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Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition)

Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition)

Titel: Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus-Ulrich Bielefeld , Petra Hartlieb
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wegzulaufen?«
    »Nein, wie denn? Ich war gefesselt, ich lag da im Schnee, ganz allein.«
    Er weinte.
    »Aber dann haben Sie telefoniert.«
    »Ja, ich merkte plötzlich, dass ich eine Hand bewegen konnte, und mit der habe ich das Handy aus meiner Jacke gezogen. Und irgendwie ist es mir gelungen, die 110 zu wählen, bevor er zurückkam.«
    »Und wie sind Sie auf die Plattform gekommen?«
    »Der Typ hat mir die Fesseln abgenommen und mich in den Aufzug gezerrt und geprügelt, ist mit mir hochgefahren und hat mich dann da oben angekettet.«
    »Haben Sie einen Verdacht, warum der das getan hat?«
    »Nein!«
    Die Antwort kam schnell und entschieden. Bernhardt entschied sich für einen Themen- und Tempowechsel.
    »Was sagen Sie dazu?«
    Er hielt Groß den Zettel von Sophie Lechner vors Gesicht. Der Blick von Groß veränderte sich, wurde unstet.
    »Was soll das?«
    »Genau, was soll das, dieser Satz: ›Der Geliebte will mich töten‹?«
    Da verschloss sich jemand, das merkte Bernhardt. Und er erhöhte den Druck.
    »Sie waren Sophie Lechners Geliebter, aber da gab’s auch andere, das wird Ihnen nicht entgangen sein. Hirschmann zum Beispiel, der nette Nachbar. Und da haben Sie… Nein, lassen Sie mich etwas sagen, Hirschmann ist tot. Nun?«
    Sebastian Groß geriet in Panik. Und Bernhardt drehte die Schraube weiter.
     »Okay, Sie sagen uns nicht, was Sie wissen. Aber ich sage Ihnen, was ich weiß: Ich weiß von Ihrer Arbeit für den Escort-Service, ich weiß, dass Sie Anlass hatten, eifersüchtig zu sein, es gab ja nicht nur Hirschmann, es gab auch noch Steiner, den früheren Liebhaber… Ja vielleicht haben Sie Ihre Entführung nur inszeniert, um den Verdacht von sich abzulenken. – Nein?«
    Das Gesicht von Groß verzerrte sich. Bernhardt machte weiter, er merkte, wie er auf seine schlimme Art unerbittlich wurde. Der Arzt räusperte sich, machte eine beschwichtigende Geste mit der Hand: Gleich ist Schluss!
    »Ich weiß, dass Sophie Lechner Sie nicht mehr wollte, ich weiß, dass Ihre Karriere durchhängt, Sie haben schon länger keine große Rolle mehr bekommen, ich weiß so viel, was Sie auch zum Täter gemacht haben könnte. Sprechen Sie endlich!«
    Groß vermittelte den Eindruck, dass es ihm egal war, wer der Täter war und ob er gefasst würde. Wo konnte man den Hebel ansetzen?
    »Soll ich Ihnen was sagen? Da draußen läuft einer rum, oder mehrere, egal, da werden Leute umgelegt, liquidiert, verstehen Sie, die zu viel wissen. Sie sind gerade noch mal davongekommen, aber da will Ihnen einer ganz entschieden an den Kragen, weil Sie zu viel wissen. Sophie Lechner wusste auch zu viel, das war ihr Problem, nicht irgendeine Liebes- oder Sexgeschichte. Es geht um was anderes. Was ist das? Sagen Sie’s!«
    Bernhardt hatte einfach mal auf den Busch geklopft, und es schien zu funktionieren. Groß’ Augen weiteten sich, seine Lider flatterten. Bernhardt fixierte ihn, den ließ er jetzt nicht entkommen.
    »Los, sagen Sie’s, verdammt noch mal, sagen Sie’s, damit nicht noch mehr passiert.«
    Der Arzt trat zwischen Groß und Bernhardt. »So geht das nicht, ich hatte Ihnen ausdrücklich gesagt –«
    »Entschuldigen Sie bitte, aber es ist wirklich Gefahr im Verzug. Nur noch ein paar Fragen. – Herr Groß, irgendeinen Verdacht müssen Sie doch haben, diese Attacke kann doch nicht völlig aus heiterem Himmel kommen.«
    Groß hatte sich wieder verschlossen, sein Blick ruhte auf einem Bild an der Wand.
    »Hören Sie, in Wien…«
    Groß drehte seinen Kopf entschieden zur Wand. Hier schaltete einer demonstrativ ab.
    »…da ist eine Frau auf grausame Weise ermordet worden, die kannten Sie vielleicht, Gilda Beyer, die Agentin von Sophie Lechner in Wien, die ist vor einen Zug geworfen worden, verstümmelt…« Bernhardt wollte weiterreden, aber Groß schrie plötzlich auf und warf sich auf seinem Bett hin und her, der Arzt stürzte zu dem Patienten und versuchte ihn mit einer Hand aufs Bett zu drücken und mit der anderen Hand zu verhindern, dass die Schläuche und Kabel abrissen, die ihn mit der komplizierten Armatur neben seinem Bett verbanden. Zugleich drehte er sich mit weit aufgerissenem Mund zu Bernhardt um. In Bernhardts Erinnerung geschah das alles lautlos, wie in einem Stummfilm, der mit zu hoher Geschwindigkeit ablief, in dem er sich holpernd und stolpernd bewegte.
    Sebastian Groß hob seine roten Hände in einer hilflosen Abwehrbewegung. Eine Krankenschwester, die still in einer Ecke gestanden hatte, blickte Bernhardt

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