Nachsuche
einluden.
Oben auf dem Wissen angelangt, bestellte Noldi Bier für die Männer und Süßmost für Frauen und Kinder, dazu Bratwürste und Cervelat. Pauli wollte ein Schnitzelbrot. Dann gingen Meret und Betti an den Stand, holten Kaffee, die Kinder schleppten Kuchenteller. Noldi genoss sein Bier. Er wusste, es würde an diesem Abend das einzige bleiben. Für das Feuerwerk brauchte er einen klaren Kopf.
Dann waren die Ansprache zum 1. August und das Absingen des Schweizer Psalms vorbei, Würste, Schnitzel und Kuchen verspeist. Alle warteten, dass es dunkel würde, um das Feuer anzuzünden und die Raketen abzulassen. Der riesige Holzstoß türmte sich in gebührendem Abstand zu Wald und Festplatz. Die kleinen Kinder schwirrten schreiend wie Schwalben über die Wiese. Die Größeren durften die ersten Schwärmer abbrennen, während die Erwachsenen in Gruppen beisammen standen und redeten. Sie hielten Ausschau nach dem Kinderumzug. Die Schüler von Langenhard brachten jedes Jahr in Lampions das Feuer, mit dem dann der Holzstoß entzündet würde.
Endlich dunkelte der Himmel ein. Meret kam auf die Wiese. Sie legte von hinten die Arme um ihren Mann und lehnte ihren Kopf an seinen Rücken. In jäh aufschießendem Glücksgefühl nahm er sie am Handgelenk und zog sie mit einem Ruck nach vor. Er gab ihr einen Kuss, der vor Rührung beinahe grob ausfiel. Meret quietschte leise, was ihn noch glücklicher machte. Da blitzten unten auf der Straße die ersten Lichter auf.
»Sie kommen, sie kommen!«, rief Pauli begeistert.
»Jetzt«, flüsterte Noldi, seiner Frau ins Ohr, »lass’ ich für dich die Raketen knallen.«
Er schaute über die Hochebene, die Täler. Da und dort brannten schon die ersten Feuer. Er atmete tief durch und konzentrierte sich ganz auf das Feuerwerk, das er jetzt gleich in den tiefblauen Himmel jagen würde.
Das Handy schreckt Noldi aus seinen seligen Erinnerungen. Er kehrt in die Realität zurück, zu den Feuerwerkern und der Explosion, die es da gegeben hat. Am Telefon ist ein Kollege, der sagt, Beer habe ihn aufgeboten. Er sei schon unterwegs. Noldi fragt, ob er auf der Tössbrücke warten solle, um ihn einzuweisen, doch der andere lehnt ab. Das komme gar nicht infrage, sagt er, in spätestens zehn Minuten sei er da.
Noldi flucht noch einmal über die Unterbrechung und die Feuerwerker. Aber in dem Moment, als er endlich wieder ins Auto steigen kann, hat er das alles bereits vergessen. Sein einziger Gedanke gilt der Frage, wie er mit Rüdisühli weiter verfahren soll, nachdem der Mann Zeit gehabt hat, sich alles Mögliche zurechtzulegen. Er überlegt hin und her und entschließt sich dann, erst mit der Freundin zu reden. Vielleicht, denkt er, liefert sie ihm aus Versehen irgendetwas, das er gegen Rüdisühli verwenden kann. Er holt sein Handy heraus und bestellt Ilse Biber für den nächsten Tag auf seinen Polizeiposten. Zur Befragung, wie er sagt. Das klingt so schön amtlich.
Während sie von Wila nach Turbenthal fährt, überlegt Ilse Biber ihrerseits, wie sie sich bei dieser Befragung verhalten soll. Sie ist fest entschlossen, ihren Geliebten mit Zähnen und Krallen zu verteidigen. Er ist das Einzige, was sie hat.
Nach dem Gespräch mit Noldi auf dem Revier hat Rüdisühli sie sofort angerufen, gesagt: »Der Polizist weiß von dir. Rede ja keinen Unsinn.«
Das hat sie ihm hoch und heilig versprochen. Sie fühlt sich auf seltsame Art beschwingt, weil ihre Beziehung damit sozusagen amtlich ist. Vorsichtshalber tritt sie diesmal bescheiden auf.
Noldi erklärt ihr als Erstes, dass die Zeit für windige Sprüche und Halbwahrheiten vorüber sei. Rüdisühli habe das Verhältnis mit ihr zugegeben.
»Sie haben Berti den Mann ausgespannt«, sagt er. »Sie könnten sie auch umgebracht haben, Sie als Krankenschwester.«
Da fährt Ilse Biber auf:»Jetzt machen Sie aber einen Punkt. Das habe ich bei Gott nicht notwendig, eine zu vergiften, um an ihren Mann zu kommen. Wie eine heiße Kartoffel hat der sie fallen lassen, als wir uns kennengelernt haben. Dort im Lift von Bertis Haus. Es war der reine Zufall«, sagt sie, »Werner ist gerade gegangen und ich wollte Berti zum Abendessen einladen.«
Sie schaut Noldi dabei so aufdringlich in die Augen, dass er diesen Punkt als Lüge vermerkt.
»Wie ich in den Lift steigen will, kommt Werner heraus.«
»Werner?«, fragt Noldi verständnislos.
»Ja, Werner Berger, mein Freund«, sagt Ilse. »Damals war er noch mit Berti zusammen. Aber nicht mehr
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