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Nachhilfe in Erster Liebe

Nachhilfe in Erster Liebe

Titel: Nachhilfe in Erster Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Massoth
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ich traurig. Aber vielleicht kann ich mich wirklich nicht darüber beschweren, sondern das fällt jetzt unter »ausgleichende Gerechtigkeit«.
    Denn ich wollte Patricia ja auch schon mal loswerden. Damals, als Jan bei mir war und sie es nicht wissen durfte. Damals fand ich es blöd, dass er es geheim halten will. Jetzt
wissen es alle und ich finde es noch viel blöder. Damals lag Jan bei mir unterm Bett, als Patricia da war. Jetzt suche ich selbst ein Bett, wo ich unterkriechen kann. Damals bin ich Patricia losgeworden, weil ich ihr vorgelogen habe, ich müsste zu meiner Oma. Jetzt will sie mich loswerden und …
    Moment mal: Vielleicht sollte ich wirklich zu meiner Oma gehen? Jetzt gleich und vor allem auch heute Nacht. Wenn es eine Rettung für mein Übernachtungsproblem gibt, kann es nur meine Oma lösen, bin ich auf einmal überzeugt und verabschiede mich so schnell und so lächelnd von Patricia, dass sie jetzt wirklich nur noch glauben kann, sie sei mir egal und ich hätte sie fallen gelassen. Aber gerade eben ist mir das auch egal, weil ich keine Zeit zu verlieren habe und hoffe, meine Oma ist heute überhaupt zu Hause und nicht mit ihren Freundinnen beim Einkaufsbummel, mit ihren Freundinnen im Café, mit ihren Freundinnen wandern, mit ihren Freundinnen auf einem Busausflug, mit ihren Freundinnen in der Sauna, mit ihren Freundinnen im Schwimmbad oder sonst wo mit ihren Freundinnen.
    Als ich auf dem Weg zu meiner Oma so nachdenke, finde ich es total ungerecht, dass sie so viele Freundinnen hat und ich nicht. Dabei bin ich doch dreizehn und meine Oma ist schon über siebzig. Ich hoffe, bei mir dauert es nicht so lange, bis ich auch wieder Freundinnen habe.
     
    Jedenfalls meint es das Schicksal heute doch noch gut mit mir. Wahrscheinlich denkt es sich, wer schon keine Freundinnen und keinen Freund hat, der braucht wenigstens eine Oma als Freundin.

    »Grüß dich, Katja, das ist aber eine Überraschung, dass du mich besuchst.«
    Oh ja, liebe Oma, und die Überraschung wird gleich noch viel größer, wenn du hörst, warum ich dich besuche und für wie lange ich heute bleiben will. Das denke ich mir aber lieber nur und sage es nicht.
    Auf dem Weg zu ihr habe ich auch darüber nachgedacht, ob es besser ist, ich erzähle ihr die ganze Wahrheit, oder eine halbe Wahrheit, oder eine halbe Lüge, oder vielleicht sogar eine ganze Lüge. Da gibt’s nämlich enorme Unterschiede.
    Die ganze Wahrheit wäre, ihr zu erzählen, was alles war, mit Jan, mit Patrick, mit dem Konzert, mit dem Verbot meiner Eltern, mit Patricia und mit meiner Bitte, bei ihr übernachten zu können, ohne meinen Eltern zu verraten, was ich an dem Abend tue und warum ich so spät bei ihr auftauche.
    Die halbe Wahrheit wäre, ihr zwar das verbotene Konzert zu beichten, nicht aber den Rest mit Patricia und warum ich jemand zum Übernachten brauche.
    Die halbe Lüge wäre ein bisschen schlimmer. Ich würde ihr zwar meinen Krach mit Patricia erzählen, aber nicht dass ich vorher zu einem Konzert mit meinem Gitarrenlehrer gehen möchte, sondern nur, dass ich aus welchen Gründen auch immer, die ich mir noch ausdenken müsste, erst gegen elf Uhr bei ihr auftauchen würde.
    Die ganze Lüge wäre eigentlich mehr ein völliges Verschweigen. Ich würde sie einfach nur fragen, ob ich bei ihr übernachten könnte, ohne dass sie wiederum Fragen stellt, warum und weshalb ich erst spät am Abend zu ihr kommen würde.

    Das macht meine Oma ganz sicher nicht mit. Aber ob sie mitmachen würde, wenn ich ihr die ganze Wahrheit beichte, bezweifle ich noch mehr.
    Während sie in der Küche was zu trinken holt, überlege ich auf ihrem Sofa im Wohnzimmer, dass ein Mittelweg am besten wäre. Dann ist es für mich nicht so schlimm, weil ich nur ein bisschen lügen muss, und für meine Oma ist es nicht so schlimm, weil sie meine Mutter, also ihre Tochter, auch nur ein bisschen belügen muss. Aber welche Hälfte soll ich nehmen, die halbe Wahrheit oder die halbe Lüge?
    Dann kommt meine Oma herein und stellt vor mir ein Tablett auf dem Sofatisch ab mit heißem Kakao und selbst gebackenem und noch warmem Marmorkuchen. Das riecht so gut.
    »Der Marmorkuchen ist leider nur aufgebacken, aber er verdrängt trotzdem, was dir im Magen liegt. Und wenn der Kakao dann noch den Stein von deinem Herzen gespült hat, geht es dir hoffentlich wieder besser, meine kleine Katja«, lächelt mich meine Oma an.
    Und dann muss ich überhaupt nicht mehr überlegen, welche Hälfte ich ihr erzähle,

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