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Nach dem Ende

Nach dem Ende

Titel: Nach dem Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alden Bell
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seinem Kopf. Er hat ein Bratpfannengesicht und eine Figur wie eine Riesenkartoffel, träge Augen und einen Verstand ohne Türen und Fenster.
    Sie öffnet die Beifahrertür und wirft die Reisetasche auf den Rücksitz.
    Also, komm schon, wenn du willst. Aber ich kann dir nich versprechen, dass du überlebst.
    Ständig zupft und kratzt er an seinen Haaren, und ihr ist bald klar, was los ist.
    Du hast Läuse, Dussel.
    In der nächsten Stadt, wo die Wasserleitungen noch funktionieren, fährt sie zu einem Haus mit einem Hahn im Garten und einem Schlauch daran.
    Runter mit deinen Sachen, Dussel.
    Als er nicht versteht, macht sie zwei Knöpfe an seinem Hemd auf, um es ihm zu zeigen. Seine Augen hängen gespannt an ihren Fingern.
    Mach schon, nur keine Hemmungen. Nix an dir dran, was ich nich schon mal gesehen hätte.
    Er zieht sich aus und steht mitten in dem überwucherten Garten. Mit geschlossenen Augen hält er den Lappen fest, den sie ihm in die Hand drückt, während sie ihn von vorn und hinten mit dem Schlauch abspritzt.
    Jetzt wasch dich. Sie führt es ihm vor.
    Er macht ihre Gesten nach und bewegt den Lappen über den Körper.
    Fester, der Ruß geht nich von allein ab.
    Dann verliert sie die Geduld und nimmt ihm den Lappen ab, um ihn vorn und hinten über der Taille und an den Armen abzuschrubben.
    Das da unten kannst du selber erledigen. Sie deutet auf seinen Schritt. Bin schließlich keine Wäscherei.
    Er fährt mit dem Lappen ein paarmal leicht über seine Genitalien.
    Reicht fürs Erste. Wir bringen dich schon irgendwo unter, wo dir jemand anders das mit der Hygiene beibringen kann.
    Ein paar Blocks weiter entdeckt sie in einer Einkaufszeile einen Friseursalon. Sie schlägt die Scheibe ein und führt ihn zum Becken und zeigt ihm, wie man sich die Haare wäscht. Lange sitzt er einfach nur mit dem Kopf in der halbkreisförmigen Senke eines Beckens da und lässt sich das Wasser über den Scheitel laufen.
    Es kann nicht schaden, wenn er sich ordentlich einweicht, also nutzt sie die Gelegenheit, um sich selbst die Haare zu waschen, auszukämmen und mit einer Schere die strähnigen Enden zu stutzen.
    Als er mit dem Waschen fertig ist, setzt sie ihn auf einen Drehstuhl vor einem Spiegel und schneidet ihm mit einer elektrischen Schermaschine die Haare bis zur Kopfhaut ab. Dann rasiert sie ihn und reibt ihm eine gut riechende Creme ins Gesicht.
    Schau nur, was für ein adretter Bursche. Jetzt kannst du uns nich mehr das Auto verpesten.
    Auf der anderen Straßenseite bemerkt sie ein Bürogebäude, das höher ist als alle anderen Häuser in der Gegend. Zusammen suchen sie sich einen Eingang und fahren mit dem Aufzug so weit hinauf, wie es geht. Dann streifen sie durch die leeren Korridore, bis sie findet, worauf sie gehofft hat: eine Feuertreppe zum Dach.
    Sie klettert auf eine große Klimaanlage aus Metall, und er setzt sich neben sie. Dann zieht sie ihr kleines Fernglas heraus und sucht ringsherum den ganzen Horizont ab. Die tiefstehende Sonne taucht die Wolken in einen orangeroten Schein, der an den Rändern verbrannt erscheint.
    Genießen wir ein bisschen die Aussicht, was meinst du, Dussel?
    Sie mustert den großen Kerl neben sich, dessen Gestalt etwas Dichtes und Undurchdringliches ausstrahlt. Seine Augen scheinen aus tiefen Brunnen zu blicken. Die Haut auf seinem Gesicht ist wettergegerbt und lederig.
    Wie alt bist du eigentlich, Dussel?
    Er beobachtet, wie die Sonne hinter den Wolken verschwindet.
    Ich schätz dich locker auf fünfunddreißig. Das heißt, du warst schon da, bevor diese ganze Sauerei mit den Schaben losgegangen ist.
    Er hebt die Hand an seine frisch rasierte Wange.
    Würd mich interessieren, ob du dich dran erinnerst. Spukt diese Vergangenheit noch irgendwo in deinem Dusselschädel rum? Weißt du noch, wie du zum ersten Mal einem Fleischsack begegnet bist? Hast du ihn überhaupt als was anderes erkannt, oder is alles, was auf zwei Beinen läuft, das Gleiche für dich?
    Sie fixiert seine Augen, die anscheinend ins Nichts starren.
    Weißt du was? Ich hab mal einen anderen Dussel gekannt. In dem Waisenhaus, wo ich aufgewachsen bin. Nur dass er in meinem Alter war und nich stumm wie du. Er konnte reden, allerdings nich besonders gut. Und er war ein Knirps – geborenes Schabenfutter, wenn du mich fragst. Nich wie du, du bist wie ein Bär oder so. Ein echtes Kraftpaket. Jedenfalls, Malcolm und ich, wir haben ihn gern mitgenommen. Malcolm vor allem – wollte ihm immer Sachen beibringen, zum Beispiel, wie

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