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Chronical hatte in einem Artikel das Geheimnis gelüftet, jedoch zugeben müssen, dass die bescheidene Kneipe, in der er heute wirkte, absolut nichts von dem Glanz des Imperator besaß. Jonathan hatte diesen Artikel im Übrigen dafür genutzt, die Dinge auf den Punkt zu bringen: Ja, sein neues Restaurant servierte nur einfache Gerichte zu erschwinglichen Preisen. Nein, er würde nie mehr irgendein Rezept kreieren, seine Inspiration war nicht zurückgekehrt. Nein, er würde nie mehr auch nur die bescheidenste kulinarische Auszeichnung anstreben. So waren die Dinge zumindest klargestellt, und der Artikel hatte den Vorteil gehabt, die Sterneköche zu beruhigen, die angesichts einer möglichen Rückkehr von Lempereur leicht beunruhigt gewesen waren.
»Papa, darf ich die kleinen Wasabi-Erbsen probieren?«, bettelte Charly, der voller Neugier den Stand eines alten Asiaten betrachtete, der auch Entenzungen und Schildkrötensuppe anbot.
»Nein, kleiner Mann. Die würdest du nicht mögen, sie sind sehr scharf!«
»Ach bitte, bitte! Die sehen so gut aus!«
Jonathan zuckte mit den Schultern. Warum brachte uns die menschliche Natur bereits in jungen Jahren dazu, nicht auf qualifizierte Ratschläge zu hören?
»Mach, wie du meinst.«
Er zog erneut an seiner Zigarette und kniff die Augen gegen die Sonne zusammen. Zahlreiche Menschen nutzten das schöne Wetter, um mit dem Motorroller, dem Fahrrad oder zu Fuß am Ufer entlangzufahren oder spazieren zu gehen. In der Ferne glitzerte das Meer, und am intensiv blauen Himmel kreisten gierige Möwen, allzeit bereit, sich auf Nahrung zu stürzen.
Nach der Enttäuschung mit dem Jerky hätte Charly vorsichtiger sein sollen, aber die schöne grüne Farbe der Erbsen flößte ihm Vertrauen ein. Furchtlos schob er sich daher eine Handvoll der scharfen Erbsen in den Mund, und …
»Igitt! Das brennt!«, rief er und spuckte sie eiligst wieder aus.
Unter dem amüsierten Blick des alten Japaners drehte sich der Junge zu seinem Vater um.
»Du hättest mich aber auch warnen können!«, warf er ihm vor, um die Peinlichkeit zu überspielen.
»Na komm, trinken wir eine Schokolade«, schlug Jonathan vor, drückte seine Zigarette aus und hob Charly wieder auf die Schultern.
Währenddessen in Paris …
Kurz nach neunzehn Uhr öffnete ein Kurierbote die Tür zum Jardin Extraordinaire . Trotz der vorgerückten Stunde waren noch Kunden im Laden, und Madeline gab sich alle erdenkliche Mühe, sie zufriedenzustellen.
Als der Bote seinen Helm abnahm, hatte er den Eindruck, in eine andere Zeit versetzt zu sein. Mit seinen bunten Blumen in den Farben des Herbstes, den verschiedenen Düften, der Schaukel und der alten Metallgießkanne erinnerte ihn das Pflanzenatelier auf seltsame Weise an den Garten des Landhauses seiner Großmutter, wo er als Kind oft die Ferien verbracht hatte. Von der unerwarteten Schönheit dieser Naturinsel überrascht, kam es ihm vor, als würde er seit Langem zum ersten Mal wieder richtig durchatmen können.
»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte Takumi.
»Federal Express«, antwortete er, plötzlich aus seinen Träumereien gerissen. »Ich soll hier ein Päckchen abholen.«
»Richtig, hier ist der Umschlag.«
Der Bote nahm den verstärkten Umschlag, den der Lehrling ihm reichte, entgegen.
»Danke, schönen Abend noch.«
Er trat hinaus auf die Straße und schwang sich auf sein Zweirad, startete und beschleunigte, um auf den Boulevard einzubiegen. Nachdem er bereits einige Dutzend Meter zurückgelegt hatte, bemerkte er im Rückspiegel eine Frau, die ihn rief. Er bremste und hielt am Randstein.
»Ich bin Madeline Greene«, erklärte sie, als sie ihn eingeholt hatte. »Ich habe im Internet das Formular für den Expressversand dieses Päckchens ausgefüllt, aber …«
»Möchten Sie den Auftrag stornieren?«
»Ja, und das Päckchen bitte zurückhaben.«
Ohne ihr Schwierigkeiten zu machen, gab der junge Mann Madeline den Umschlag zurück. Offenbar kam es häufig vor, dass Absender im letzten Moment ihre Meinung änderten.
Sie unterzeichnete eine Quittung und reichte ihm einen Zwanzig-Euro-Schein als Entschädigung.
Madeline lief zurück in ihren Laden und drückte das Smartphone an ihre Brust, wobei sie sich fragte, ob ihre Entscheidung richtig gewesen war. Ihr war klar, dass sie riskierte, Jonathan zu provozieren, indem sie sein Handy nicht zurückschickte. Wenn sie in den nächsten Tagen nichts mehr hörte, hätte sie noch genügend Zeit, es ihm
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