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Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition)

Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition)

Titel: Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus-Ulrich Bielefeld , Petra Hartlieb
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ich muss nach Hause zu den Kindern. In Ruhe reden, das ist wichtig.«
    Sie setzten sich an der Wilmersdorfer Straße in die U7. Als Bernhardt an der Eisenacher Straße ausstieg und sie auf den Mund küssen wollte, wandte sie sich ab. »Heute nicht.«

19
    Kaum hatte Helmut Motzko den Motor gestartet, klingelte Annas Handy. »Schon wieder der Hofrat. Soll ich rangehen? Glauben Sie, der Steiner hat sich schon beschwert?« Das Display des Smartphones reagierte nur nach mehrmaliger Wiederholung auf das Wischen ihrer kalten Finger, und als sie endlich eine Verbindung hatte, schnaufte ihr Hromada ins Ohr: »Frau Habel, wir haben einen Toten. Also, vielmehr eine Tote. Also, man weiß nicht, ob wir hier gefragt sind, also, ich weiß nicht, ob es ein Mord war, aber die Frau ist tot.«
    »Gut. Was ist passiert? Wo ist der Fundort?«
    »Eine Zugleiche. Auf einem Abstellgleis. Irgendwo hinterm Westbahnhof. Da hat sie ein Gleisarbeiter gefunden.«
    »Ich bin ganz in der Nähe. Wienzeile. Wer ist am Tatort?«
    »Ein uniformierter Kollege aus dem Wachzimmer Wurmsergasse.«
    »Bitte schärfen Sie denen ein, dass da niemand rumtrampeln soll. Bei dem Schnee muss es Wahnsinnsspuren geben. Motzko, los, geben Sie Gas. Felberstraße hinterm Westbahnhof.«
    Helmut Motzko legte den ersten Gang ein und fuhr vorsichtig aus der Parklücke. Keine zehn Meter weiter standen sie im allabendlichen Stau. Anna schaltete das Blaulicht ein, doch es gab kein Durchkommen. Als die Ampel vor der Gumpendorferstraße auf Grün sprang, drehten die Räder kurz durch, und sie schlingerten ein wenig zu schnell um die Ecke. Ein Obdachloser, der versuchte, seinen prall gefüllten Einkaufswagen den Gehsteig hochzuhieven, zeigte den Vogel und schimpfte ihnen nach. Helmut Motzko klebte hochkonzentriert an der Windschutzscheibe, man sah keine zehn Meter.
    »Nicht schlecht. Ziemlich schnell bei den Straßenverhältnissen.«
    »Ist ja auch ein super Auto. ABS und so. Um was geht es denn eigentlich?«
    »Leiche weiblich. Vom Zug überfahren.«
    »Iih. Das wird kein schöner Anblick.«
    »Die Kollegen vor Ort meinten, da kommt man als Passant nicht hin. Spricht also gegen Unfall.«
    »Wahrscheinlich eine Selbstmörderin. Leider immer noch ein Klassiker. Schrecklich.«
    Ein paar Minuten später wurden sie von einem uniformierten Kollegen aufgehalten, der hektisch mit der Hand winkte. Sein Streifenwagen stand quer über dem Gehsteig, das Blaulicht wirkte im dichten Schneetreiben wie ein übertriebener Beleuchtungseffekt aus einem amerikanischen Katastrophenfilm.
    »Grüß euch! Ich bring euch hin. Ist kein schöner Weg und auch kein schöner Anblick.«
    »Wie viele Leute trampeln denn da jetzt schon rum?«
    »Nicht so viele. Der Gleisarbeiter, der den Körper gefunden hat, ein Kollege von mir, und ich war auch schon unten.«
    »Das ist gut. Dann schauen wir uns das mal an.« Anna Habel und Helmut Motzko kletterten vorsichtig eine schmale Treppe hinunter, deren Stufen man unter den Schneemassen nur erahnen konnte. Die Sicht wurde immer schlechter, und Anna erschrak, als vor ihr plötzlich ein uniformierter Beamter auftauchte. Er stand breitbeinig und regungslos im Gelände, auf seiner Dienstkappe hatten sich mehrere Zentimeter Schnee abgelagert.
    »Grüß Gott, Habel, Abteilung Leib und Leben. Das ist mein Kollege, Helmut Motzko. Bringen Sie uns zum Fundort?«
    »Guten Tag. Hintermeier. Ja, der Körper wurde gleich hier gefunden – also, zumindest Teile des Körpers –, der Kopf lag fünf Meter weiter.«
    Der Neuschnee hatte die Leiche fast schon zugedeckt, und der Schauplatz sah beinahe friedlich aus. Unter einer dünnen weißen Schicht konnte man einen weinroten Mantel erkennen, lediglich ein Fuß mit einem eleganten Lederstiefel ragte grotesk in die Luft. Helmut Motzko war unterdessen fünf Meter weiter gegangen und kniete vor einem runden, ebenfalls schneebedeckten Ding. Anna hörte ein würgendes Geräusch und sah aus dem Augenwinkel ihren jungen Kollegen, der sich schamhaft abwandte und den jungfräulichen Schnee mit seinem Erbrochenen verschmutzte. Sie dachte nur an die Spuren, die sie hier alle gerade verwischten und legten.
    »Herr Kollege Hintermeier, Sie bleiben stehen und passen auf, dass hier niemand mehr rumtrampelt. Und Sie«, sie wandte sich dem anderen Kollegen zu, »gehen wieder hoch und zeigen der Tatortgruppe, die ich jetzt gleich herbestellen werde, den Weg. Verstanden? Versuchen Sie, in Ihre eigenen Fußstapfen zu treten, jede Spur von Ihnen

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