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Nach dem Ende

Nach dem Ende

Titel: Nach dem Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alden Bell
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mal war.
    Wohin nach Norden?, erkundigt sich der Typ namens Clive. Kleine Mädchen sollten nicht allein in der Gegend rumstromern, viel zu unsicher. Weiß nicht, ob dir das schon aufgefallen ist, aber wir haben ein kleines Zombieproblem.
    Sie zuckt die Achseln. Sie tun einem nichts, wenn man sich nich zwischen ihre Zähne verirrt.
    Die Männer lachen.
    Da hast du Recht, sagt Clive. Was ist mit deiner Hand passiert?
    Nur eine Rauferei. Sie versteckt die Hand hinter dem Rücken.
    Hör zu, meint der mit dem Cowboyhut. Wie wär’s, wenn du mit uns was zu Abend isst, bevor du weiterfährst? Wir haben auch ein bisschen Whiskey aufgetrieben, falls dich das interessiert. Wie findest du das, Straßenkriegerin?
    Ihr Blick wandert vom Wagen zu der vor ihr liegenden Straße. Na schön, in Ordnung. Aber nich lang. Ich will vorankommen.
    Sie sind Jäger, erzählen sie ihr, und sie reisen von Ort zu Ort, leben von dem, was ihnen die Natur bietet, wollen dieses große Land der Länge und Breite nach kennenlernen, bevor es endgültig untergeht. Es gibt immer noch majetätische Dinge zu sehen, auf jeden Fall.
    Ich war nie oberhalb von Greensboro, sagt sie. Die haben da einige Sachen im Norden, die ich gern mal unter die Lupe nehmen würde.
    Wir waren schon in allen nördlichen Staaten, sogar oben in Kanada, meint der mit dem Cowboyhut, der Lee heißt.
    Erzähl ihr von dem Wasserfall. Horace sitzt auf dem Boden und stützt sich nach hinten auf die Hände, um hoch zum Sternenhimmel zu schauen.
    Klar, brummt Lee. Niagara. Da sind sie früher immer zu den Flitterwochen hingefahren. Hast du vielleicht schon mal in einem Film gesehen. Das ganze Wasser, das über die Klippen donnert, tausend Flüsse stürzen da auf einmal runter, wie ein Fehler in der Erdkruste, wie wenn jemand einen ganzen See auf einmal auskippen würde. Und diese Kraft, Wasser gegen Wasser, so stark, dass man die Gischt schon in einer halben Meile Entfernung im Gesicht spürt. So was hab ich noch nie erlebt. Verstehst du, das ist was, das einfach immer weitergeht, ein Jahrhundert nach dem anderen, und wenn wir mickrigen Menschen noch so hektisch über die Erde wuseln.
    Sie schenken einen Becher voll und reichen ihn ihr, und sie trinkt und spürt, wie der Whiskey durch ihre Brust strahlt und sich im Magen zu einem festen, warmen Ball zusammenzieht. Dann erzählt sie ihnen von ihrem Erlebnis – dem Wunder der Fische, und sie sind alle der Meinung, dass ihr etwas Magisches begegnet ist.
    Horace schaufelt aus einem dampfenden Topf am Rand des Feuers Bohnen auf seinen Teller, dann schneidet er Fleisch vom Spieß und gibt Temple den Teller.
    Iss ruhig, sagt er. Wir haben genug.
    Was is das?
    Das ist Kriecherfleisch.
    Schaben? Ihr wollt mir doch nicht einreden, dass ihr Schaben esst.
    Doch, Schätzchen, antwortet Lee. Nix dran auszusetzen. Entweder sie essen uns oder wir sie – was ist dir lieber?
    Is das nich giftig?
    Nicht wenn man’s richtig zubereitet. Wir sind schon seit fünf Jahren hier draußen. Da läuft so viel Futter rum, dass man nur von Gewehr und Bogen leben könnte.
    Was is mit der Fäule?
    Wir jagen die Frischen, die noch nicht so lange unterwegs sind.
    Sie betrachtet den Teller und neigt ihn zum Feuer, um ihn besser sehen zu können. Die Fleischstücke sind innen ölig und an der Oberfläche verkohlt. Sie hält die Nase darüber.
    Riecht nach Rosmarin.
    Die Männer grinsen, Horace setzt einen erfreuten Hundeblick auf.
    Ja, sagt Lee, bloß weil wir hier draußen in der Wildnis sind, müssen wir noch lang nicht auf die Feinheiten verzichten. Horace ist ein echter Küchenzauberer. Was du da riechst, ist ein Gewürzmantel, den er selbst erfunden hat.
    Was soll’s, antwortet sie. Ich probier’s.
    Sie schiebt sich ein Stück Fleisch in den Mund und kaut, bis die Säfte Zunge und Zähne überziehen. Dann schluckt sie und schaut die Männer an, die sich gespannt nach vorn gebeugt haben.
    Is gut. Schmeckt wie Schwein.
    Die Jäger grölen begeistert.
    Lee lacht. Hab schon immer gesagt, der einzige Unterschied zwischen Mensch und Schwein ist eine gute Würzung.
    Sie isst weiter, und sie reichen die Flasche herum und füllen die Becher. Als sich in der Ferne eine Schabe nähert, zeigt ihr Clive, wie gut er mit dem Bogen umgehen kann. Er zieht die Sehne zurück, legt die Wange zum Zielen dicht neben die Hand und schießt den Pfeil direkt durchs Auge der Gestalt.
    Sie klatscht anerkennend.
    Horace hat eine Gitarre und singt vom Mond, von Frauen und von Einsamkeit, und

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