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Nach alter Sitte

Nach alter Sitte

Titel: Nach alter Sitte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Breuer
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mal!«
    Gustav lachte. »Mein lieber alter Freund, man kann doch das eine tun, ohne das andere zu lassen. Aber ich vergaß, das ist ja das Problem mit euch heterosexuellen Männern. Mehrere Dinge gleichzeitig gehen einfach nicht.«
    »Oh doch«, widersprach Lorenz. »Ich kann dir zuhören und dich gleichzeitig doof finden.«
    »Das gilt aber nicht«, mischte sich Bärbel ein. »Da muss ich als überwiegend heterosexuelle Frau mit der Erfahrung von vier Ehen und viel zu vielen weiteren Verhältnissen Gustav recht geben.«
    »Dann bin ich verloren«, sagte Lorenz. Als er sah, wie die breitschultrige Ella Kock mit dunkler Miene auf ihn zutrat, fügte er noch schnell hinzu: »Und zwar ganz und gar, will ich meinen.«
    »Sie kommen mir gerade recht«, sagte Kock zur Begrüßung.
    »Das befürchte ich auch«, entgegnete Lorenz. »Und wenn ich Ihren Gesichtsausdruck richtig deute, kann ich froh sein, wenn Sie schon gefrühstückt haben.«
    »Sie wollen witzig sein, gefällt mir«, sagte die Kommissarin, und es hörte sich so an, als betrachte sie Humor bei einem Mann als Zeichen der Unterwerfung. »Nützt Ihnen aber nichts. Sie haben mir immer noch nicht erklären können, warum der Mörder einen Zettel mit Ihrem Namen bei der Leiche hinterlassen hat und was dieser seltsame Spruch zu bedeuten hat.«
    »Hallo Ella, wenn du meinen Opa zerlegt hast, setzt du ihn dann bitte auch wieder zusammen?« Rita Bertold trat hinzu.
    Lorenz atmete erleichtert auf. Während er sich von seiner Enkeltochter umarmen und küssen ließ, murmelte er: »Der in Ehren ergraute Ermittler wusste, wann er Verstärkung brauchte. Und die war gerade rechtzeitig eingetroffen.«
    Und laut sagte er zu Ella Kock: »So ein wenig werde ich Ihnen da durchaus helfen können, will ich meinen. Natürlich habe ich keine Ahnung, wer der Mörder sein könnte und warum er mich erwähnt hat. Aber bei dem Spruch handelt es sich mit ziemlicher Sicherheit um eine Anspielung auf Wilhelm den Vierten, Graf von Jülich, der zu Nideggen residierte und 1278 in Aachen von einem Schmied erschlagen wurde. Beim Eintreiben von Steuern, heißt es in manchen Quellen, bei dem Versuch, die Stadt zu erobern, sagen andere. Und der arme Naas hieß selbst auch Wilhelm, und nicht genug damit – er behauptete sogar, vom Grafen selbst abzustammen. Was natürlich Unsinn ist, diese Linie ist ausgestorben.«
    »Wie gut, dass mein Vater das nicht mehr hören kann.« Ein junger Mann trat hinzu. »Rolf Naas«, stellte er sich vor.
    »Was meinen Sie damit?«, dröhnte Ella Kock. »Finden Sie es gut, dass Ihr Vater tot ist?«
    Rita verdrehte die Augen, was Kock nicht bemerkte, doch Rolf Naas blieb ruhig und lächelte sogar gezwungen. »Natürlich nicht, Frau Kommissarin. Ich kann es vielleicht nicht so zeigen, aber der Tod meines Vaters ist ein entsetzlicher Schlag für mich, auch wenn wir nicht viel gemeinsam hatten. Ich studiere Elektrotechnik in Aachen und hatte an dem landwirtschaftlichen Betrieb nie Interesse. Das war eine Enttäuschung für ihn, wie Sie sich denken können. Aber ich bin kein Schmied, auch nicht zum Zwecke des Vatermords.«
    »Für einen Ingenieur können Sie sich aber gut ausdrücken«, meinte die Kock. »Aber sei es drum, Sie sind nicht verdächtig. Nicht im engeren Sinne zumindest. Bis jetzt.«
    »Das nenne ich ein großes Glück für den jungen Mann«, kommentierte Lorenz. »Wenn der Mörder gewusst hätte, dass Sie den Fall übernehmen, hätte er bestimmt von dem düsteren Plan Abstand genommen.«
    »Alterchen, das nehm ich mal als Kompliment«, bellte Kock zurück. Und dann wandte sie sich an Rita. »Was machst du eigentlich hier? War nicht Urlaub angesagt?«
    »Ich habe nicht vor, in deine Ermittlungen einzugreifen«, erwiderte Rita. »Aber da mein Opa involviert ist, habe ich großes Interesse an dem Fall. Um meines Opa Bertold willen, nicht um dir ins Handwerk zu pfuschen.«
    Ella Kock nickte zufrieden und fuhr sich durch ihren Bürstenschnitt. »Dann will ich mal wieder. Kann ja nicht lange dauern, bis dieser Kindergarten hier mit Schäufelchen über meinen Tatort rennt. Und danke für den Geschichtsunterricht.«
    »Aber bitte, immer gerne«, sagte Lorenz, während die Polizistin ihm schon ihren breiten Rücken zugewandt hatte. »Junger Mann, machen Sie sich nix draus«, sagte er dann zu Rolf Naas gewandt. »Familienangehörige sind grundsätzlich immer verdächtig – das gilt ja schon im Allgemeinen, aber in der Verbrechensaufklärung im Speziellen.«
    Naas lachte.

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