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Nach alter Sitte

Nach alter Sitte

Titel: Nach alter Sitte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Breuer
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wollen, Frau – äh – Kock«, antwortete Lorenz.
    Kock ignorierte die freche Art des Alten und fuhr fort: »Jedenfalls ist das hier eine Befragung, kein Verhör, kapiert?«
    »Ich würde mehr kapieren, wenn Sie mir nun doch verraten würden, worum es geht.«
    Ella Kock winkte einem jungen Mann, der auf ihre Handbewegung sofort zu ihr eilte und einen Beutel vor sich hielt. Kock nahm dem Mann diesen Beutel ab und fragte: »Bertold, erkennen Sie das Ding hier wieder?«
    Lorenz rückte seine Brille zurecht und trat einen Schritt näher. »Ich bin nicht sicher«, sagte er dann. »Ich bin ja nicht mehr der Jüngste, und diese Dinger sehen ja alle gleich aus. Aber falls Sie in dem Ding einen eingenähten Zettel mit meinem Namen finden, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass es sich um mein – Ding handelt.«
    »Deswegen sind Sie hier«, sagte Kock. »Was macht Ihr – Ding auf diesem Grundstück?«
    »Da Sie ja nicht beim Fundbüro arbeiten, muss ich mir wohl sehr genau überlegen, was ich antworte, oder?«
    »So ein Mist«, dröhnte Ella Kock weiter. »Ich hätte den Alten doch gleich einbuchten lassen sollen.«
    »Nicht doch«, meinte Lorenz lächelnd. »Der Alte findet es sehr zuvorkommend, dass Sie offenbar andere Pläne mit ihm haben. Und dieser Beutel hier, der – jetzt erkenne ich es auch – ganz sicher der meine ist, hat hier natürlich gar nichts gemacht. Er hat lediglich darauf gewartet, dass ich wiederkomme und die Grabungen fortführe.«
    »Grabungen? Sie meinen mit diesem Ding?« Die Kriminalhauptkommissarin wies auf den Bagger.
    »Aber nein«, antwortete Lorenz. »Mit diesem gewaltigen Gerät hat der Eigentümer dieses Grundstückes ein Fundament für ein neues Gebäude ausgehoben. Ich habe das Erdreich auf antike Artefakte untersucht.«
    »Artefakte?«
    »Funde, die aus der Zeit der römischen Besatzung stammen und nachweisen sollen, dass hier eine bedeutende Schlacht zwischen Eburonen und Römern stattgefunden hat.«
    »Eburonen? Römer?«
    Lorenz konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, die Art der Polizistin gefiel ihm. »Eburonen waren hier ansässige Einheimische, meine und ich wette insbesondere auch Ihre Vorfahren. Römer, das waren kleine, sehnige Südeuropäer in Rüstungen, schwer bewaffnet und fern der Heimat. Sie wissen schon: Rom, Julius Caesar. Hier hat Caesar eine Schlacht verloren.«
    »Schlacht?«, fragte Ella Kock. »Hier hat es eine Schlacht gegeben, das will ich meinen, aber nix mit Römern.«
    Sie packte Lorenz am Arm und zog ihn mit sich fort. Der Alte vermochte dem kräftigen Griff der Polizistin nichts entgegenzusetzen und beeilte sich, mit ihr Schritt zu halten. Vor einem Zelt blieben sie stehen. Wieder ließ Kock ihre laute Stimme über das Gelände schallen. »Ich wollte Ihnen das ja eigentlich nicht antun, Opa – aber Sie lassen mir ja keine Wahl mit Ihrem konfusen Geschwafel. Werfen Sie mal einen Blick da rein!«
    Sie schlug den Eingang auf und wies in das Innere des Zeltes. Dort waren zwei Männer in weißen Anzügen beschäftigt. »Macht mal den Blick frei auf den Dreck!«, befahl Kock. Die beiden Männer stoben auseinander, und Lorenz sah, was die Polizistin gemeint hatte. Auf dem Boden lag ein Mensch, das konnte er erkennen. Der Körper war mit einem blauen Arbeitsanzug bekleidet, wie der alte Naas ihn bei ihren letzten Begegnungen getragen hatte. Oberhalb des Kragens, wo der Kopf hätte sein sollen, war nur so etwas wie ein blutiger Klumpen Erde zu sehen. Lorenz wandte sich ab und sagte: »Mein Gott, ist das der Naas?«
    »Sie erkennen das Opfer also? Wie das?« Ella Kocks Stimme schien in der Lautstärke keine Begrenzung nach oben zu kennen.
    »Nicht am Gesichtsausdruck«, entgegnete Lorenz. »Aber der Wilhelm Naas wohnt hier, und ich habe den Blaumann erkannt. Dass er der Tote dort ist, kann ich leider nur raten.«
    »Richtig geraten«, konterte Kock. »Und da Sie also zugeben, den Mann in dieser Kleidung gesehen zu haben, sind Sie einer der Letzten, vielleicht sogar der Letzte, der Wilhelm Naas lebend gesehen hat.«
    Lorenz antwortete: »Sie kennen sich wohl nicht mit dem gemeinen Eifelbauern aus, wie? Ich wette, der trägt diesen Anzug schon seit Wochen, und ich meine nicht einen Anzug wie diesen, sondern genau diesen. Aber um weitere Unbill zu vermeiden, sage ich Ihnen gleich, dass ich gestern noch mit dem Mann gesprochen habe. Und zwar nicht hier.«
    »Was?«, bellte Kock.
    »Er kam gestern Abend zu mir und beschwerte sich, dass es ihm aufgrund meiner

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