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Nach dem Sturm: Roman (German Edition)

Nach dem Sturm: Roman (German Edition)

Titel: Nach dem Sturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Farris Smith
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glaubten sie, ihre Zerstörungsarbeit sei so etwas wie eine Lebensaufgabe. Er sah, wie die Rauchwolken sich sammelten und zu einer dicken Wolke ballten, die im Himmel hängen blieb und auf den nächsten Hurrikan wartete. Und er sah diesen nächsten Hurrikan kommen und wie er die Rauchwolke in sich aufsog und dem Himmel ein dunkelgraues, unheilvolles Aussehen verlieh, als würde er aus Schiefer bestehen. Er sah die Feuer und hörte die Schreie der Verbrennenden und die Explosionen. Seine Träume bestanden aus nichts als Verwüstung, waren ein einziges destruktives Durcheinander, aber er schlief, ohne Angst, völlig apathisch, während um ihn herum ein monströses Orchester die Zerstörungssinfonie spielte.
    Cohen erwachte ruckartig. Ein jäher Schmerz durchzuckte seine Schulter. Er wusste nicht mehr, wo er war, richtete sich auf und knallte mit dem Kopf gegen die Kirchenbank. Er legte sich wieder hin, hielt sich die Schulter und verzog das Gesicht. Als der Schmerz nachließ, schob er sich unter der Bank hervor, richtete sich auf und setzte sich schließlich hin. Ihm war kalt, es war feucht, Wind und Regen zogen erbarmungslos über das Land. Zitternd verschränkte er die Arme vor der Brust. Er schloss die Augen und versuchte, an etwas Warmes zu denken. An einen Ort, an dem er sicher war.
    Er stand an der Hintertür seines Hauses und schaute ihnen zu. Sie saßen draußen auf der Wiese auf einer Decke. Elisa hatte ihr langes, braunes Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden, sie trug ein Sommerkleid, das ihre gebräunten Schultern zur Geltung brachte, und eine Sonnenbrille. Das kleine Mädchen hatte die gleichen langen, braunen, welligen Haare. Die Kleine saß direkt neben ihrer Mutter. Das Licht fiel auf sie, und sie leuchteten wie Engel. Sie spielten etwas zusammen, aber er konnte nicht erkennen, was es war. Sie sprachen miteinander, aber er konnte nicht verstehen, was sie sagten. Irgendein Geräusch übertönte ihre Worte. Er rief nach ihnen, aber sie antworteten nicht. Also ging er auf sie zu, und während er das tat, wurde die Sonne immer heller und greller, bis die ganze Umgebung weiß leuchtete und ihn erblinden ließ. Als er wieder zu ihnen schaute, waren sie verschwunden. Auch die Decke war weg, nur dieses Geräusch war noch da. Er zog sich an den Ohren und rieb sich die Augen, während das Geräusch in sein Gehirn eindrang. Er schrie auf, öffnete die Augen, und das Bild verschwand. Vor sich sah er nur den dunklen Innenraum der Kapelle.
    Der Wind schleuderte etwas durch das kaputte Dach, und es landete mit einem Krachen im Kirchenschiff. Er rutschte von der Bank und legte sich auf den Boden. Blieb liegen, die Augen geschlossen, die Arme überkreuz, in einer zentimeterhohen Pfütze. Und durch den Lärm des Sturms hindurch hörte er die Stimme, die rief: Erschieß ihn, los, erschieß ihn jetzt!

4
    Es war, als würde sie auf der Ladefläche eines Lastwagens mitfahren. Sie wurde hin und her geworfen, auf und ab. Genug Unsicherheit, um auf der Hut zu sein und sich nicht gehen zu lassen. Mariposa saß auf einer Matratze auf dem Boden des Trailers, mit ausgestreckten Armen, die Hände auf den Boden gestemmt. Der Wind zerrte an dem Wohnwagen, der mit zahlreichen Seilen an Heringen festgezurrt war, die tief im Boden verankert waren. Die Seile waren in der Mitte des Trailers am engsten gezogen, wo das Dach wegen des Drucks bereits nachgab. Der ganze Wohnwagen war von einem Netz aus Seilen überzogen und wurde vom Wind hin und her geschüttelt. Sie hatte hier schon viele Nächte gesessen und war noch nie weggeflogen, aber die Angst blieb dennoch. Drei auf leere Bierflaschen gesteckte Kerzen standen in einer Ecke, wackelten hin und her, blieben aber stehen, und das Kerzenlicht tanzte durch das Wageninnere im Rhythmus des Sturms.
    Sie hatte den Schlafsack um sich gelegt und trug nur einen Slip und ein Baumwollhemd. Ihre Kleider lagen am Fuß der Matratze, schmutzig nach einem harten Arbeitstag. Ihre dichten langen Haare waren noch nicht getrocknet und fielen über Schultern und Brüste auf ihre gekreuzten Beine. Sie wiegte sich leicht vor und zurück, murmelte vor sich hin und versuchte, sich angesichts des Sturms gut zuzureden. Sie wollte lieber nicht an den nächsten Tag denken und fragte sich, was wohl aus dem Mann geworden war, den sie sich selbst überlassen hatten. Sie schaute auf den Mantel, den Aggie ihr gegeben hatte, und ihr fiel ein, dass das Rasenmäherkabel noch immer in der Tasche steckte. Wahrscheinlich klebten

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