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Nach dem Sturm: Roman (German Edition)

Nach dem Sturm: Roman (German Edition)

Titel: Nach dem Sturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Farris Smith
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Brisco.
    »Du hast doch bestimmt immer Hunger, stimmt’s?«
    »Meistens«, sagte Evan.
    »Wir haben Burger oder Frühstück, das ist alles, was wir an Essen anzubieten haben«, sagte er. »Und Kaffee, Cola, Milch, Saft.«
    Sie schauten einander an. Sie waren völlig verunsichert, weil man sie gefragt hatte, was sie essen wollten. Es war total ungewohnt.
    »Mehr gibt’s bei uns nicht, also denkt euch jetzt nicht irgendwas Tolles aus.«
    »Ich nehme Rührei mit Speck, Würstchen und Toast. Am besten alles, was zu einem Frühstück gehört«, sagte Cohen.
    »Ich auch«, sagte Mariposa.
    »Ich auch«, sagte Brisco.
    »Du weißt doch nicht mal, was das alles ist«, sagte Evan zu seinem kleinen Bruder.
    »Weiß ich wohl.«
    »Nein, weißt du nicht«, sagte Evan. »Vielleicht nehmen wir einfach nur Toast mit was drauf.«
    »Unsinn«, sagte Cohen. »Bringen Sie das Gleiche für alle.«
    Der Mann drehte sich um und rief der schwarzen Frau am Grill zu: »Viermal Frühstück mit allem.« Dann fragte er, was sie trinken wollten, und rief ihr das auch zu. Dann nahm er wieder seinen Platz an der Tür ein und fing an zu summen und den Rhythmus zu schlagen.
    »Du hast dir weiß Gott ein gutes Frühstück verdient«, sagte Cohen zu Evan, und der Junge nickte.
    Cohen stand auf, zog seine Jacke aus und legte sie auf den Platz neben Mariposa. Dann fasste er in die Tasche und zog die zusammengefalteten Geldscheine heraus. »Mal sehen, wie viel wir hier haben.«
    Er faltete das Geld auseinander und zählte die Hundert-Dollar-Scheine. Als er fertig war, sagte er: »Dreizehnhundert.«
    »Verdammt«, sagte Evan.
    »Verdammt gut oder verdammt schlecht?«, fragte Cohen.
    »Verdammt gut, oder nicht?«
    Cohen schüttelte den Kopf. »Eher schlecht. Wir haben noch dieses Geld und den Wagen und alles, was darin ist. Aber wir sind jetzt wieder in der richtigen Welt angekommen, und da muss man schon fürs Luftholen bezahlen.«
    »Ich nicht. Guckt mal«, sagte Brisco, holte Luft und pustete sie wieder aus, als wollte er ein Feuer ausblasen.
    »Es reicht doch fürs Erste«, sagte Mariposa.
    »Eigentlich nicht. Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel«, sagte Cohen. Ich könnte das ändern, wollte er schon hinzufügen, ließ es dann aber bleiben.
    An der Tür erschienen zwei Männer mit Flaschen in braunen Papiertüten und wollten rein. Der Wirt sagte ihnen, sie sollten weitergehen, und schob sie mit dem Stock zur Seite. Sie gingen weiter und schauten sehnsüchtig ins Café, als würden sie allein beim Anblick des Essens Hunger bekommen.
    Es dauerte nicht lange, bis das Essen kam. Teller mit Eiern und Grütze und Speck und Würstchen. Toast mit Butter und Gelee, Biskuits mit Sauce und Tomatenscheiben. Eine Weile sagte keiner mehr ein Wort.
    Als Cohen fertig war, stand er auf, ging zur Tür und zündete sich eine Zigarette an. Er fragte den Wirt, ob er eine wollte, aber der lehnte ab. Cohen fragte ihn, ob es so was Ähnliches wie ein Hotel in der Gegend gebe.
    »Woher kommen Sie eigentlich?«, fragte der Mann.
    »Von da unten. Wir hatten eigentlich etwas anderes hier an der Linie erwartet.«
    »Die Linie?«, sagte der Mann und schnaubte verächtlich. »Die ist doch nicht mehr als ein Märchen.«
    »Hab ich auch schon gehört.«
    »Sie sollten besser weiterziehen«, sagte der Wirt. »Die Linie ist Schwachsinn. Sehen Sie die beiden Streifenwagen da drüben?« Er deutete mit dem Billardstock zur anderen Seite. »Die stehen da schon seit über einem Jahr. Gehen Sie mal rüber. Die Fenster sind eingeschlagen, ausgebrannt. Das Gleiche ist mit allem anderen passiert, das hier mal was bedeuten sollte. Seit über einem Jahr sind wir auf uns allein gestellt.«
    »Wie weit ist es denn noch bis dahin, wo alles normal ist?«
    Der Wirt zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Überall, wo ich mich auskenne, ist es so wie hier. Vielleicht irgendwo in Tennessee. Im Osten. Der Westen ist weggeputzt.«
    »Wie meinen Sie das, weggeputzt?«
    »Verdammt, Mann. Sie müssen sich erst mal schlau machen, bevor Sie mit der Truppe da irgendwohin fahren. Gehen Sie mal zum Ende des Tresens. Da liegt eine Zeitung, die ist zwei Monate alt. Aber noch aktuell genug.«
    Cohen durchquerte das Café und setzte sich auf einen Hocker am Ende der Theke. Er nahm sich die Zeitung und blätterte sie auf. Es war ein überregionales Blatt. Auf der Titelseite stand einiges über das Wetter, die Grenzsituation, die Versorgungslage und die Abwehrmaßnahmen. In einem Kasten weiter unten auf der

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