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Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition)

Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition)

Titel: Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus-Ulrich Bielefeld , Petra Hartlieb
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wollen?«
    Anna nahm noch einen großen Schluck Tee aus ihrer Tasse und stand auf. Hans-Günther Steiner war eine Spur zu nahe und blickte mit einem Lächeln wie aus der Zahnpastawerbung auf sie herab.
    »Herr Steiner, ich danke Ihnen, dass Sie Ihre wertvolle Zeit«, und dabei blickte sie auf die leere Schreibtischoberfläche, »für uns verwendet haben. Ich glaube, wir treffen uns noch mal.«
    »Wir werden sehen. Ich lade Sie in jedem Fall zum Sommerfest ein, dann können Sie auf meiner Terrasse Champagner trinken.«
    Anna Habel und Helmut Motzko rauschten an der Vorzimmerdame vorbei, schnappten sich ihre Jacken, und Anna konnte sich gerade noch zurückhalten, die Tür hinter sich mit einem lauten Knall zuzuwerfen.

18
    Als Thomas Bernhardt und Cornelia Karsunke das Berliner Theater verließen, knurrte Bernhardts Handy. Cellarius fasste sich wie gewohnt kurz und präzise: Hirschmann war gefunden worden – nein: tot, ertrunken, ob mit oder ohne Gewalteinwirkung ungeklärt, lag jetzt am Ufer des Wannsees, Havelchaussee, vor der Insel Lindwerder, Krebitz hole sie mit einem Wagen ab.
    Krebitz, der schweigende Nussknacker, fuhr wie im Blindflug durch die Nacht. Sie schlingerten über die Avus, bogen an der Ausfahrt Nikolassee ab und fuhren in der Dunkelheit im Schritttempo die Havelchaussee entlang. Im Licht der Autoscheinwerfer bauten sich die schlanken, hohen Kiefern, die die Straße säumten, wie eine düstere Drohkulisse auf. Hinter einer Kurve leuchtete das scharfe, weiße Licht einiger Leuchtmasten auf. Wie in einem absurden Ballett bewegten sich mehrere Gestalten in dem Lichtkegel, gingen aufeinander zu und trennten sich, ihre zitternden Schatten schienen ihnen mit einer winzigen Verzögerung zu folgen. Im Hintergrund konnte man die Insel Lindwerder erahnen.
    Als ihr Wagen hielt, löste sich Cellarius aus dem Lichtkreis und ging auf Bernhardt und Cornelia Karsunke zu. Zum ersten Mal sah Bernhardt seinen jungen Kollegen so müde: so desillusioniert, so ausgezehrt. Und er sah sich selbst, wie er durch die Jahre gegangen war, eine Art Vorläufer von Cellarius. Gewalt und Tod, Jahr für Jahr, was machte das aus ihnen? Die Stimme von Cellarius war bemüht trocken, sachlich, und doch zitterte etwas in seinen Worten.
    »Ich war in Hirschmanns Wohnung, da habe ich nichts gefunden. Und dann kam der Anruf. Kommt mal mit.«
    Sie folgten ihm in den Lichtkreis und verharrten nach wenigen Metern, als seien sie gegen eine Wand gelaufen. In einem Eisblock, der an einem Baumstumpf lehnte, war ein Mann gefangen. Die Beine angezogen, die Arme vom Körper ein wenig weggestreckt, vermittelte er den Eindruck, als wollte er gleich aus seinem eisigen Gefängnis auf sie zutreten und ihnen alles erklären: ein Irrtum! – Wollte er das sagen?
    Bernhardt versuchte zu begreifen, was geschehen war. Dieser kurze Schockmoment. Er hörte überdeutlich, wie Cornelia Karsunke mehrmals schluckte. Und er sah Cellarius wie in einer überbelichteten Schwarzweißfotografie.
    »Also, sag, was ist passiert?«
    Cellarius zeigte auf einen Mann mit grauem Schnäuzer, der ungeduldig von einem Bein aufs andere trat.
    »Er hat den Hirschmann gefunden. Ist der Wirt von dem Lokal auf der Insel. Er sagt, Hirschmann sei gestern vom frühen Morgen an stundenlang ziellos übers Eis gelaufen, als suchte er was. Dann sei er mittags in die Gaststube gekommen, habe sich an einen Tisch gesetzt, getrunken, leise gesungen. Der Wirt hat ihm schließlich gesagt, dass er gehen müsse, weil er die anderen Gäste störe. Hirschmann meinte, dass er das verstehe, dann hat er sich bedankt und sich per Handschlag und mit einem tiefen Diener verabschiedet.«
    Der Wirt trat auf sie zu. »Kann ick jetz jehn? Ick frier mir hier bei der Kälte sonst noch den Arsch ab und die Eier dazu. Ick hab allet jesagt.«
    Cellarius schaute ihn streng an. »Wirklich alles?«
    »Ja, wirklich. Nee, eens hab ick noch vajessn.«
    Er kramte in der Tasche seines Anoraks und zog einen zerknitterten Zettel hervor. »Den hat er liejen jelassen.«
    Bernhardt schaute sich den Zettel an, hielt ihn ins Licht einer Lampe, dann las er leicht stockend vor.
    »Wie dunkel sind deine Schläfen/ Und deine Hände so schwer,/ Bist du schon weit von dannen/ Und hörst mich nicht mehr?/ Unter dem flackernden Lichte/ Bist du so traurig und alt,/ Und deine Lippen sind grausam/ In ewiger Starre gekrallt.«
    Cellarius schaute Bernhardt und Cornelia Karsunke an.
    »Sagt euch das was?«
    Cornelia zuckte mit den

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