen. Als hätten wir seit unserer Kindheit immer über alles miteinander geredet.
    Von meiner Gasse aus sah ich zur schmalen Mondsichel hinauf und dachte an die drei.
    Und dann sprach ich ein Gebet, wie ein Kind: »… und bitte mach, daß die beiden nicht zusammen in den Tod gehen.«

 
     
     
    Ü brigens, ich hab diese Frau getroffen, Sui. Wir haben uns ganz gut verstanden«, sagte ich zu Saki.
    »Waas?!« sagte sie und schwieg erst mal. »So was!« fügte sie dann hinzu.
    Das war, als wir uns gerade eine verlängerte Mittagspause im Seminar gönnten. Mit gequältem Lächeln stand ich auf und holte mir noch ein Glas Eistee aus dem Kühlschrank. Saki zwang sich zu einem gelassenen Lächeln. Mit ihrem ärmellosen gelben Kleid saß sie auf dem Stuhl des Professors und hatte die Beine auf seinen Schreibtisch gelegt. Ich hatte gerade begonnen, mich an diesen Anblick von Saki zu gewöhnen. Als ich sie das erste Mal getroffen hatte, blickte man von diesem Fenster des Seminars noch in trübe Regenzeit hinaus. Aber jetzt war Hochsommer. In der Uni hielten sich nur ein paar Leute auf, und vom Schwimmbecken der Oberschule nebenan drang Geschrei und Geplansche herüber. Ungehalten über die laute, aber absolut funktionsuntüchtige Klimaanlage, ließ ich das Eis im Glas klirren und trank einen Schluck.
    »Erzähl mal, wie kannst du mit der gut auskommen?« fragte Saki. »Die macht einen doch völlig fertig.«
    »Ich war hinterher auch völlig fertig, aber interessant wars trotzdem«, antwortete ich.
    »Wieviel weißt du?«
    »Bruder und Schwester, Inzest, Boston, Rückkehr nach Japan.« Ich mußte lachen.
    »Mit anderen Worten, alles!« Und Saki lachte ebenfalls los. Ihre weißen Schultern bebten. Eine Sonnenblume!
    »Ich wollte es dir nicht verheimlichen, aber mit dir und mir hat die Sache nichts zu tun, und besonders erfreulich ist sie auch nicht gerade.«
    »Ich weiß, ich weiß«, sagte ich. »Kannst du Sui nicht leiden?«
    »Das wäre zuviel gesagt. Aber Mutter, Mutter haßt sie geradezu krankhaft. Ich hab noch nie lang genug mit ihr gesprochen, um mich mit ihr anfreunden zu können. Außerdem, wenn wir uns gut verstehen und regelmäßig treffen würden – da war doch irgendwas faul, findest du nicht?«
    »Ja, kann schon sein.«
    »Ihre Mutter hab ich ein paar Mal bei uns gesehen. Meistens gings um Geld.«
    »Als du noch klein warst?«
    »Ja. Otohiko hat wohl von den beiden erst was mitbekommen, als er älter war. Und dann passiert gleich so was! Hahaha«, lachte Saki. »Bei uns scheint irgendwie alles in der Familie zu bleiben. Geradezu peinlich!«
    »Ach was! Aber ich kann verstehen, wie dir zumute ist. Nimm mich zum Beispiel, ich betrachte die Welt mit ziemlich kurzsichtigen Augen. Oft denk ich, wenn man mich ließe, würde ich bestimmt für immer hier wohnen bleiben, dasselbe Leben führen und meine Ansichten nie ändern. Leute brauch ich auch nicht viele. Irgendetwas fehlt. Interesse für das Unglück dieser Welt, Abenteuerlust, Neugier auf andere Menschen – was weiß ich. Deshalb, mir ist das alles nicht ganz fremd.«
    »Willst du mich jetzt trösten?«
    Ich mußte lachen: »Das weiß ich selbst nicht mehr. – Suis Mutter, was für ein Mensch ist das eigentlich?«
    »Kannst du vergessen. Und das meine ich ernst. Ich glaub, Sui ist auch ziemlich früh zu Hause ausgezogen. Schon als sie meinen Vater kennenlernte, hatte sie zu ihrer Mutter kaum noch Kontakt. Die hingegen war ein paarmal bei uns, um Mutter um Geld anzubetteln. Über sie hörte man nichts anderes als Geschichten mit Alkohol oder Syphilis und so was. Daß Sui meine Halbschwester ist, daß ich überhaupt so was habe, ist mir erst klar geworden, als Otohiko anfing, sich für sie zu interessieren. Was meinst du, was ich für Panik gekriegt hab! Mutter darf auch nichts davon erfahren. Aber Liebe ist halt nicht aufzuhalten, da kann man nichts machen«, sagte Saki.
    »Glaubst du das wirklich?«
    »Was?« Saki sah mich mit großen runden Augen an.
    »Daß man gegen Liebe nichts machen kann?«
    Saki nickte: »Ja.«
    »Aber gibt es in so einem Fall nicht so was wie physische Abneigung?«
    »Anscheinend nicht. Zum Beispiel – mir wird schon ganz schlecht – wenn es zwischen mir und Otohiko soweit kommen würde, wo wir unser ganzes

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