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Nach Dem Sommer

Nach Dem Sommer

Titel: Nach Dem Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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deinem Leben anfangen sollst. Aber was - was, wenn ich dich bitten würde, dich nicht mehr mit ihm zu treffen?«
    Das hatte ich nicht erwartet. Meine Stimme klang rau. »Ich würde sagen, dass du in Anbetracht der Tatsache, dass du dich noch nie wie eine normale Mutter benommen hast, jedes Recht verwirkt hast, jetzt damit anzufangen. Sam und ich sind zusammen. Da gibt es keine Diskussion.«
    Mom warf die Hände in die Luft, als wollte sie den Grace-Panzer daran hindern, sie zu überrollen. »Okay. Na gut. Sei einfach vorsichtig, in Ordnung? Na schön. Ich hole mir was zu trinken.«
    Und damit waren ihre mütterlichen Energien auch schon wieder erschöpft. Sie hatte Mom gespielt, indem sie uns ins Krankenhaus gefahren hatte, sie hatte der Krankenschwester dabei zugesehen, wie sie meine Wunden versorgte, und mich vor meinem Psycho-Freund gewarnt. Jetzt war sie fertig. Sie hatte sich davon überzeugt, dass ich überleben würde, und damit war ihre Pflicht getan.
    Ein paar Minuten, nachdem sie gegangen war, ging die Tür auf und Sam kam an mein Bett. In dem grünlichen Licht sah er blass und müde aus. Müde, aber immerhin war er ein Mensch.
    »Was haben sie mit dir gemacht?«, fragte ich.
    Sein Mund verzog sich zu einem ironischen Lächeln. »Sie haben mir einen Verband für eine Schnittwunde verpasst, die inzwischen verheilt ist. Was hast du ihr erzählt?« Er sah sich nach Mom um.
    »Ich hab ihr die Geschichte von deinen Eltern erzählt und dass mit dir darum was nicht stimmt. Sie hat es mir geglaubt - also kein Problem. Alles in Ordnung mit dir? Bist du -« Ich wusste gar nicht, was ich fragen wollte. »Dad meinte, sie ist tot«, sagte ich schließlich. »Shelby. Wahrscheinlich konnten ihre Wunden nicht verheilen wie deine. Dafür ging es einfach zu schnell.«
    Sam legte seine Hände um meinen Hals und küsste mich. Er lehnte seine Stirn gegen meine, sodass wir einander anstarrten und es aussah, als hätte er nur ein Auge. »Ich komme in die Hölle.«
    »Was?«
    Sein eines Auge blinzelte. »Ich sollte traurig darüber sein, dass sie tot ist.«
    Ich lehnte mich so weit zurück, dass ich seinen Gesichtsausdruck erkennen konnte; er wirkte seltsam leer. Ich wusste nicht so recht, was ich darauf erwidern sollte, doch Sam ersparte mir eine Antwort, indem er meine Hände in seine nahm und sie fest drückte. »Ich müsste doch eigentlich außer mir sein. Stattdessen habe ich einfach nur das Gefühl, einer riesigen Katastrophe entronnen zu
    sein. Ich hab mich nicht verwandelt, dir geht es gut und im Moment sehe ich sie einfach als ein Problem weniger, über das ich mir Gedanken machen muss. Ich fühle mich - ich fühle mich wie betrunken.«
    »Mom hält dich für ein Mängelexemplar«, informierte ich ihn.
    Sam küsste mich noch einmal, schloss eine Weile die Augen und küsste mich dann ein drittes Mal, ganz zart. »Bin ich ja auch. Und, willst du jetzt abhauen?«
    Ich war nicht sicher, ob er meinte, aus dem Krankenhaus oder vor ihm.
    »Mr Roth?« Eine Krankenschwester erschien im Türrahmen. »Wir können das hier machen, aber Sie sollten sich dafür hinsetzen.«
    Genau wie ich musste auch Sam eine Reihe von Tollwutimpfungen über sich ergehen lassen - die Standardbehandlung bei unprovozierten Angriffen durch Tiere. Wir konnten der Belegschaft ja schlecht erzählen, dass Sam den Wolf persönlich kannte und dass das Tier nicht an Tollwut litt, sondern mich schlicht hatte umbringen wollen. Ich rutschte ein Stück zur Seite, um Platz für Sam zu machen, der sich mit einem unsicheren Blick auf die Spritze in der Hand der Krankenschwester neben mich setzte.
    »Gucken Sie einfach nicht auf die Nadel«, riet die Krankenschwester, als sie Sam mit ihren Gummihandschuhen den blutigen Ärmel hochschob. Sam sah zur Seite, mir ins Gesicht, aber sein Blick war abwesend, ging durch mich hindurch. Als die Schwester die Nadel durch seine Haut stieß, schien er mit seinen Gedanken weit weg. Ich sah zu, wie die Spritze sich leerte, und stellte mir vor, dass das ein Heilmittel für Sam sei - flüssiger Sommer, der ihm direkt in die Adern injiziert wurde.
    Es klopfte an der Tür und eine andere Krankenschwester steckte ihren Kopf ins Zimmer. »Brenda, bist du hier fertig?«, fragte sie. »Ich  glaube, du wirst in 302 gebraucht. Da tickt wohl gerade ein Mädchen aus.«
    »Na wunderbar«, seufzte Brenda voller Sarkasmus. »Ihr zwei könnt dann gehen.« An mich gewandt, fügte sie hinzu: »Den Papierkram lasse ich dann deine Mutter erledigen,

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