Nachrichten aus Mittelerde
böswillig, Dorlas, so zu sprechen und unseren Herrn zu beschämen, dessen Glieder durch einen bösen Zufall nicht ausführen können, was sein Herz verlangt. Gib acht, dass nicht durch irgendeine Wendung sich an dir das Gegenteil erweist! Und wie kann jemand behaupten, diese Pläne seien vergeblich, wenn sie niemals ausgeführt wurden? Du, sein Lehnsmann, hast sie immer für nichts geachtet. Ich sage dir: Glaurung kommt jetzt zu uns, wie er zuvor nach Nargothrond gekommen ist, weil unsere Taten uns verraten haben, wie Brandir es befürchtete. Aber weil dieses Elend nun näher rückt, werde ich, mit deiner Erlaubnis, Sohn Handirs, und mit Rücksicht auf Haleths Haus mit euch gehen.« Da sagte Turambar: »Drei sind genug! Euch beide nehme ich mit. Jedoch, Brandir, ich spotte deiner nicht. Sieh! Wir müssen in aller Eile aufbrechen, und unsere Aufgabe erfordert starke Glieder. Ich meine, dein Platz ist bei deinem Volk. Denn du bist klug und kannst Menschen gesund machen.« Aber diese Worte, obwohl freundlich gesprochen, verbitterten Brandir nur noch mehr, und er sagte zu Hunthor: »Gehe denn, aber nicht mit meiner Erlaubnis. Denn es liegt ein Schatten auf diesem Mann, und er wird euch zu einem bösen Ende führen.«
Jetzt hatte es Turambar mit dem Aufbruch sehr eilig; als er aber zu Níniel kam, um ihr Lebewohl zu sagen, klammerte sie sich an ihn und weinte bitterlich. »Geh nicht fort, Turambar, ich bitte dich«, sagte sie. »Fordere den Schatten nicht heraus, vor dem du geflohen bist. Nein, nein, fliehe weiter und nimm mich mit dir, weit weg von hier!«
»Níniel, Liebste«, sagt er, »wir können nicht weiterhin fliehen, du und ich. Wir sind in diesem Land umzingelt. Und selbst wenn ich fortginge und diese Menschen im Stich ließe,die uns geholfen haben, ich könnte dich doch nur in die häuserlose Wildnis führen, die deinen Tod und den unseres Kindes bedeuten würde. Hundert Meilen liegen zwischen uns und irgendeinem Land, das vom Schatten noch nicht erreicht wird. Doch fasse dir ein Herz, Níniel, denn ich sage dir: Weder werden du noch ich von diesem Drachen getötet werden, noch von irgendeinem anderen Feind aus dem Norden.« Da hörte Níniel zu weinen auf und verfiel in Schweigen, doch beim Abschiedskuss waren ihre Lippen kalt.
Dann gingen Turambar, Dorlas und Hunthor fort, und sie begaben sich eilig zum Nen Girith, und als sie dort anlangten, stand die Sonne tief im Westen, und die Schatten waren lang; die letzten beiden der Kundschafter erwarteten sie.
»Du kommst nicht zu früh, Herr«, sagten sie, »denn der Drache ist herangekommen und hatte, als wir fortgingen, den Rand der Teiglin-Schlucht schon erreicht und starrte voll Hass ins Wasser. Er bewegt sich bei Nacht vorwärts, und morgen vor Tagesanbruch können wir an einen Angriff denken.«
Turambar blickte über die Wasserfälle des Celebros, sah die Sonne sinken und von den Uferrändern des Flusses schwarze Rauchspiralen aufsteigen. »Es ist keine Zeit zu verlieren«, sagte er, »doch diese Nachrichten sind günstig. Ich fürchtete nämlich, er würde in der Gegend herumschnüffeln; wenn er nach Norden ziehen würde und zu den Stegen und zur alten Straße in die Niederungen käme, dann wären unsere Hoffnungen zunichte. Aber jetzt treiben ihn sein rasender Zorn und seine Boshaftigkeit Hals über Kopf vorwärts.« Doch als er diese Worte eben ausgesprochen hatte, wunderte er sich und wurde nachdenklich: Konnte es sein, dass ein so bösartiges und grausames Wesen die Teiglin-Stege ebenso mied, wie die Orks es taten? Haudh-en-Elleth! Lag nicht Finduilas noch immer zwischen ihm und seinem Schicksal?
Dann wandte er sich an seine Gefährten und sagte: »FolgendeAufgabe liegt vor uns: Wir müssen noch ein wenig warten, denn in diesem Fall zu früh zu handeln wäre ebenso schlimm wie zu spät zu handeln. Wenn es dämmert, müssen wir in aller Heimlichkeit zum Teiglin hinabkriechen. Aber nehmt euch in Acht! Glaurungs Ohren sind ebenso scharf wie seine Augen – und sie sind tödlich. Wenn wir den Fluss unbemerkt erreichen, müssen wir in die Schlucht hinunterklettern, den Fluss überqueren und so auf den Weg gelangen, den er einschlagen wird, wenn er weiterzieht.«
»Aber wie will er das bewerkstelligen?«, fragte Dorlas. »Er mag ja geschmeidig sein, aber er ist ein großer Drache, und wie soll er die eine Klippe hinunter und die andere wieder hinaufklettern, wenn doch der vordere Teil schon wieder hochklettern muss, während der hintere noch
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