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Nach dem Amok

Titel: Nach dem Amok Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myriam Keil
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gerade Jennifer Aniston durch eine Küche und öffnet einen Kühlschrank. Ich schließe meine Augen wieder und wehre mich nicht mehr gegen den Schlaf.

19
    Nach den Osterferien haben sich Romy und Marc wieder versöhnt. Allerdings hat Romy ihm gebeichtet, dass sie mir von seinem Kommentar über mich erzählt hat, und ihn dazu überredet, sich bei mir zu entschuldigen. Ihr zuliebe hat er es getan; eine Situation, die ihm viel abverlangt hat und die mir ziemlich peinlich war. Du musst dich nicht entschuldigen, habe ich gesagt. Ich will aber, hat er mit einem Seitenblick zu Romy geantwortet, und es klang wie: Ich muss aber.
    Die Sache hat sich in der Clique herumgesprochen. Ich weiß, dass die anderen nicht begeistert davon sind. Mir ist sie auch unheimlich geworden, habe ich Andi sagen hören, wieso soll man das nicht äußern dürfen. Sie hatte irgendwie schon immer was Unheimliches, fühlte sich Sandra bemüßigt, Öl ins Feuer zu gießen. Ich stand, von ihnen unbemerkt, ganz in der Nähe und hatte den Eindruck, dass meine Ohren in der letzten Zeit anders hören als früher, dass sie andere Lautstärken und Frequenzen wahrnehmen, dass sie empfänglich geworden sind für Dinge, die sie früher überhört haben. Sie filtern diese Dinge aus den Umgebungsgeräuschen heraus und sortieren sie ganz nach oben, als gäbe es eine Liste, was wichtig ist und was nicht, und als hätten sich auf dieser Liste neuerdings die Prioritäten verschoben.
    Seit die Schule wieder angefangen hat, sprechen sie Felix’ Namen häufiger aus. Davor ist sein Name immer nur aus Versehen gefallen, im Anschluss herrschte stets betretenes Schweigen. Mittlerweile allerdings wird er gezielt eingesetzt.
    Â»Wie geht es eigentlich Felix?«, fragt Patrick.
    Er sagt es zu Jannik, weil Jannik der Einzige ist, der Felix regelmäßig besucht. Mich will Felix ja nicht sehen, und der Rest der Clique führt sich, wie ich von Jannik berichtet bekommen habe, in Felix’ Gegenwart so unbeholfen und gehemmt auf, dass pausenlos unangenehme Situationen entstehen. Obwohl Felix sich über die Ablenkung freut, ist er doch auch immer froh, wenn die angespannte Situation ausgestanden ist. Es reicht ihm, wenn außer Jannik einmal pro Woche einer der anderen aus der Clique vorbeischaut, und manchmal ist ihm schon das zu viel.
    Â»Es geht ihm, wie es einem geht, wenn man nicht mehr laufen kann«, antwortet Jannik, der diese Frage inzwischen leid ist.
    Â»Ich dachte ja nur.«
    Â»Will er Maike immer noch nicht sehen?«, erkundigt sich Sandra unschuldig.
    Â»Nein, will er nicht«, sage ich.
    Am liebsten würde ich ihr eine reinhauen. Es gibt Augenblicke, da kann ich in Ansätzen verstehen, wie groß Davids Wut gewesen sein muss. Auch er war machtlos. Und dann frage ich mich, ob das, was ihm passiert ist, mich zu der gleichen Tat hätte treiben können wie ihn.
    Â»Das ist so krass, dass David sogar einen Freund seiner Schwester über den Haufen geballert hat«, sinniert Andi. »Ich meine, wir könnten alle tot sein, wenn wir ihm wie Felix zufällig vor die Flinte gelaufen wären.«
    Â»Ihr seid so gemein!«, zetert Romy. »Merkt ihr gar nicht, wie ihr in den letzten Tagen davon redet? Total respektlos!«
    Â»Wir hätten schon lange offen sprechen sollen«, findet Patrick. »Bisher sind wir immer wie auf rohen Eiern gegangen, nur aus Angst, ein falsches Wort zu sagen, das irgendjemandes Befindlichkeiten verletzen könnte.«
    Er sieht mich nicht an, aber ich weiß, dass er in erster Linie mich damit meint. Ich entgegne nichts. Jannik steht neben mir, er ist ein bisschen in sich zusammengesunken, in der Hüfte eingeknickt. Er sagt ebenfalls kein Wort.
    Nach der Physikstunde, als ich gerade den Saal verlassen will, kommt Patrick in den Raum. Die Parallelklasse hat nach uns hier Unterricht. Er steuert auf mich zu.
    Â»Der Kettner sagt, du sollst noch schnell die Tafel wischen, du hättest doch diese Woche Tafeldienst.«
    Â»Zu viele Stunden bei der Salzmann«, seufze ich. »Da vergisst man völlig, dass es auch noch Lehrer gibt, die nicht selbst wischen.«
    Patrick verlässt wieder den Saal, auch alle aus meiner Klasse sind inzwischen gegangen. Es ist schlimm, ganz allein in diesem Raum zu sein, denn es ist unser ehemaliger Chemiesaal, der Raum, in dem sich Reinhardt damals mit uns eingeschlossen hat. Eigentlich hat unsere

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