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Nachsuche

Nachsuche

Titel: Nachsuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kuhn Kuhn
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unschuldig.
    »Nein. Der Wehrli ist seiner Frau treu. Und sie ihm. Die Zwei halten zusammen. Aber sie haben es schwer.«
    »Inwiefern?«, will Noldi wissen.
    »Er ist zuckerkrank. Und ein Spieler, glaube ich«, sagt sie ein wenig atemlos. Um dann gleich zu beteuern, aber so genau wisse sie es nicht. Elsbeth sei sehr verschlossen. Wie Berti. Die sei auch so gewesen, eine echte Auster. In der Hinsicht seien die beiden einander sehr ähnlich, Berti und Elsbeth. Über ihre Vergangenheit habe man nie etwas erfahren und auch über ihr Privatleben nicht. Das Einzige war, dass Berti gerne über Männer herzog. Aber das sei mehr Gerede gewesen, glaube sie, Mariola. In Weesen zumindest habe man sie nie mit einem Mann gesehen und auch nichts gehört. Und Weesen sei ein sehr kleiner Ort. Da erfahre jeder alles.

    Nachdem er sich von Mariola verabschiedet hat, ruft er Elsbeth an, unterbricht aber die Verbindung noch vor dem ersten Freizeichen. Was nützt es, ihr einen Schuss vor den Bug zu knallen, wenn er dabei ihre Reaktion nicht beobachten kann. Da er schon in der Gegend ist, kann er sie ebenso gut zu Hause überraschen. Er hat so einiges im Hinterkopf, warum ihm diese Idee vielversprechend erscheint.
    Elsbeth Wehrli lebt mit ihrem Mann im zweiten Stock eines ganz gewöhnlichen Wohnblocks ohne Lift, der weder alt noch neu, weder besonders gepflegt noch vernachlässigt wirkt.
    Sie lädt ihn sofort zum Tee ein. Wenn sie sich über seinen Überraschungsbesuch wundert, lässt sie es sich nicht anmerken. Freundlich führt sie ihn durch das enge Vorzimmer in die Stube, die mit französischen Stilmöbeln eingerichtet ist. Alles wirkt sauber, zu zierlich für Noldis Geschmack, aber gemütlich.
    »Ich habe nie in meinem Leben ein eigenes Haus haben wollen«, beginnt Elsbeth Wehrli gleich, als müsse sie sich entschuldigen. »Das bringt nur Verpflichtungen, und ich muss frei sein, frei wie ein Vogel. Wenn mein Mann am Wochenende kommt, fahren wir sofort los, irgendwohin, ins Tessin, nach Italien. Wandern und Natur, das ist uns wichtig. Aber nicht Besitz, an den man gebunden ist.«
    Noldi nickt und schlürft den heißen Tee. Die Schokoschnitten, die sie auftischt, sind alt.
    »Frau Wehrli«, fragt er dann und sorgt dafür, dass er ihre Augen sieht, »was haben Sie an Bertis Todestag bei ihr gemacht?«
    »Nichts«, sagt sie. Sie schaut ihn dabei ohne mit einer Wimper zu zucken an.
    »Man hat Sie gesehen.«
    Jetzt ruckt ihr Kopf, aber das ist auch die einzige Reaktion.
    Er wartet.
    Erst nach einiger Zeit zieht sie die Schultern hoch und sagt: »Also gut. Ich war dort. Sie hatte im Laden die Unterlagen für die Geschäftserweiterung vergessen. Die wollte ich ihr bringen.«
    »Und?«
    »Nichts und«, sagt sie ärgerlich. »Ich habe geläutet, sie ihr gegeben und bin wieder gegangen. Das ist schon alles.«
    »Und warum haben Sie das verschwiegen?«
    Jetzt mustert sie ihn lange.
    »Ich habe mich geschämt.«
    »Ich verstehe nicht.«
    »Ja, ich weiß. Aber es war so peinlich.«
    »Das müssen Sie mir erklären.«
    »Ich habe geläutet«, beginnt sie mit einem Seufzer, »Berti hat schon, als ich unten vor der Haustüre gestanden bin, durch die Gegensprechanlage erklärt, sie hätte keine Zeit. Ich habe gesagt, ich bringe nur die Unterlagen. Da hat sie geöffnet, ich bin mit dem Lift hinauf. Sie stand schon in der offenen Wohnungstür mit nichts an als einem Negligé. Gib her, hat sie gesagt, und schau nicht so blöd. Ich habe ihr das Zeug gegeben und bin gegangen.«
    Klar, denkt Noldi, sie hat auf einen Mann gewartet. Auf Kevin? Dann ist doch er der Mörder.
    Elsbeth Wehrli sieht ihn an, bedrückt, wie ihm scheint.
    »Es tut mir leid«, sagt sie.
    Bevor Noldi sich verabschiedet, fragt er, ob er das Badezimmer benützen dürfe.
    »Selbstverständlich«, antwortet Elsbeth und weist ihm den Weg.
    Zu Noldis großer Enttäuschung handelt es sich um ein winziges Gäste-WC mit Waschbecken. Also kein Grund, zum Händewaschen das Badezimmer aufzusuchen, und keine Haarbürste, aus der man ein paar Haare hätte zupfen können. Ärgerlich trödelt Noldi im Vorzimmer herum, aber auch hier hängt kein Kleidungsstück am Haken, von dem er irgendwelche Haare hätte einsammeln können. Schließlich kehrt er in die Stube zurück, überlegt fieberhaft, was er unauffällig mitnehmen könnte für eine DNA-Analyse. Obwohl, wenn er ehrlich ist, weiß er nicht einmal, was er sich davon verspricht. Dass Elsbeth in Bertis Wohnung war, weiß er. Lieber hätte er das

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