Nach all diesen Jahren
weggehen?“
„Ja. An den Tagen, an denen du Oliver hast.“
„Wir sollten uns da nicht allzu großem Optimismus hingeben. Bislang weigert er sich, überhaupt mit mir zu sprechen. Da dürfte eine hektische Planung bezüglich deines Nachtlebens etwas verfrüht sein.“
„Du meine Güte, ich hatte nicht vor, ab sofort die Nächte durchzumachen!“
Die Nächte durchmachen? Was meint sie damit? Andere Männer? Sex, während ich auf Oliver aufpasse? Vor seinem inneren Auge tauchte eine leicht bekleidete Sarah auf, die sich lasziv auf der Tanzfläche bewegte. Er biss die Zähne zusammen.
„Das erleichtert mich, denn so weit wird es nicht kommen.“
„Wie bitte?“
„Denk doch bitte einen Moment nach, Sarah! Oliver weiß ja noch nicht einmal, dass ich sein Vater bin. Meinst du nicht, dass es ihn etwas verwirren wird, wenn du plötzlich einen Liebhaber aus dem Hut zauberst? Wie du ständig wiederholst, bist du die alleinige Bezugsperson für ihn. Damit ich auch nur die geringste Chance habe, müssen wir zwei zusammenhalten. Bevor du ihn ab und zu bei mir lassen kannst, muss er mir erst vertrauen.“
„Würdest du mir bitte verraten, wovon du eigentlich redest?“
„Schlag dir aus dem Kopf, dass wir beide in Zukunft nichts miteinander zu tun haben werden. Anscheinend lebst du in einem Wolkenkuckucksheim. Dieses ganze Nudeln-mit-Tomatensoße, Gutenachtgeschichte-Ding bedeutet, dass wir beide an einem Strang ziehen müssen. Natürlich wird das einfacher werden, wenn du erst hier ausgezogen bist. Das erinnert mich an etwas: Ich habe bereits jemanden beauftragt, sich darum zu kümmern.“
Entgeistert sah Sarah ihn an.
„Was … was meinst du mit: Wir müssen zusammenhalten?“
Erstaunlicherweise wurde Raoul hochrot. Er warf ihr einen finsteren Blick zu.
„Ich kenne mich mit Kindern doch überhaupt nicht aus – wie du an meiner Meisterleistung von eben unschwer erkennen konntest.“
„Stell dir vor, so ging es mir anfangs auch“, konterte Sarah mit unbezwingbarer Logik. „Man tut einfach sein Bestes.“ Die Aussicht, ständig mit ihm zusammen zu sein, erfüllte sie mit Panik. Es war jetzt schon schwierig genug, sich von der Vergangenheit zu distanzieren. Ein Blick genügte, um zu beweisen, dass sie sich immer noch zu ihm hingezogen fühlte. Raoul hingegen würde es nicht schwerfallen, sie so lange in seinem Leben zu dulden, bis sie ihren Zweck erfüllt hatte. Sobald Oliver ihm vertraute, würde er sie, ohne mit der Wimper zu zucken, wieder daraus verbannen. Aber die Vorstellung, Raoul ständig in ihrem Leben zu haben, schnürte ihr die Kehle zu. Wie sollte sie es nur schaffen, gelassen zu wirken, wenn er sich ständig in ihrer Küche aufhielt, weil er sich während des gemeinsamen Mittagessens bemühte, eine Vater-Sohn-Beziehung aufzubauen.
Vielleicht sollte ich das nicht so ernst nehmen, versuchte sie sich zu beruhigen. Er ist sauer, weil Oliver ihn nicht sofort begeistert begrüßt hat. Planung schreibt Raoul schließlich groß. Auf die Idee, dass man das bei Kindern vergessen konnte, kam er wahrscheinlich gar nicht. In ein, zwei Tagen sähe er das sicher alles ganz anders. Dann hätte er bestimmt keine Lust mehr, die kostbare Zeit mit seinem Sohn mit ihr im Schlepptau zu verbringen.
„Und dieses Wohnungsthema … was meinst du damit, es würde sich schon jemand darum kümmern?“
„Wenn ich eins gelernt habe, dann dies: Wenn man reich ist, werden alle Probleme für einen beseitigt. Meine Mitarbeiter erstellen gerade eine Liste mit Immobilien, die für unsere Zwecke geeignet sind. Sie haben dafür bis Ende nächster Woche Zeit. Hallo! Hörst du mir zu?“, rief er, als Sarah ihn nur stumm anstarrte. „Sind jetzt alles Unklarheiten ausgeräumt?“
„Ich kann doch nicht einfach in irgendein Haus ziehen. Dir scheint es gleichgültig zu sein, wo und wie du wohnst, aber mir ist das ganz und gar nicht egal.“
„Traust du mir nicht zu, etwas auszusuchen, das dir gefällt?“ Ihre Luftschlösser hatten ihn immer amüsiert. Er selbst neigte überhaupt nicht zu Träumereien. Für ihn zählte nur, was sich auch in die Realität umsetzen ließ. Warum sollte man von einer Insel im Pazifik träumen, wenn diese unerreichbar war? Trotzdem rührte es ihn, wenn sie von einem Cottage mit Kamin und einem Garten voller Blumen schwärmte. „Obwohl ich zugeben muss, das mit dem Cottage könnte mitten in London etwas schwierig werden …“
Verlegen, weil er sich an ihre naiven Fantasien erinnerte, blickte
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