Nacht der Begierde (Geraldine Guthrie) (German Edition)
* *
Gerade wollte sie ins Haus zurückkehren, als sie am Rand eines Eichenwaldes Bewegungen bemerkte. In die hohen Gräser kam Bewegung. Sechs helle, ockerfarbene Körper trotteten durch die Wiese, völlig unbekümmert, ob sie bemerkt werden würden. Geraldine hatte sofort erkannt, worum es sich handelte. Es waren Pumas. Doch anders als sonst üblich hielten sie nichts von Einzelgängertum. Sie kamen rasch näher. Natürlich wusste die Tierärztin, dass dies keine normalen Pumas waren. Dies mussten die Werpumas sein, von denen Iaron gesprochen hatte.
Und tatsächlich erschienen, wie aus dem Nichts, sechs Menschen, dort, wo eben noch die Pumas waren, als sie nur noch fünfzig Meter von Geraldine entfernt waren. Es waren drei Männer und drei Frauen, alle nackt und wohl gebaut. Zwei der Männer waren noch recht jung, fast so muskulös wie Urbano, offensichtlich mexikanischer Herkunft und ebenso offensichtlich Brüder. Sie sahen sich sehr ähnlich. Der eine von ihnen trug allerdings einen Fünftage-Bart. Eine der Frauen war fast noch ein Mädchen. Sie wirkte sehr sexy. Ihr langes, blondes und gelocktes Haar fiel über ihre üppigen Brüste und ihre blauen Augen blitzten schelmisch und ein wenig ironisch, als sie Geraldine anblickte. Die zweite Frau musste Ende zwanzig sein. Auch sie hatte einen schönen Körper mit üppigen Rundungen, schien aber zugleich muskulös und durchtrainiert zu sein. Sie trug einen flippigen, braunroten Pagenschnitt, der delikat zu ihren blauen Augen kontrastierte. Um ihren Mund spielte ein wissendes und, wie Geraldine fand, leicht grausames Lächeln.
Am auffälligsten aber waren die beiden älteren Menschen, die offensichtlich ein Pärchen waren, denn sie hatten sich sofort an Händen genommen und schlenderten jetzt gemütlich auf die Tierärztin zu. Sie waren um die fünfzig, doch hatten ihre Körper nichts an Spannkraft oder Schönheit verloren. Die Frau trug ebenso langes und ebenso gelocktes Haar wie das junge Mädchen und weitere Ähnlichkeiten ließen Geraldine vermuten, dass sie deren Mutter war. Der Mann trug ein französisches Spitzbärtchen. Im Gegensatz zu den beiden jüngeren Pumas sah er europäisch aus. Von den Männern war er der einzig wirklich sympathische. Er lächelte schalkhaft und ein wenig wie ein Junge, dem eine harmlose Spitzbüberei gelungen war.
Er war auch der erste, der Geraldine die Hand hinstreckte.
"Hallo. Ich bin Jasper."
"Geraldine. Schön, euch zu sehen."
"Das sind Enrico und Xavier", damit zeigte er auf die beiden Männer (Xavier war derjenige, der den Bart hatte) und dann zuerst auf die blonde und dann die rothaarige Frau, "und das hier Lea und Anastasia. Und dies ist meine Frau Ruth."
Enrico grinste sie leicht abfällig an. "Du bist die, die zum Vampir wird?" Das war von ihm nicht als Frage gemeint, obwohl es so klang. Eher hatte Geraldine das Gefühl, dass er diesen Satz so geäußert hatte, dass er ihn wieder zurückziehen konnte, falls er falsch lag.
Jasper wandte sich zu ihm um. "Das ist kein Grund, unhöflich zu werden. Schweig also!" Seine Stimme klang scharf, ungeduldig.
Der junge Mann warf ihm einen trotzigen Blick zu und griff sich demonstrativ ans Geschlecht.
Die beiden jungen Frauen verdrehten ihre Augen.
Die Blonde, Lea, schaute entnervt in die Luft: "Komm schon, Enrico. Lass die Luft aus deinem aufgeblähten Ego ab. Deine Zickereien interessieren hier keinen. Du bist doch nur schön, solange du nichts sagst."
Jasper hob seine Hände. "Ihr seid beide still. Und wenn wir gleich mit Mutter der Bären und Iaron sprechen, möchte ich keine dummen Bemerkungen hören. Vor allem nicht von dir, Enrico. Du weißt, was Iaron von dir hält, und soweit es mich angeht, hat er vollkommen recht."
Enrico machte den Mund auf, doch Jasper hob warnend seine Hand. "Es reicht."
Dann wandte sich Jasper wieder Geraldine zu. "Es tut mir leid, dass du unsere Streitigkeiten mitbekommst. Normalerweise sind Pumas Einzelgänger. Und Enrico hat leider tatsächlich ein gewisses Problem, seine Handlungen auf die richtige Art und Weise moralisch zu beurteilen."
Geraldine schaute zu dem jungen Mann hinüber, der mit seinen schwarzen, feurigen Augen, einer schmalen und sehr geraden Nase in einem länglichen und ebenmäßigen Gesicht und den vollen, ein wenig schmollenden Lippen gewiss der Traum vieler Frauen sein musste. Sein Bauch war zu einem deutlichen Sixpack geformt, über dem harte, wenn auch nicht voluminöse Brustmuskeln begannen. Er war sehnig, und
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