Nach dem Sturm: Roman (German Edition)
bat nicht um die Vergebung seiner Sünden, er sang kein Klagelied. In der folgenden Stunde, als er im Sterben lag, dachte er nur an diesen heiteren Moment, als er mit den bunten Glassplittern auf der Hand neben der Kapelle kniete, die er als kleiner Junge besucht hatte, lange bevor er erwachsen wurde und wusste, was Macht bedeutete. Als er mit zerfetztem Körper im Sterben lag und sein Blut auf der regennassen Erde vergoss, da dachte er nur noch an diese hübschen bunten Scherben und spürte ihr Gewicht auf seiner Hand. Und er konnte nicht verstehen, dass sich, während er diese kleinen, heiligen Scherben anstarrte, etwas Großes und Mächtiges und Gewalttätiges leise von hinten genähert hatte.
Cohen wartete nicht auf den Hund, sondern lief, so schnell er konnte, den Feldweg entlang, weil er dachte, das Geräusch des Jeeps hätte aufgehört. Nicht, weil der Jeep weggefahren und verschwunden war, sondern weil das Motorengeräusch aufgehört hatte, als hätte der Fahrer angehalten, und der einzige Ort, der dafür in Frage kam, war die kleine Kirche. Er rannte weiter und zerrte an seinen Hosentaschen, als könnte er sich damit schneller voranbringen. Als die Kapelle in Sicht kam, entdeckte er auch den Jeep, der davor parkte, und er ging langsamer am Straßenrand weiter, dichter an den Bäumen, um nicht gesehen zu werden.
Den Mann, der den Jeep gelenkt hatte, sah er nicht, und er überlegte, ob er einfach hinlaufen und mit dem Wagen davonfahren sollte. Der Regen würde seine Schritte dämpfen, der Zündschlüssel würde sicher stecken, also fahr los, hau ab, mach schnell. Lass nicht nach.
Aber dann wurden seine Gedankengänge von einem schrillen Heulen und lauten Schreien unterbrochen, die er nicht zuordnen konnte. Das grauenhafte Geschrei drang wie ein scharfes Messer durch den trüben Morgen. Er ging weiter, lief jetzt wieder schneller, rannte sogar etwas, und dann kam er zur Kirche, blieb neben dem Jeep stehen und sah, dass das grausige Geräusch, das Heulen und Schreien von einem Mann und einem Panther kamen, die ineinander verknäult neben der Kapelle miteinander rangen, und so, wie es aussah, behielt der Panther dabei die Oberhand.
Cohen warf einen Blick in den Jeep und entdeckte seine abgesägte Schrotflinte und ein paar Patronen auf dem Beifahrersitz. Er nahm sie heraus, lud sie und steckte sich einige Ersatzpatronen in die Tasche, wobei er den Panther und den Mann nicht aus den Augen ließ. Dann ruckte er am Rücksitz, als wollte er ihn hochheben, aber er bewegte sich nicht. Der Mann schrie laut auf, weil der Panther ihn überwältigt hatte und sich mit seinen Krallen und seinen Zähnen über ihn hermachte. Cohen näherte sich vorsichtig und blieb immer hinter ihnen, sodass der Panther keine Möglichkeit hatte, sich umzudrehen und ihn anzugreifen. Als er nur noch drei Meter entfernt war, legte er die Flinte an und schoss. Der Panther fuhr hoch, wirbelte herum und brüllte auf. Cohen feuerte erneut, und der Panther flog zur Seite. Diesmal brüllte er nicht mehr auf, sondern fiel neben dem zerfleischten Mann tot zu Boden.
Cohen kam näher und besah sich die Lage. Das Gesicht des Mannes war rot und zerfetzt, und er hatte klaffende Wunden am Kopf, an der Brust und an den Armen. Sein Brustkorb war übel verletzt, er atmete schwer und unregelmäßig, seine Augen waren aufgerissen und schimmerten weiß im blutroten Gesicht. Er streckte Cohen die Hand entgegen und versuchte, etwas zu sagen, brachte aber nur ein undeutliches Grunzen heraus. Cohen fasste nicht nach seiner Hand, sondern hockte sich einen Meter neben ihm auf den Boden. Der Regen wusch das Blut genauso schnell aus dem Gesicht des Mannes, wie es hervorquoll.
Der Mann gab weiterhin dieses grunzende Geräusch von sich. Cohen schaute ihn eine Weile an, dann hob er die Flinte hoch und zeigte sie ihm: »Wo hast du das her?«, fragte er. Dann drehte er sich um, deutete auf den Jeep und wiederholte seine Frage.
»Das gehört alles mir«, sagte er. »Mir. Wo sind die beiden, die mich auf der Straße überfallen haben?«
Der Mann drehte sich auf die Seite, hustete Blut und bewegte sich so, als wollte er aufstehen. Cohen ging auf Distanz. Der Mann wollte offenbar etwas sagen, aber Cohen konnte es nicht verstehen und fragte noch einmal: »Wo sind sie? Wenn du willst, dass ich dir helfe, dann rede jetzt.«
Der Mann drehte sich auf den Bauch und kroch auf ihn zu. Er blutete praktisch überall, und sein Gesicht sah aus wie aus einem Horrorfilm. Er schob sich
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