Nach dem Amok
unter der man durchgehen muss, wenn man hinein will. Niemand hat mehr Lust auf den Film.
»Was machen wir jetzt?«, fragt Romy.
»Wir stehen in der Sonne«, antwortet Marc. »Das wolltest du doch.«
»Wir könnten zum Hellingplatz, ein bisschen chillen«, schlägt Jannik vor.
Langsam setzen wir uns in Bewegung, mit wenig Begeisterung, aber keiner hat einen besseren Vorschlag.
»ScheiÃe!«, flucht Marc, der in Romys Kaugummiwürstchen getreten ist.
»Alles okay bei euch beiden?«, frage ich, nachdem Romy und ich etwas Abstand zwischen uns und die Jungs gebracht haben. Wir gehen vor, Jannik und Marc trotten hinter uns her.
»Ja, alles okay«, sagt sie.
»Komm schon, ihr habt euch gestritten, das sieht doch ein Blinder.«
»Das war kein richtiger Streit. Marc kann manchmal einfach ein ignoranter Idiot sein.«
»Jetzt sag schon, was passiert ist.«
Romy zieht die Schultern hoch und steckt ihre Hände in die Hosentaschen.
»Er hat was Dummes gesagt. Er hat versucht, es gleich wieder zu relativieren, aber es ist und bleibt etwas total Dummes. Als wir uns für heute verabredet hatten, zu viert, da hat er gesagt, er würde das nur mir zuliebe tun, dieses Viererding wieder aufleben lassen. Ich wollte wissen, warum er so etwas sagt. Und da ist er damit rausgerückt, dass er nicht wüsste, wie er mit den Gerüchten über dich umgehen soll. Er hatte das vorher nie ausgesprochen. Er meinte dann noch, es wäre ihm lieber, wenn wir nichts mehr zusammen unternehmen würden, du seist ihm irgendwie unheimlich geworden.«
»Unheimlich?«
»So hat er sich ausgedrückt.«
Ich höre Marcs Schlurfen ein paar Meter hinter mir, er hebt wie immer die FüÃe beim Gehen kaum an. Seine Worte verletzen mich mehr als die der beiden fremden Mädchen auf der Schultoilette. Oder sie verletzen mich anders. Jetzt wenden sich auch noch diejenigen von mir ab, bei denen ich mir sicher war, dass sie mir nicht in den Rücken fallen würden.
»Ich will nicht, dass du meinetwegen Stress mit Marc hast«, sage ich zu Romy.
»Jetzt komm mir bloà nicht mit der Märtyrertour. WeiÃt du, wie wütend mich das macht? Manchmal lässt du dich da so dermaÃen reinfallen!«
»Hm. Jannik findet das auch.«
»Recht hat er. Du suhlst dich in deinem Selbstmitleid.«
Die Jungs haben aufgeholt, Marc legt den Arm um Romys Schulter.
»Lass mich«, sagt sie, schüttelt seinen Arm ab und marschiert in Richtung Bushaltestelle.
»Aber zum Hellingplatz können wir doch laufen.«
»Ich will nach Hause«, verkündet Romy.
Sie hat Glück, weil der Bus gerade um die Ecke biegt und sie dadurch einen filmreifen Abgang hinlegen kann. Der Bus hält, die Türen gehen auf, und Romy stolziert, ohne stehen bleiben zu müssen, hocherhobenen Hauptes ins Innere. Marc stolpert ihr nach und springt im letzten Moment auch noch in den Bus. Jannik und ich bleiben zurück, zwei, die man vergessen hat, zwei, die sich selbst vergessen haben. Wir nehmen uns in den Arm, halten uns aneinander fest. Wir merken, dass unsere Freunde sich verändern und ihr Leben, ihre Beziehung sich verändert. Im Gegensatz zu Jannik kenne ich durch mein Gespräch mit Romy sogar den Grund dafür. Aber irgendwie glaube ich, dass auch er es ahnt, denn alle derzeitigen Veränderungen um uns herum haben mit dem zu tun, was David getan hat. Und damit letzten Endes auch mit mir.
Es ist die allererste Adresse, die ich ein zweites Mal aufsuche. Heute ist niemand im Vorgarten, und ich gebe meine Deckung auf und schlendere an der Seite der StraÃe entlang, wo das Haus steht, um einen Blick in die Fenster werfen zu können. Bei einem der Fenster kann ich durch das ganze Haus hindurchsehen, bis zum Fenster auf der Rückseite, das vermutlich zum Garten führt. Den Garten hinter dem Haus habe ich mir vorhin auch angesehen, er ist fast genauso, wie ich ihn mir vorgestellt hatte, nur damit, dass er so uneben ist, hatte ich nicht gerechnet. Er hat ein leichtes Gefälle nach hinten. Ich bleibe vor dem Fenster stehen, das mir den Blick auf das Fenster zur Rückseite freigibt. Würde sich jetzt jemand an dieser Stelle im Innern des Hauses aufhalten und bewegen, könnte ich ihn als Scherenschnitt vor dem lichtdurchfluteten Hinterfenster sehen. Aber da bewegt sich nichts.
»Wieso beobachtest du unser Haus?«
Ich fahre herum und da steht sie. Ihre
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