Nachrichten aus Mittelerde
emporwand, bis er im Schatten verschwand.
»Ihr habt das erste Tor passiert«, sagte Elemmakil. »Es war das Tor aus Holz. Dort ist der Weg. Wir müssen uns beeilen.«
Wie lange sie diesem tiefen Weg folgten, konnte Tuor nicht sagen, und als er nach vorn blickte, überkam ihn eine große Müdigkeit wie eine Wolke. Ein scharfer Wind pfiff die Felsen entlang, und er zog den Mantel dichter um seinen Leib. »Aus dem Verborgenen Königreich bläst ein kalter Wind!«, sagte er.
»Ja, in der Tat«, erwiderte Voronwe. »Einem Fremden mag es vorkommen, als habe der Stolz die Diener Turgons erbarmungslos gemacht. Dem Hungrigen und Erschöpften erscheint die Strecke zwischen den Sieben Toren unendlich lang.«
»Wären unsere Gesetze weniger streng, wären Arglist und Hass längst eingedrungen und hätten uns zugrunde gerichtet. Das weißt du wohl«, sagte Elemmakil, »aber wir sind nicht ohne Mitleid. Hier gibt es freilich keine Nahrung, und keinFremder darf zu einem Tor zurückkehren, das er bereits einmal passiert hat. Haltet also noch ein wenig aus, und am Zweiten Tor sollt ihr erquickt werden.«
»Es ist gut«, sagte Tuor und schritt vorwärts wie befohlen. Nach einer kleinen Weile wandte er sich um und sah, dass Elemmakil allein mit Voronwe folgte. »Wachen sind jetzt überflüssig«, sagte Elemmakil, die Frage erratend. »Aus der Orfalch gibt es kein Entkommen und keine Rückkehr, weder für Elben noch für Menschen.«
Also stiegen sie weiter den steilen Weg hinauf, manchmal über lange Treppen, dann wieder über gewundene Schrägen unter dem bedrohlichen Schatten der Klippe. Als sie ungefähr eine halbe Meile vom Hölzernen Tor entfernt waren, sah Tuor, dass der Weg durch eine große Mauer versperrt war, die quer durch die Schlucht verlief, flankiert von zwei gedrungenen steinernen Türmen. In der Mauer tat sich über dem Weg ein großer Torbogen auf, doch es schien, dass Steinmetze ihn mit einem einzigen gewaltigen Steinblock gesperrt hatten. Als sie näher kamen, erglänzte seine dunkle, polierte Oberfläche im Licht der weißen Lampe, die in der Mitte des Torbogens hing.
»Dieses ist das Zweite Tor«, sagte Elemmakil, »das Tor aus Stein.« Er ging darauf zu und schlug leicht dagegen. Es drehte sich um eine unsichtbare Angel, bis seine Schmalseite ihnen zugekehrt und der Weg nach beiden Seiten frei war. Sie schritten hindurch und gelangten in einen Hof, in dem zahlreiche graugekleidete und bewaffnete Wachen standen. Man sprach kein Wort, doch Elemmakil führte seine Schützlinge in eine Kammer unter dem Nordturm, wo man ihnen Speisen und Wein brachte und ihnen erlaubte, eine Weile auszuruhen.
»Die Kost mag Euch karg erscheinen«, sagte Elemmakil zu Tuor, »aber wenn sich bewahrheitet, was Ihr behauptet, werdet Ihr reichlich entschädigt werden.«
»Es ist ausreichend«, antwortete Tuor. »Kleinmütig wäre ein Herz, das nach mehr verlangte.« In der Tat erfrischten ihn die Speisen und der Trank der Noldor so sehr, dass er sich bald kräftig genug fühlte, um weiterzugehen.
Nach einer kleinen Weile kamen sie an eine Mauer, die noch höher und stärker war als die vorherigen, und darin befand sich das Dritte Tor, das Tor aus Bronze. Es war eine große, zweiflügelige Tür, behangen mit Schilden und Bronzetafeln, die mit vielen Figuren und seltsamen Zeichen geschmückt waren. Auf der Mauer standen oberhalb der Brüstung drei rechteckige Türme. Sie waren mit Kupfer überdacht und verkleidet, das durch einen Kunstgriff der Schmiede immer glänzend blieb und im Schein der roten Lampen, die wie Fackeln längs der Mauer aufgereiht waren, wie Feuer aufleuchtete. Erneut passierten sie schweigend das Tor und erblickten im dahinterliegenden Hof eine noch größere Anzahl von Wachen, deren Harnische wie düsteres Feuer aufglühten. Die Blätter ihrer Äxte waren rot. Der größte Teil der Männer, die dieses Tor bewachten, gehörte der Sippe der Sindar aus Nevrast an.
Jetzt kam die beschwerlichste Wegstrecke, denn in der Mitte der Orfalch war die Steigung am größten, und als sie aufstiegen, sah Tuor die gewaltigsten der Mauern sich hoch über ihm im Dunkel verlieren. So kamen sie schließlich an das Vierte Tor, das Tor aus Schmiedeeisen. Die Mauer stand hoch und schwarz und von keiner Lampe erhellt. Über ihr erhoben sich vier eiserne Türme, und zwischen den beiden inneren war eine aus Eisen geschmiedete große Adlerfigur angebracht, ein Bildnis des Königs Thorondor selbst, als habe er sich aus den höchsten
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