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Nach dem Sturm: Roman (German Edition)

Nach dem Sturm: Roman (German Edition)

Titel: Nach dem Sturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Farris Smith
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Joe war verschwunden. Jedenfalls im Augenblick. Nur wurde es immer schwieriger für ihn, daran zu glauben, dass er eines Tages zurückkam. Ohne seinen Wachposten musste Aggie wesentlich vorsichtiger mit seinen Kolonisten sein, musste die Türen tagsüber länger geschlossen halten und immer den Revolver zeigen, wenn er sie herausließ.
    Da Joe nicht mehr da war, wurde es Zeit, dass er sich Evan vornahm. Er brauchte einen zweiten Mann. Jemanden, der stark genug war, um sie hier festzuhalten. Und jemanden, der in der Lage war, ihre Zahl zu mehren.
    Eine nach der anderen kam zurück in den Kreis der Wohnwagen und setzte sich an den Tisch neben dem Feuer, wo Pappteller, Plastikbesteck und Becher mit Wasser und Cola standen. Neben jedem Teller lagen zwei Scheiben Brot, eine Packung Mortadella, Erdnussbutter und Marmelade. Am Ende des Tischs lag eine Tüte mit Äpfeln. Sie kamen langsam näher, als wären sie gerade aus einem langen traumlosen Schlaf erwacht und hätten sich noch nicht an diesen fremdartigen Ort gewöhnt und wüssten nicht, wie sie überhaupt hergekommen waren. Konturenlose Gestalten in Kleidern, unter denen sich ihre mageren Körper abzeichneten. Sie stellten sich in einer Reihe an und warteten darauf, dass er das Wort ergriff. Ihre Mäntel waren zu weit für ihre ausgemergelten Körper. Manche hatten Kopftücher umgebunden, andere trugen Strickmützen, einige auch Handschuhe. Es waren acht. Acht Frauen, die nur das taten, was man ihnen sagte. Zwei von ihnen waren schwanger. Eine bereits hochschwanger. Der blonde Junge und das Mädchen mit den dunklen Haaren standen am Ende der Reihe, neben ihnen der kleine Brisco. Evan hielt Brisco an der Hand, und der Kleine schob die viel zu große Mütze hoch, damit er etwas sehen konnte. Alle waren durchnässt, so wie alles hier. Der Rauch sammelte sich unter der Plane und hüllte sie ein wie eine Wolke.
    Er baute sich vor ihnen auf und warf die Zigarette weg. Dann zog er die Bibel aus der Hosentasche und schlug sie auf, an genau der gleichen Stelle, die er immer vorlas, bevor sie essen durften. Er bewegte den Zeigefinger über die dünnen Seiten und begann dann zu lesen.
    »Die Erde war verderbt vor Gott und mit Frevel erfüllt. Und Gott sah die Erde, und siehe, sie war verderbt; denn alles Fleisch hatte seinen Weg auf Erden verderbt. Da sprach Gott zu Noah, alles Fleisches Ende ist vor mich gekommen; denn die Erde ist durch sie mit Frevel erfüllt, und siehe, ich will sie samt der Erde vertilgen. Denn siehe, ich will eine Wasserflut über die Erde bringen, um alles Fleisch, das lebendigen Odem in sich hat, unter dem ganzen Himmel zu vertilgen; alles, was auf Erden ist, soll untergehen. Aber mit dir will ich meinen Bund aufrichten, und du sollst in die Arche gehen, du und deine Söhne und dein Weib und deiner Söhne Weiber mit dir. Und von allem, was da lebt, von allem Fleisch, sollst du je zwei in die Arche führen, dass sie mit dir am Leben bleiben, und zwar sollen es ein Männchen und ein Weibchen sein; aller Art Vögel und aller Art Vieh und von allem, was auf Erden kriecht, sollen je zwei von jeder Art zu dir kommen, damit sie am Leben bleiben.«
    Eine der Frauen hustete, und Aggie hielt inne. Suchte nach der Störerin. Dann las er weiter. »Und der Herr sprach zu Noah, geh in die Arche, du und dein ganzes Haus! Denn dich habe ich gerecht ersehen unter diesem Geschlecht. Nimm von allem reinen Vieh zu dir je sieben und sieben, das Männchen und sein Weibchen; von dem unreinen Vieh aber je ein Paar, das Männchen und sein Weibchen; auch von den Vögeln des Himmels je sieben und sieben, Männchen und Weibchen, um auf dem ganzen Erdboden Samen am Leben zu erhalten. Denn es sind nur noch sieben Tage, so will ich auf Erden regnen lassen vierzig Tage lang und alles Bestehende von dem Erdboden vertilgen. Und Noah machte alles, wie ihm der Herr gebot. Im sechshundertsten Lebensjahre Noahs, am siebzehnten Tage des zweiten Monats, an dem Tage brachen alle Quellen der großen Tiefe auf, und die Fenster des Himmels öffneten sich. Und es regnete auf die Erde vierzig Tage und vierzig Nächte lang.«
    Aggie machte eine Pause, schaute auf und nahm jede Einzelne von ihnen ins Visier, um sicherzugehen, dass sie zuhörten und den Mann ansahen, der zu ihnen sprach. Er wischte sich mit der Hand über den Mund, leckte sich die Lippen, schlug die Seite um und begann erneut.
    »Er vertilgte alles Bestehende auf dem Erdboden, vom Menschen an bis auf das Vieh, bis auf das Kriechende und

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