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Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition)

Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition)

Titel: Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus-Ulrich Bielefeld , Petra Hartlieb
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Flocken auf sie nieder, so dass bald auch sie so weiß waren wie die Landschaft um sie herum.
    Und dann geschah das Wunder: So plötzlich, wie der Schnee gekommen war, verschwand er auch. Der Himmel riss auf, die Sterne begannen zu leuchten, und ein riesiger orangefarbener Mond schob sich hinter einer Bergspitze hervor. Ein bläulicher Schimmer lag über den Schneeflächen, der sich ständig veränderte, mal blasser wurde, dann intensiver und in immer neue Formen von Blau überging. Sie schwiegen, als fürchteten sie, jedes Wort könnte den Zauber zerstören. Schließlich seufzte Bernhardt auf. »O Mann, das ist so schön, das ist…«
    »Ja, das ist… wirklich… so schön.«
    Sie sagten eine Zeitlang kein Wort und kehrten dann langsam in die Wirklichkeit zurück. Anna brach als Erste das Schweigen. »Schau mal, man sieht die Pfosten jetzt wieder.«
    »Ja. Und das heißt?«
    »Das heißt erst einmal, dass wir gerettet sind. Wir können hochlaufen zum Steiner oder runter zum Hoffer.«
    »Was schlägst du vor?«
    »Hoch zum Steiner.«
    »Wenn er da ist.«
    »Werden wir dann sehen.«
    »Hast du deine Pistole mit?«
    »Selbstverständlich!«
    Sie versanken immer wieder bis zu den Hüften im pulvrigen Schnee und rangen sich stöhnend und schwitzend jeden Meter nach oben ab, wo Steiners erstaunlich großes Holzhaus wie eine Burg aus einem Fantasyfilm vor dem Nachthimmel stand, in dem die Sterne leise flinkerten.
    Als sie sich dem Haus mühsam näherten, sahen sie einen matten Lichtschein in einem Fenster. Also war jemand da. Oder spiegelte sich der Mond in einer Fensterscheibe? Das Holz der Tür wie auch die fest ineinandergefügten Balken des Hauses waren von Wind und Wetter schwarz gegerbt. Bernhardt hatte keine Ahnung, wie sie nun vorgehen sollten, was ihn nicht daran hinderte, die rohe und zugleich würdevolle Schönheit des Hauses zu bewundern. Am liebsten hätte er mal kurz die Zeit angehalten. Aber die Zeit lief weiter.
    »Und jetzt?«
    Anna zuckte ratlos mit den Schultern.
    »Hätten wir uns vorher überlegen sollen.«
    »Klopfen wir einfach?«
    »Wir sind Idioten, was haben wir uns eigentlich gedacht?«
    Die Entscheidung, wie es weitergehen sollte, wurde ihnen abgenommen. Leise knarrend öffnete sich die Tür, der silbern schimmernde Lauf eines Gewehrs schob sich langsam vor, verharrte kurz. Dann trat Steiner ins Mondlicht. Ein souveräner Auftritt, musste man zugeben. Steiners Lachen, hämisch und keckernd, holte die beiden, die wie arme Sünder vor der Hütte im tiefen Schnee standen, aus ihrer Schockstarre zurück.
    »Ja, geh, die kleine, hyperaktive Frau Habel. Frau Chefinspektorin, habe die Ehre, küss die Hand. Und einen Kavalier haben Sie auch dabei. Fesch.«
    Thomas Bernhardt glaubte zu hören, wie Anna mit den Zähnen knirschte. Er versuchte, wie ein Außenstehender auf das Tableau zu schauen, in dem er sich befand. Keine gute Konstellation. Das Gespräch suchen, Nähe herstellen, keine Angst zeigen… In welchem Fortbildungskurs hatte er das gelernt?
    »Herr Steiner, ich gestehe, dass die Situation, in der wir uns gerade befinden, etwas verwunderlich ist. Aber wir hatten Ihnen gestern unmissverständlich zu verstehen gegeben, sich zur Verfügung zu halten. Und dann waren Sie plötzlich unauffindbar. Das hat uns zu denken gegeben, und so wollten wir –«
    »Lieber Herr Bernhardt aus Berlin, Sie sind mir ein bisschen zu forsch.«
    »Das ist nicht meine Absicht, wie gesagt –«
    »Lassen Sie sich zunächst einmal etwas gesagt sein, Bernhardt. In den USA könnte ich Sie einfach über den Haufen schießen, ohne dass mir strafrechtlich etwas passieren würde. Dort ist man nämlich der durchaus richtigen Auffassung, dass privater Grund nicht einfach so von Fremden betreten werden darf. Könnte ja sein, dass Sie mir nach dem Leben trachten oder mich berauben wollen? Aber selbst im schönen Österreich, diesem Kleinod der europäischen Zivilisation, würde mir nicht viel widerfahren, wenn mir der Finger am Lauf dieses sehr guten Gewehres ausrutschen würde. Putative Notwehr nennt man das dann.«
    Anna war nicht nur, wie Steiner uncharmanterweise gesagt hatte, klein und hyperaktiv, jetzt war sie auch zornig. Sie legte ihre Hand auf die Pistole.
    »Steiner, Sie können uns erschießen –«
    »Könnte ich.«
    »Lassen Sie mich ausreden! Uns zu erschießen bringt aber nichts. Unsere Ermittlungsmaschine läuft, wir haben Erkenntnisse, die werden Sie –«
    »Liebste, ich finde das ja so süß, dass Sie mir

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