Nachsuche
sinniert er über Kläuis Auto, den Unfall und den Traktor im Wald nach.
Gibt es einen Zusammenhang? Egal, was der Kollege in Sissach dazu meint. Aber wie kann er das herausfinden?
Er sagt sich, es wäre an der Zeit, sich um die Fingerabdrücke zu kümmern. Zwar glaubt er nicht, dass er in den Dateien der Polizei viele Treffer finden wird. Die Leute, denkt er, mit denen er es zu tun hat, sind vermutlich alle unbescholten. Der Mord an Berti ist kein Delikt, bei dem man nur die Verbrecherkartei öffnen und sich seine Kunden herauspflücken kann.
Er kurvt auf den Parkplatz und fährt mit dem Lift in den zweiten Stock zu Kläuis Kanzlei.
Dort hält Vreni Narayan immer noch einsam die Stellung.
Sie lächelt, als er bei der Tür hereinkommt.
»Herr Oberholzer«, sagt sie, »schön Sie zu sehen.«
Auf ihrem Tisch liegen Stöße von Akten.
Noldi fragt, wie es ihr geht, dann kommt er ohne weitere Umschweife zur Sache.
»Sagen Sie, Sie kennen sicher die meisten von Kläuis Klienten?«
»Was heißt die meisten, alle«, verbessert sie stolz.
»Gut«, freut sich Noldi.
»Wieso?«
»Also«, beginnt Noldi. »Möglicherweise hat Ihr Chef ein Alibi, aber um das zu bestätigen, muss ich einen bestimmten Klienten finden. Einen, der so vermögend ist, dass er größere Summen an gemeinnützige Institutionen spendet. Können Sie mir eine Liste von solchen Leuten zusammenstellen?«
Vreni Narayan schaut ihn misstrauisch an.
»Ich weiß nicht«, sagt sie.
»Es geht noch einfacher«, fährt Noldi ungerührt fort, »wenn Sie mir sagen, in wessen Auftrag Kläui den Galerieverein kontaktiert hat.«
»Das kann ich nicht.«
»Schade«, seufzt Noldi, »dann bleibt es bei der Liste.«
»Aber«, sagt Vreni Narayan. »Ich weiß nicht, ob ich dazu befugt bin. Das müsste schon Herr Kläui genehmigen.«
»Begreifen Sie endlich, ich bin nicht vom Finanzamt. Ich ermittle in einem Mordfall. Ihr Chef ist einer der Verdächtigen. Und ich bemühe mich redlich, ihn zu entlasten.«
»Sie glauben wirklich immer noch, dass er etwas mit Berti Walters Tod zu tun hat?«
»Ich glaube gar nichts«, gibt Noldi mürrisch zurück.
Langsam geht ihm diese Dame mit ihrer Sturheit auf die Nerven.
»Mein Job ist es, Tatsachen festzuhalten und nicht irgendetwas zu glauben. Entweder Kläui war es oder er war es nicht. Eines von beiden muss ich hieb- und stichfest beweisen können. Und wenn Sie so mauern, wird die Sache für mich nicht einfacher.
Oder wollen Sie nicht, dass sich die Unschuld Ihres Chefs herausstellt?«, fragt er grob.
Sie zögert immer noch.
»Wissen Sie, hier ist jetzt alles so ungewiss. Ich weiß nicht, was aus mir werden soll«, sagt sie und bringt ihm einen Kaffee.
Noldi nimmt Zucker und Milch, während sie sich an den Computer setzt. Er hört sie heftig auf die Tasten hämmern. Noch bevor er ausgetrunken hat, kommt sie mit einer Liste von rund zehn Namen zurück. Noldi überfliegt sie, während Vreni Narayan sich ebenfalls einen Kaffee einschenkt. Sie rührt wild in der Tasse, obwohl sie keinen Zucker genommen hat.
Die Namen sagen Noldi nicht viel, den einen oder anderen hat er in der Zeitung gelesen, zwei von den Leuten ist er schon einmal begegnet.
»Kennen Sie die Herrschaften?«, fragt er neugierig.
Sie schüttelt den Kopf, doch er glaubt ihr nicht so recht.
»Und wenn ich Sie frage, bei wem ich beginnen soll?«
Sie schüttelt nur wieder den Kopf.
»Na schön«, sagt Noldi, »dann eine andere Frage.«
»Hat Kläui Klienten in Weesen?«
»Wozu wollen Sie das wissen?«
»Jemand meint, ihn am Tag von Berti Walters Tod mit ihr dort gesehen zu haben.«
»Nein«, sagt sie schließlich, »ich weiß von keinem Klienten dort. Aber er kann im Auftrag von jemand anderem hingefahren sein und diese Berti zufällig getroffen haben.«
»Dann müsste etwas im Terminkalender stehen«, folgert Noldi.
Vreni Narayan sagt: »In unserer Agenda steht nichts, ich habe schon nachgeschaut. Aber das bedeutet nicht viel. Herr Kläui hat noch eine private Agenda.«
»Die habe ich, dort steht auch nichts. Aber vielleicht gibt es Schriftstücke, die am 10.11. verfasst wurden.«
Sie zögert.
Noldi beobachtet sie. Da hat er eine Eingebung.
»Seien Sie sicher«, sagt er, »Kläui ist das jetzt völlig egal.«
»Aber die Familie.«
»Das wiederum kann Ihnen egal sein.«
Mit dem Foto von Göpf Kläui fährt Noldi nach Weesen zu Hanna Egloff. Sie betrachtet es lange, dann wiegt sie den Kopf und die silbergrauen Löckchen, die sie sich im
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