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Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition)

Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition)

Titel: Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus-Ulrich Bielefeld , Petra Hartlieb
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mit Fieber im Bett. Und Reyhan, die Bauchtänzerin, die häufig auf die beiden aufpasste, war nicht da, hatte irgendwo einen Auftritt. Und der Vater des jüngeren Mädchens war aus der Wohnung ausgezogen. Oder hatte sie ihn rausgeworfen? Das war Thomas Bernhardt nicht ganz klar. Gelegentlich schaute eine Nachbarin aus dem vierten Stock nach den Mädchen.
    Cornelia redete seit einiger Zeit mit Thomas Bernhardt nur das Nötigste. Manchmal schaute sie ihn wütend und vorwurfsvoll an, dann wieder tat sie so, als nähme sie ihn gar nicht wahr. Was warf sie ihm vor? Dass er beim letzten Fall zu eng mit der Wiener Kommissarin, in der Keithstraße gerne »Anna die Schreckliche« genannt, zusammengearbeitet hatte? Fast hatte Bernhardt ein schlechtes Gewissen: Ja, es stimmte, es war ein bisschen über das rein Berufliche hinausgegangen. Gut. Aber jetzt ging’s um das Berufliche.
    »Und, was habt ihr?«
    Sie antwortete nicht gleich, sondern putzte sich lange und gründlich die Nase.
    »Scheißwinter, Scheißerkältung.«
    »Ja, und sonst?«
    »Sonst ist das erst mal eine ziemlich klare Sache. Die Tote ist die Schauspielerin Sophie Lechner. Kennst du bestimmt aus dem Fernsehen.«
    Thomas Bernhardt zuckte mit den Schultern.
    »Stimmt, du guckst ja nur Fußball. Aber die ist echt berühmt, von der Presse als ›die Wilde vom Dienst‹ oder ›die große Exaltierte‹ bezeichnet. Sollte angeblich demnächst in einem Hollywood-Film mitspielen. Und am Burgtheater in Wien hat sie vor knapp einem Jahr das Gretchen im Faust gespielt. Supermoderne Inszenierung, Gretchen ist nicht nur die Verführte, sondern auch eine Verführerin. Und in einer Szene ist sie ganz nackt. Ist dafür zur Schauspielerin des Jahres gewählt worden.«
    »Na toll.«
    Cornelia zog aus ihrer Tasche ein iPhone und wischte mit dem Zeigefinger ein paarmal über das Display. »Wart mal, gleich hab ich’s. Ja, genau. In einer Kritik heißt es: ›Sophie Lechner ist eine Schauspielerin, die die Nervenbahnen eines Textes freilegt und Energien fließen lässt, mit denen niemand gerechnet hat.‹«
    »Auf was die alles kommen, diese Kritiker.«
    Andererseits, sagte er sich: Waren sie nicht auch in gewisser Weise Kritiker, mussten sie nicht auch eine Aufführung, eine Inszenierung beurteilen? In diesem Moment waren sie doch Zeugen des letzten Akts eines Dramas, perfektes Arrangement auf der Wohnzimmerbühne. Nur ging’s hier um ein Menschenleben. Und sie mussten einen Täter finden.
    »Also eine berühmte Schauspielerin.«
    »Ja, Theater, Film und Fernsehen. Bis vor einem halben Jahr hat sie in Wien gelebt, da war sie am Burgtheater engagiert, ist dann aber nach Berlin gezogen.«
    »Wenn sie in Wien Erfolge feiert, wieso kommt sie dann nach Berlin?«
    »Sie hat sich in Wien nicht mehr wohl gefühlt. Künstlerischer Stillstand. Auf der Suche nach neuen Herausforderungen. Aus dem verstaubten Wien ins pulsierende Berlin. Ist wohl immer ziemlich aufs Ganze gegangen. Eine ›Meisterin der Selbstinszenierung‹, noch so ’n Zitat aus der Presse. Laut einem Interview wollte sie da sein, wo die Musik spielt.«
    Die Zeiten der langsamen Recherche, das Schnüffeln in Zeitungsarchiven, in Bibliotheken, die langen Telefonate mit Kollegen oder Leuten in irgendwelchen Instituten, das war nicht mehr angesagt. Bernhardt trauerte der computerlosen Zeit, die er in seinen ersten Jahren bei der Polizei noch erlebt hatte, ein bisschen nach. Nicht weil sie besser gewesen war, überhaupt nicht. Aber es war ruhiger damals, die Ermittlungsarbeit wirkte irgendwie echter, authentischer. Man freute sich mehr, wenn man einen Fund gemacht hatte.
    Aber jetzt gab’s die schöne Katia Sulimma, die im Büro in der Keithstraße auf ihrem Computer wie auf einem Steinway-Flügel spielte und die erstaunlichsten Ergebnisse binnen kürzester Zeit aus dem Gerät zog. Und er und Cornelia hatten ihre iPhones.
    Wie aufs Stichwort war Cellarius zu ihnen getreten, wie immer perfekt gekleidet, diesmal in einem anthrazitfarbenen Anzug aus feinstem Tuch, darunter ein blütenweißes Hemd mit offenem Kragen. Trotz der Vereisung der Welt trug er Maßschuhe.
    »Wie wirkt das auf euch? Auf dem Tisch zwei Sektgläser. Eine Champagnerflasche im Eiskübel. Der schöne Jugendstilkerzenleuchter. Die petits fours, ich könnte wetten von Lenôtre im KaDeWe…«
    Täuschte sich Bernhardt? Errötete Cellarius schon wieder?
    »…die edlen Stoffservietten. Und im CD -Player die schönsten Liebesarien. Alles bereit fürs große

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