Nachhaltig investieren und gewinnen
mit jenen eines „guten Bürgers“ gleichzusetzen oder zumindest vergleichbar sind. Daher besteht für Unternehmen das Prinzip der unternehmerischen Bürgerpflichten, das im Englischen als Corporate Citizenship bezeichnet wird.
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Corporate Citizenship
Das Prinzip des Corporate Citizenship sieht Unternehmen als soziale Gebilde, die nur durch die Gesellschaft existieren können und denen die Gesellschaft auch Einschränkungen auferlegen kann. Es entsteht so etwas wie ein Vertrag zwischen Gesellschaft und Unternehmen, der die Erwartungen für das Verhalten des Unternehmens festlegt.
Das Meinungsbild über Unternehmen, und zwar vor allem von großen und weltweit tätigen Unternehmen, ist bei vielen Menschen eher negativ ausgeprägt. Es zeigt sich, dass etwa NGOs im Vergleich dazu offenbar einen Vertrauensvorschuss genießen. Einer zur Jahrtausendwende 1999 durchgeführten, weltweiten Umfrage zufolge sind rund 70 Prozent der Bevölkerung der Meinung, dass NGOs im Interesse der Gesellschaft handeln. Auch bei religiösen Organisationen ist das Bild positiv, hier glauben noch fast zwei Drittel an eine positive Wirkung. Unternehmen werden jedoch – wie übrigens auch Regierungen – nicht so gut beurteilt. Überspitzt formuliert sind den Menschen also sowohl Kapitalisten als auch Politiker eher suspekt. In beiden Fällen liegt das Vertrauen bei deutlich unter 50 Prozent.
Wie bereits gezeigt, haben Unternehmen Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und gegenüber ihren Stakeholdern. Sie nehmen diese auch in zunehmendem Maße wahr. Dasselbe Prinzip gilt aber auch für Investoren. Es kann nicht egal sein, woher die Verzinsung des Kapitals kommt und welche Aktivitäten damit finanziert werden.
Beispiel: Pensionsgelder und Waffenproduktion
Im Jahr 2007 wurde die Debatte über Investment ohne Verantwortung recht angeregt geführt. Und zwar wurde in den Niederlanden entdeckt, dass die Mehrzahl der Pensionskassen – darunter auch die Marktführer, die sich nachhaltigen Themen gegenüber sonst durchaus aufgeschlossen zeigen – auch in Rüstungsaktien investiert hatten, die etwa Landminen herstellen. Der Aufschrei in der Bevölkerung war groß, die Investments wurden beendet. Ähnliche Argumente und Kampagnen sind für viele Länder dieser Erde möglich. Auch gibt es viele weitere publizitätswirksame Themen, die sich neben Waffen eignen würden, wie etwa Kinderarbeit oder Tabak.
Investoren, Unternehmen und Stakeholder bilden quasi ein „Dreieck der wirtschaftlichen Verantwortung“. Verantwortungsvolle Investoren, verantwortungsvolle Unternehmen und alle Stakeholder beeinflussen einander gegenseitig. Investoren können einen aktiven Dialog (Engagement-Strategie) führen und Unternehmen von nachhaltigen Zielsetzungen überzeugen.
Andererseits ist es auch denkbar, dass Unternehmen von sich selbst aus beginnen, an ihrer CSR-Strategie zu arbeiten und diese an ihre Investoren zu kommunizieren. Prinzipiell gibt es unter den Investoren und Unternehmen also vier Parteien – die nachhaltig überzeugten Investoren und die traditionellen Investoren sowie die nachhaltig überzeugten Unternehmen und die Unternehmen, die konventionell wirtschaften. Nachhaltige Investoren können konventionelle Unternehmen überzeugen, nachhaltige Unternehmen traditionelle Investoren.
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Engagement
Engagement – das Wort wird englisch und nicht französisch ausgesprochen, sprich also „ingeetschment“ – bezeichnet den aktiven Dialog des Anlegers mit dem Unternehmen. Dieser kann über informelle Gespräche (Soft Engagement) oder formelle Kanäle in Form von Abstimmungen (Voting) bei Hauptversammlungen erfolgen. Was die bessere Erfolgschance hat, hängt von der spezifischen Situation ab. Wenn die Variante des „Soft Engagements“ keine Früchte trägt, besteht die Möglichkeit, auf das Unternehmen publizitätswirksam durch Stimmrechtsausübung (Voting) bei der Hauptversammlung einzuwirken. Aktivismus ist eine auf Öffentlichkeitswirksamkeit ausgerichtete Art des Engagements und wird unter anderem gerne von NGOs angewendet.
Abbildung: Investoren, Unternehmen und Stakeholder
Die Stimmrechtsausübung (Voting) gewinnt insbesondere für institutionelle Investoren immer mehr an Bedeutung. Nach Festlegung sogenannter „Voting Policies“ – also von Richtlinien zum Abstimmungsverhalten – werden die mit den gehaltenen Aktien verbundenen Stimmrechte bei Hauptversammlungen genutzt, um die Unternehmen mit einer aktiven Aktionärspolitik
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