Nacht der Begierde (Geraldine Guthrie) (German Edition)
er überlebt, können seine natürlichen Heilungskräfte seine Chance erhöhen, weiter zu leben."
"Er ist nicht tot?", fragte Geraldine erstaunt. Sie dachte an den aufgerissenen Unterleib und die zahlreichen, tiefen Schnitte, die seinem Körper zerfetzt hatten.
Iaron schüttelte den Kopf. "Es ist ein Wunder, mit dem auch wir nicht gerechnet haben. Und es mag durchaus sein, dass deine Hilfe, so kurz und oberflächlich sie auch gewesen sein mag, ausschlaggebend gewesen ist."
Geraldine lehnte sich zurück. "Dazu kann ich nichts sagen. Ich habe nur das getan, was ich für vernünftig hielt. Und ich habe keinerlei Erfahrung mit Werwölfen und ihren Heilkräften."
"Wie auch immer. Es wird dir in Zukunft den Umgang mit dem Rudel, auch mit James, vereinfachen. James wird es nicht zeigen, aber natürlich wird er dankbar sein, wenn du eins seiner Mitglieder gerettet hast. Oder möglicherweise gerettet hast."
Sie kehrten daraufhin wieder zum bevorstehenden Kampf zurück. Iaron und Uracha rechneten damit, dass die Vampire trotzdem ins Haus eindringen würden. Uracha hatte für diesen Fall zusammen mit Mutter der Bären magische Sperren eingerichtet, die zwar den Angreifern nicht lange Widerstand entgegensetzen würden, aber das mussten sie auch nicht. Hauptsächlich sollten sie Zeit schinden. Die Gruppe der Verteidiger sollte sich in den Keller zurückziehen. Von dort aus führte ein schmaler Fluchtweg unterirdisch weiter und endete nach drei Meilen in einer kleinen Jagdhütte. Hatten sie es bis dorthin geschafft, müsste die Nacht vergangen sein und der anbrechende Tag die Feinde verscheuchen. Iaron hatte ausgerechnet, dass die Vampire mindestens eine Stunde vor Sonnenaufgang den Kampf verlassen mussten, wollten sie nicht im Licht zerglühen.
Kapitel 6
Geraldine betrat die Veranda. Die frühe Nachmittagssonne erhitzte die Luft. Die Wiese vor dem Haus wogte in einer leichten Brise hin und her. Vögel streiften über den freien Himmel.
Einen Moment lang fielen alle Sorgen von Geraldine ab. Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, dass dieses Idyll aufhören könnte. Alles schien so friedlich.
Im nächsten Augenblick jedoch durchfuhr sie ein Schreck. Sie hatte ganz vergessen, Jaclyn anzurufen, schon gestern den ganzen Tag und mittlerweile auch fast den ganzen Montag. Geraldine zog ihr Handy aus der Tasche und schaltete es ein. Durch ihre Arbeit im Wald, wo sie keine störenden Geräusche gebrauchen konnte, hatte sie sich nie angewöhnt, ihr Handy anzulassen. Und in den letzten Tagen war es ausgestellt gewesen. Jetzt zeigte es zahlreiche Anrufe, die Hälfte von ihrer kleineren Schwester.
Geraldine drückte die Kurzwahl. Jaclyn meldete sich sofort.
"Hi Jay!"
Einen Moment lang hörte die Tierärztin nur ein schweres Atmen am anderen Ende der Leitung, dann begann ihre Schwester zu schreien: "Wo in aller Welt hast du gesteckt? Und wo steckst du jetzt? Niemand hat etwas von dir gehört. Weißt du, was mit deiner Wohnung passiert ist? Weißt du, dass das halbe Haus zertrümmert ist und die Potters tot? Die Feuerwehrmannschaft hat den ganzen Morgen nach dir gesucht. Nach deiner Leiche!"
"Es tut mir furchtbar leid, Jay. Ich war die halbe Zeit auf der Flucht und bin wohl nur knapp dem Tod entkommen. Aber mir geht es gut."
Wieder schwieg ihre Schwester einen Atemzug lang, dann seufzte sie. "Sorry, Gerry. Ich wollte dich nicht anschreien. Aber ich habe mir ziemlich Sorgen gemacht. Die Polizei rief mich am Sonntag in aller Frühe an und teilte mir mit, dass deine Wohnung durch mehrere Explosionen total zerstört sei. Von dir würde jede Spur fehlen. Natürlich habe ich sofort bei Paul angerufen und dann bei Phil und Robert. Aber keiner von ihnen ist seitdem an sein Handy gegangen. Und wenn nicht etwas Triftiges vorliegen würde, hätten sie sicherlich geantwortet. Sind sie denn bei dir?"
Geraldine hatte sich auf diese Frage nicht vorbereitet. Einen Moment lang suchte sie nach einer möglichst unverfänglichen Lüge oder einer Ausrede. Aber es nutzte nichts. Früher oder später würde sie ihrer Schwester doch die Wahrheit erzählen müssen.
"Sie sind alle drei tot. Wir hatten es mit Gegnern zu tun, gegen die selbst erfahrene Kämpfer nur schwer ankommen."
"Tot? Sind sie bei der Explosion gestorben?"
"Nicht wirklich. Paul musste ich selbst umbringen, allerdings war er da schon in einen Vampir verwandelt und …"
"Jetzt hör doch mal auf mit diesen Vampiren, Geraldine. Ich meine, stimmt das wirklich, dass die drei tot sind
Weitere Kostenlose Bücher