Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition)
Nacht durchschwitzen, dann bin ich morgen, spätestens übermorgen wieder fit. Im Übrigen ist mein Freund da, der passt auf die Mädchen auf.«
»Ich denke, dein Exfreund?«
»Ja, schon. Aber jetzt ist er halt gekommen. Er ist ja doch ziemlich verantwortungsbewusst.«
»Dann nimm ihn doch wieder.«
»Jetzt sei nicht sauer. Weißt du, mit uns, da habe ich heute im Halbschlaf viel drüber nachgedacht. So, wie das läuft, geht das nicht weiter.«
»Ja, was…?«
»Siehst du, du bist ratlos, unentschieden, sonst hättest du anders reagiert.«
»Entschuldige mal, dein Freund –«
»Darum geht’s doch gar nicht. Der passt dir doch, dann musst du keine Entscheidung treffen.«
»Welche Entscheidung soll ich denn treffen?«
»Ach, das musst du doch wissen, das kann doch nicht ich dir sagen. Aber jetzt Themawechsel: Was ist denn nun mit dieser Lechner?«
»Das ist einer dieser Fälle, wo man keinen richtigen Ansatz, keinen Hebelpunkt findet. Typische Beziehungstat, würde ich sagen, wir müssen uns einfach durch ihr reichlich chaotisches Leben bewegen. Sagen wir mal so, der Fall juckt mich nicht richtig.«
»Das kommt noch, weißt du doch.«
Bernhardt berichtete ihr vom Ablauf des Tages.
»Puh, mal so ein Tag im Bett ist dann doch schöner. Und weißt du, was mich heute so sinnlich gemacht hat? Dass es gar nicht richtig hell geworden ist und dann die Wärme im Bett, wie in einer Höhle… und die Gedanken an dich. Egal: Du könntest morgen mal Sina fragen, die kann dir da vielleicht weiterhelfen.«
»Sina?«
»Von dir boshafterweise die › B.-Z.- Blondine‹ genannt. Die kooperieren mit irgendso einem Ösi-Revolverblatt. Die hat vorhin angerufen und mir was verraten: Sie sitzt schon seit längerem an einer Geschichte über die Lechner, du kannst dir vorstellen, wie die jetzt rangehen wird.«
»Und ihr alten Judofreundinnen aus dem Polizeisportverein tauscht euch natürlich aus?«
»Ja, klar, und sie will dich morgen interviewen.«
»Mal sehen.«
»Komm, versprich mir, dass du freundlich zu ihr bist. Keine Anschnauzereien, sonst kommst du wieder in den Jahresrückblick der Regionalschau. Übrigens: Wann wird denn Anna Haferl eingeschaltet, die gute, alte Ösi-Domina?«
»Anna Habel. Na ja, ist bald so weit.«
»Bernhardt-Habel, das deutsch-österreichische Dream-Team. Aber vorher reden wir offen miteinander, versprochen? Mach’s gut, schlaf gut, und träume von mir und nicht von Anna Habel.«
Er träumte von Anna und von Cornelia. Beide waren beste Freundinnen und ermahnten ihn, sich endlich zu entscheiden. Aber vorher solle er sich ein Bett kaufen, er sei zu alt, viel zu alt, um auf einer Matratze auf dem Boden zu schlafen.
9
Am Westbahnhof traf Anna das erste Mal auf Maries Mutter. Eine in die Jahre gekommene Hippiefrau mit hennagefärbten Haaren, Anna tippte auf Sozialarbeiterin. Sie standen beide etwas verloren am Bahnsteig und blickten dem abfahrenden Zug nach, und als Frau Greier sie fragte, ob sie Lust hätte, einen Kaffee zusammen zu trinken, fühlte sie sich unbehaglich. Konnte sie ablehnen? Im selben Augenblick klingelte das Handy in ihrer Manteltasche, und Anna führte es, ohne auf das Display zu schauen, ans Ohr.
»Hallo, schläfst du noch?« Auch Bernhardt hielt sich nicht lange mit Höflichkeitsfloskeln auf.
»Nein, hab Florian zum Zug gebracht. Der fährt jetzt allein in den Urlaub, und ich wollte gerade ins Kaffeehaus.« Sie warf Frau Greier einen verschwörerischen Blick zu und zuckte kurz mit den Schultern.
»Euch geht’s gut. Immer schön im Kaffeehaus. Sag mal, das klingt ja so, als hättest du viel Zeit, jetzt, wo Florian weggefahren ist.«
»Ja, und die werde ich auch sehr genießen. Kaffeehaus, Buchhandlung, Mittagsschlaf, Abendessen, Kino…«
»Ich hätte da noch einen kleinen Auftrag für dich.«
Bettina Greier folgte dem Telefongespräch aufmerksam. Anna nickte ihr kurz zu, entfernte sich ein Stück. »Seit wann erteilst du mir denn Aufträge? Obwohl, warte mal, ich stehe hier mit einer Person, mit der ich lieber nicht hier stehen möchte. Wenn es etwas Spannendes ist, könntest du mich also aus dieser Situation befreien.«
»Na ja, so spannend ist es auch wieder nicht. Ich rödel da mit meiner toten Schauspielerin rum, und da gibt es ein paar Spuren nach Wien. Und eine in eine Klosterschule in – warte mal – in Linz, Kreuzschwestern. Glaubst du, du könntest da mal nachfragen?«
»Und was soll ich deiner Meinung nachfragen? Ob eine von den Ordensschwestern
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