Nacht der Begierde (Geraldine Guthrie) (German Edition)
gebracht hat, der dann in ihrem Traum aufgetaucht war und später beim seltsamen Überfall ebenfalls dabei war.
Maria hörte aufmerksam zu. "Aber den Mann hat die Polizei bisher nicht gefunden?"
"Ich habe nichts gehört. Der Inspector war ja auch erst heute Nachmittag bei mir, aber wenn er was wusste, hat er es mir nicht gesagt."
"Wenn du mich fragst, dann hast du ein großes Geschenk erhalten. Egal woher es kommt, es kann nur ein Segen sein." Maria lächelte sie warmherzig an.
"Ich weiß nicht. Eigentlich habe ich mich schon mein ganzes Leben lang fremd gefühlt. Die meisten Männer akzeptieren doch gar keine intelligenten Frauen. Selbst wenn man studiert hat, erwarten sie, dass man sich ihnen letzten Endes unterordnet."
"Es gibt schon andere Männer."
"Ja. Tom liebt es, mit mir zu diskutieren. Aber auch er hat mich bewacht, als sei ich etwas zerbrechliches." Sie schwieg nachdenklich. Dann sagte sie: "Weißt du, was mich auch irgendwie ärgert? Dass es ein Mann war, der mich gefunden hat. Ich weiß, dass er wahrscheinlich nur das Notwendige getan hat. Aber irgendwie stört es mich trotzdem. Es war schon wieder ein Mann, der mich gerettet hat."
Maria seufzte. "Nun, nachdem du nach dem Tod eurer Eltern im Prinzip die Vaterrolle für Jaclyn eingenommen hast, ist das Gefühl ganz verständlich. Du hast einfach etwas Männliches an dir. Vielleicht fühlst du das als Konkurrenz. Unbewusst, meine ich."
Geraldine nickte, allerdings mehr, um ein Zeichen zu geben, dass sie zugehört hatte. Nein, dachte sie, so einfach ist das alles nicht. Ihr Leben hatte sich durch den Tod ihrer Eltern mit einem Schlag in ein großes Geheimnis verwandelt. Und sie hatte das Gefühl, dass es jetzt ein zweites Mal passierte.
Später kam Paulo dazu. Geraldine verstand sofort, warum Maria ihn geheiratet hatte. Er war zwar nicht besonders hübsch (ganz anders als Marc), aber er war intelligent und humorvoll. Da es spät war, brach Geraldine bald auf. In ihrem Magen hatte sich seit einer Stunde ein Grummeln aufgebaut, ein ganz starkes Gefühl, dass diese Nacht noch lange nicht alles preisgegeben hatte; und wenn Geraldine genauer in sich hineinspürte, empfand sie dieses Chaos als ein Echo auf die Empfindungen, die sie kurz vor dem Überfall gehabt hatte. Trauer. Wut. Hunger. Angst und Freude.
Sie verließ die beiden, stieg in ihren grünen Smart und fuhr nach Hause.
Geraldine fühlte sich noch unruhiger, als sie vor dem Haus, in dem sie ihre Wohnung gemietet hatte, ankam. Ihr fröstelte. Zwar hatte sie ihre widersprüchlichen Gefühle während der Fahrt ganz gut im Griff bekommen, aber sie waren trotzdem stärker geworden. Wut. Trauer. Warum? Weswegen? Sie war doch sonst nie so emotional gewesen.
Sie öffnete die Fahrertür und stieg in die kälter werdende Nachtluft. Ein kalter Schauer lief über ihren Rücken und alarmierte sie. Die Straße war gut beleuchtet. Trotzdem empfand dies Geraldine mittlerweile als Nachteil. Ohne Licht konnte sie einfach besser sehen. Als sie sich jetzt herumdrehte, spürte sie die Anwesenheit des Mannes mehr, als dass sie ihn sah. Er stand dicht bei der Haustür, eine hohe, schwarze Gestalt, die entweder eine Kapuze trug oder langes Haar hatte. Das fahle Gesicht schimmerte durch die Laterne und war doch nicht richtig greifbar.
Fast automatisch griff Geraldine nach ihren Jagdmesser. Das war ein weiterer Vorteil, wenn man als Wildhüter arbeitete. Man durfte solche Messer überallhin mitnehmen und sie hatte es auch so an den Körper angebracht, dass es sie weder störten, noch schwer zu erreichen waren. Im Zweifelsfall hätte sie sich sogar gegen einen Puma verteidigen können, auch wenn sie dem unterlegen gewesen wäre. Jetzt glitt ihr der Knauf wie von selbst in die Hand. Schockiert stellte sie fest, dass der Körper sich gar nicht auf Kampf einstellte, sondern auf Sex. Ihre Brustwarzen waren hart geworden und sie fühlte eine dumpfe Leere zwischen ihren Beinen, die gefüllt werden wollte.
So bin ich doch sonst nie! dachte sie und blieb stehen.
Der unbekannte Mann bewegte sich nicht. Aber er schien zu ihr hinüberzuschauen.
Geraldine wollte gerade weitergehen und auf den Mann zu, als sich dieser ihr plötzlich näherte. Doch es war kein gemütlicher Gang, und auch kein Spurt. Von einem Moment auf den anderen hatte er eine Geschwindigkeit erreicht, die Geraldine vor einer Woche noch gar nicht wahrgenommen hätte. Doch jetzt sah sie den Unbekannten auf sich zufliegen. Sie hob das Messer kampfbereit und
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