Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nach dem Sturm: Roman (German Edition)

Nach dem Sturm: Roman (German Edition)

Titel: Nach dem Sturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Farris Smith
Vom Netzwerk:
einige Schornsteine übrig waren. Alle Wohnwagen waren auf die gleiche Art mit Seilen am Boden vertäut. Alle Wagen bis auf zwei waren von außen verriegelt.
    Um die Trailerburg herum stand hohes Gras, in ihrer Mitte aber war ein Platz mit festgetretenem rotem Lehm und eine Feuerstelle aus Hohlziegeln, die aus verfallenen Landhäusern stammten. Hinter den Trailern standen alte Pick-ups, einige davon fuhren noch, andere nicht, ein paar Viehtransporter, Kühlschränke und Tiefkühltruhen, verschiedene Möbelstücke und Bettrahmen.
    Hinter dem Trailer des alten Mannes stand Cohens Jeep. Sie ging zur Tür ihres Wohnwagens und probierte, ob sie abgeschlossen war. War sie nicht. Sie nahm an, dass dies eine Belohnung war für das, was sie und Evan getan hatten. Sie ging zurück, hob den Schuhkarton auf, legte ihn auf die Matratze und breitete den Schlafsack darüber. Dann machte sie die Tür auf und rannte nach nebenan zu Evans Trailer. Auch seine Tür war offen, und sie ging hinein.
    Evan und Brisco richteten sich erschrocken auf.
    »Verdammt, was ist denn los?«, sagte Evan. Sein blondes Haar stand wirr vom Kopf ab. Brisco, sein jüngerer Bruder, hielt einen platten Football in der Hand.
    »Nichts. Ich wollte nur nicht, dass Aggie mich draußen sieht.«
    Die Jungs setzten sich auf. Um sie herum lagen Klamotten und leere Wasserflaschen verstreut. Ein Stuhl war umgekippt, und eine umgefallene Kühltasche lag auf dem Boden. Brisco legte sich wieder hin. Evan stand auf und rieb sich das Gesicht.
    »Was meinst du, wo hat er die Schlüssel hingetan?«, flüsterte Mariposa.
    Evan ging an ihr vorbei. Er klaubte einen leeren Becher auf und spähte hinein, als würde er etwas Interessantes darin erwarten. Dann warf er ihn weg.
    »Warum flüsterst du?«, fragte er.
    »Weiß ich nicht.«
    »Dann hör auf damit.«
    Mariposa verschränkte die Arme und ging in dem kleinen Raum auf und ab. »Ich wünschte, wir hätten Aggie nichts von diesem Haus erzählt.« Sie flüsterte wieder.
    »Ich auch. Hör auf zu flüstern. Du machst mich nervös.«
    »Die Schlüssel«, sagte sie in normaler Lautstärke. »Wohin hat er sie wohl getan?«
    »Welche Schlüssel?«
    »Die vom Jeep.«
    »Weiß ich nicht. An den gleichen Ort, wo er auch die anderen aufbewahrt, schätze ich.«
    Mariposa atmete aus, verzog das Gesicht und ließ den Kopf hängen. Brisco griff sich zwei leere Wasserflaschen und trommelte damit gegen die Trailerwand.
    Evan ging zur Tür, schob sie auf und atmete die kühle feuchte Luft ein, dann zog er sie wieder zu.
    »Ich halte das nicht länger aus«, sagte sie.
    »Ich weiß.«
    »Ich sag das nicht einfach so. Ich mein’s ernst.«
    »Tu bloß nichts Unüberlegtes.«
    »Es war schon total unüberlegt, dass wir mit dem Jeep hierher zurückgekommen sind. Ich hab dir gleich gesagt, wir sollten damit abhauen.«
    »Jesus, ich kann doch Brisco nicht allein lassen. Was redest du da? Hau doch ab, wenn du willst. Ich werd mich jedenfalls um Brisco kümmern, egal, was für’n Scheiß mich das kostet.«
    Brisco hörte auf zu trommeln und fragte: »Mich allein lassen, wo?«
    »Nirgendwo.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß. Ich hab’s nicht so gemeint.«
    »Das hoffe ich für dich.«
    Er beruhigte sich wieder. »Du könntest es tun, wenn du willst.«
    »Ich schaff’s nicht allein. Und ihr beide auch nicht.«
    Sie standen einander gegenüber, und jeder wartete auf die Antwort des anderen. So wie sie es ständig taten. Und wie immer wusste keiner von beiden, was er sagen sollte. Brisco warf die Wasserflaschen weg und setzte sich im Schneidersitz hin. Seine Schuhe waren nicht zugebunden, und er spielte mit den Schnürsenkeln.
    »Wir könnten es ja zusammen versuchen«, sagte sie.
    »Es ist zu weit. Darüber haben wir doch schon gesprochen.«
    »Vielleicht sollten wir noch mal drüber nachdenken.«
    »Wir sind verhungert, bevor wir rauskommen. Oder sie holen uns ein, und dann wird es noch schlimmer als jetzt schon. Du kennst doch auch die ganzen Geschichten.«
    »Wir könnten nachts gehen.«
    Der Junge schüttelte den Kopf. »Nachts ist es noch schlimmer. Außerdem regnet es die ganze Zeit. Wir können nicht im Dunkeln und im Regen laufen. Und Brisco kann das sowieso nicht. Er ist zu klein.«
    Brisco drehte sich um und sagte: »Ich bin nicht zu klein.«
    »Bist du wohl«, sagte Evan.
    »Ich bin schon sieben.«
    »Nein, bist du noch nicht.«
    Brisco ließ sich nach hinten fallen, und Evan wandte sich wieder an Mariposa: »Wir müssen abwarten.

Weitere Kostenlose Bücher