Nachsuche
Gehässigkeit, dass Sie mich anlügen, nur damit Ihr Mann kein Alibi hat?«
Ottilia antwortet überraschend lahm.
»Eduard hat mir dort im Auto geschworen, mit dieser Frau sei es aus. Aber nichts hat sich geändert. Er war auch nachher nie zu Hause.«
»Klar, er hatte bereits eine andere«, sagt Noldi unverblümt. »Und trotzdem sind Sie jetzt plötzlich wieder ein Herz und eine Seele. Wie geht das? Können Sie mir das erklären.«
»Er hat mit ihr ebenfalls Schluss gemacht«, antwortet Ottilia triumphierend.
Noldi schießt einen blitzschnellen Blick auf Rüdisühli ab. Der Mann, denkt er, ist ein Meister der Verstellung.
Er hat sich auch ein Foto von Corinna verschafft. Das zückt er jetzt.
»Das ist Frau Pfähler«, sagt Rüdisühli sofort, »die Frau vom Garagisten. Die kenne ich. Die war es sicher nicht.«
»Nein«, sagt auch Ottilia, »die bestimmt nicht.«
»Damit ist noch lange nicht bewiesen, dass es nicht doch Sie beide gewesen sind«, stellt Noldi fest, erbost über das Theater, das die beiden mit ihm aufführen.
Nachdem sie gegangen sind, denkt er über das nach, was er da aus Versehen gesagt hat.
Sie können die Frau nicht erkennen, weil Sie nicht dort waren. Er dreht und wendet den dummen Satz in seinem Kopf, bis er zu dem Schluss kommt, er könnte ihn, rein hypothetisch, auch umdrehen. Vielleicht war Elsbeth Wehrli nicht dort. Sie hat gesagt, sie war zu dieser Zeit einkaufen, zeigte sogar einen Kassenzettel. Möglicherweise muss er da ansetzen. Die Sache hat nur einen Haken. Er sieht und sieht kein Motiv. Warum sollte die Frau ihre Chefin umbringen? Was gewinnt sie durch deren Tod? Soviel er gehört hat, gibt es kein Testament. Und auch sonst, was hätte ein solcher Mord für einen Sinn?
Er holt das Foto, das Berti mit ihren beiden Angestellten zeigt, heraus und legt es vor sich hin. Wer, denkt er plötzlich, ist eigentlich die vierte Person, die, welche das Foto gemacht hat? Sie gehört ebenfalls ins Bild.
Er greift zum Telefon und ruft im Frisco an. Diesmal meldet sich Mariola.
»Wir sollten uns einmal miteinander unterhalten«, eröffnet er ihr.
»Oh ja«, erwidert sie eifrig. »Wann wollen Sie?«
»Haben Sie heute Zeit?«, fragt Noldi.
»Ja«, antwortet sie. »Im Frisco ist nicht mehr viel los, seit Berti tot ist. Elsbeth und ich bedienen nur unsere Stammkunden, sozusagen in Eigenregie.«
»Können wir uns irgendwo treffen, wo wir ungestört sind?«, will er wissen. »Ich möchte nicht ins Frisco.«
»Verstehe«, sagt Mariola begeistert. »Sie wollen nicht, dass Elsbeth von unserem Gespräch erfährt.«
»So ungefähr«, gibt Noldi zu, und sie verabreden sich für vier in der Konditorei am Rathausplatz in Walenstadt.
»Dort«, sagt Mariola beglückt, »gibt es die beste Schwarzwälder Kirschtorte mit viel Kirsch.«
Sie erinnert ihn immer noch an ein einsames Eichhörnchen, obwohl sie vor ihrem riesigen Tortenstück sitzend durchaus glücklich wirkt.
»Was passiert jetzt eigentlich mit dem Geschäft?«, fragt Noldi.
Sie schluckt zuerst eine Gabel voll Torte hinunter und sagt dann: »Das weiß niemand. Elsbeth hat den Vorschlag gemacht, dass wir weiterarbeiten, bis einer kommt, der es uns verbietet. Jetzt muss man erst einmal nach Erben suchen. Ich habe sie gefragt, was, wenn Berti keine hat? Eben, hat Elsbeth gemeint, eben. Aber wissen kann man das nie. Falls nicht, könnten wir vielleicht den Laden übernehmen.«
»Und, wollen Sie?«, erkundigt sich Noldi.
»Ja, sehr gern. Er ist eine Goldgrube. Aber ich weiß nicht, ob wir das Geld für eine Übernahme zusammenbringen.«
»Hat Berti einmal etwas gesagt, dass sie Elsbeth Wehrli entlassen will?«
»Niemals«, antwortet Mariola mit Inbrunst. »Im Gegenteil. Die meisten älteren Kundinnen kommen zu Elsbeth. Und die lassen ordentlich Geld bei uns liegen.«
Noldi zückt endlich den Schnappschuss von den Dreien und legt ihn vor sie hin.
»Wissen Sie, wer das gemacht hat?«, fragt er hoffnungsvoll.
»Ja, das ist eine Kundin von mir. Sie hatte sich gerade ein neues Handy mit Fotoapparat gekauft, und als sie zum Haareschneiden kam, hat sie es gleich ausprobiert.«
Sie hält das Bild vor sich hin.
»Gar nicht schlecht, nicht wahr? Sie hat es zu Hause ausgedruckt und zu ihrem nächsten Termin jeder von uns eine Kopie mitgebracht.«
»Glauben Sie, Berti hatte etwas mit Herrn Wehrli?«
»Mit dem? Nein, niemals.«
»Wieso sind Sie da so sicher?«
Mariola wird rot.
»Haben Sie etwas mit ihm?«, fragt Noldi
Weitere Kostenlose Bücher