Nacht der Begierde (Geraldine Guthrie) (German Edition)
Wesen, dessen Natur sie nicht einordnen konnte. Und natürlich hatten sie schon wesentlich länger Kenntnis von den ganzen Kreaturen, die unerkannt zwischen den Menschen lebten. Sie konnten den Witz der Situation einfach nicht nachvollziehen.
Schließlich aber beherrschte sie sich, versuchte, den Männern nicht auf ihr Geschlecht zu starren und die Situation ernst einzuschätzen.
"Ist sie das?", fragte der dritte Mann, den, den Geraldine noch nicht kannte. Er war sehr groß und wesentlich muskulöser als Iaron. Seine Haut war dunkler und im Gegensatz zu Iaron, der am Körper fast haarlos war, wuchs auf seiner Brust eine dichte, schwarze Behaarung. Das Gesicht wurde durch ein breites Kinn und buschige Augenbrauen geprägt. Es war ein ebenmäßiges Gesicht, doch eine lange Narbe, die fast von der Nasenwurzel bis unterhalb des rechten Lippenwinkels verlief, verunstaltete es. Die Narbe spaltete ein Stück des Nasenflügels ab, nicht tief, aber doch so, dass Geraldine einen gewissen Schauder nicht unterdrücken konnte, zerteilte auch die Oberlippe und ein wenig auch die Unterlippe, wenn auch nur am Rand und endete in einem helleren Fleck Haut.
Urbano nickte.
Der fremde Mann sank herab und verwandelte sich wieder zu diesem Monster, als dass er das Zimmer betreten hatte.
Der Werwolf näherte sich ihr. Da sich Iaron und Urbano still verhielten, empfand Geraldine keine Angst, wenn auch einen gewissen Schauder. Das Wesen roch intensiv nach Tier; doch in den fast typischen Raubtiergeruch mischte sich ein Hauch Männlichkeit, der einen Moment lang zu einem heißen brodelnden Gefühl in ihrer Beckengegend führte.
Die Schnauze des Werwolfs berührte jetzt fast ihre Brust. Er zog Luft geräuschvoll ein, dann bewegte sich sein Kopf weiter nach unten, wanderte zu ihrer Hüfte, verharrte einen viel zu langen Bruchteil einer Sekunde genau vor ihrem Geschlecht (und sie war sich sicher, dass er es riechen konnte, auch durch die Hose hindurch) und senkte sich dann weiter, bis er ihre Füße erreicht hatte.
Im nächsten Moment wandelte er sich zurück und stand dicht vor ihr.
"Sie ist berührt. Sie ist unrein.", sagte er. Er blickte sie an, sprach aber nicht zu ihr.
"Sie wird es schaffen.", entgegnete Urbano.
"Vielleicht!"
Der Mann wandte sich um. "Wir werden sie mitnehmen und die Sache im Rat besprechen."
Geraldine fuhr zornig auf. "Natürlich nicht! Ich gehe nirgendwo hin, und ich lasse schon gar nicht über mich sprechen, als sei ich ein Ding. Ich möchte endlich Erklärungen haben."
Der Werwolf drehte sich zu ihr. "Aber du bist ein Ding. Du bist fast hinüber gewandert und gehörst so gut wie ihm. Du hast kein Recht mehr, eine Erklärung zu verlangen. Sieh dich doch an! Dein Zorn macht dich …", und die letzten Worte spuckte er deutlichem Ekel aus, "… völlig unweiblich."
Das war Geraldine eindeutig zu viel. "Du arroganter Wixer!"
Wer Geraldine kannte, wusste, dass sie sonst nie solche Wörter verwendete und sie hatte auch in ihrem ganzen Leben nur zweimal "Wixer" gesagt, einmal zu einem Jungen, der versucht hatte, sie sexuell zu belästigen und den sie in ihrer Wut durchgeprügelt hatte, und einmal zu einem Professor an der Universität, der behauptet hatte, Frauen seien eindeutig geistig eher schwach. Es sei biologisch bewiesen. Diesen Professor hatte sie später, zu ihrer großen Genugtuung, beinahe systematisch widerlegt und ihrer Arbeit war es dann auch zu verdanken, dass er nicht weiter beschäftigt wurde.
Sie bezeichnete sich nicht als Feministin. Aber Geraldine hatte ein ganz gesundes Selbstbewusstsein, zumindest, wenn es sich nicht um Liebhaber drehte. Und sie wusste, dass dieser Mann sicherlich nicht ein Liebhaber von ihr werden würde.
Der Mann drehte sich nun vollständig zu ihr. "Bitte?", fragte er in einem eisigen Ton.
"Du hast keine Ahnung. Du kennst mich nicht. Du kannst gar nicht beurteilen, was mit mir vorgeht. Du entscheidest nicht über mich."
"Dir werde ich …", brüllte der Mann. Er hob seine schwere Hand zum Schlag und lag im nächsten Moment auf dem Boden. Geraldine hatte blitzschnell zugegriffen und den einzigen Judo-Griff angewendet, den sie kannte. Sehr überraschend hatte es hervorragend funktioniert. Der Mann wirbelte durch die Luft und krachte auf den Teppich. Im nächsten Moment rammte sie ihr Knie gegen seine Brust.
Geraldine war vollkommen klar, dass sie eigentlich keine Chance hatte. Umso überraschter war sie, als sie nach seinem Hals griff und er mit einer Geste der
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