Nacht der Begierde (Geraldine Guthrie) (German Edition)
werden Sie sich weitestgehend aus den Kämpfen heraushalten. Für Menschen ist es fast unmöglich, gegen einen Vampir zu bestehen. Ich schlage vor, dass Sie in der Küche bleiben und wenn wir uns zurückziehen, sollten Sie dicht bei Uracha bleiben."
"Zurückziehen?", sagte Sorrell.
"Wir werden die Vampire nicht lange aufhalten können. Und da sie in der Überzahl sind, werden wir nicht in einen offenen Kampf gehen. Unter dem Haus führt ein Fluchttunnel von hier fort. Den werden wir nachher benützen."
"Und warum benützen wir ihn jetzt nicht?"
"Weil wir so den Schutz des Hauses zu schnell aufgeben. Und eine Flucht nützt uns nur, wenn sie uns Zeit bis zum Morgengrauen verschafft. Auf der anderen Seite des Tunnels wären wir den Vampiren ausgeliefert. Zunächst werden wir sie hier ein wenig beschäftigen und, soweit es geht, möglichst viele von ihnen töten. Dann müssen wir sie in den Tunnel locken, weil wir dort nicht von allen Seiten angegriffen werden können."
Sorrell wiegte den Kopf hin und her und betrachtete das Messer in ihrer Hand. Schließlich sagte sie: "Es mag sich vielleicht verrückt anhören, doch ich glaube Ihnen. Ich hatte, glaube ich, selbst einmal mit einem Geist zu tun. Ich war noch ganz jung. Und obwohl ich diese Erinnerung nicht verdrängt habe, habe ich mir lange Zeit eingeredet, es sei etwas ganz anderes gewesen, obwohl ich es besser wusste. Wenn ich also helfen kann, werde ich gerne helfen. Unser Ziel ist es, zu überleben?"
Iaron nickte. "Und natürlich so viele Vampire zu töten, wie möglich."
In diesem Augenblick schauderte es Geraldine. Ein seltsames Frösteln kroch ihr Rückenmark hinauf und tief in ihrer Magengegend spürte sie einen aufkeimenden Hunger. "Sie kommen.", sagte sie. Und selbst durch die Hauswände und die geschlossenen Türen hörte sie, wie draußen das nächtliche Leben erstarb.
* * *
Geraldine blieb in der Küche, während sich zunächst die Werwölfe in der Halle versammelten. Auch Uracha und Urbano verließen die Küche, Uracha, weil sie die Vampire einladen musste und Urbano zu ihrem Schutz.
Eine tiefe Stille trat ein. Niemand rührte sich.
Geraldine fokussierte sich einen Moment lang auf ihren Atem und vergewisserte sich, dass sie ihren Hunger unter Kontrolle halten konnte. Es machte ihr wenig Mühe. Überhaupt hatte sie den ganzen Tag über das Gefühl gehabt, dass der Vampirfluch wesentlich inaktiver war als in den Tagen zuvor. Genauer gesagt hatte sie dieses Gefühl, seit Urbano mit ihr geschlafen hatte.
Trotzdem spürte sie sehr deutlich, wie sich die Nachtwesen näherten. Es war eine Wolke aus Zorn und Begierde, ganz unmenschlich und kalt. Zwischen ihnen strahlte ein Körper hervor, dessen Wut wie ein Flutlicht brannte. Dies musste der Älteste sein.
Eine halbe Minute später landeten sie vor dem Herrensitz und schwärmten sofort aus.
Sie waren schnell. In wenigen Sekunden hatten sie das Haus eingekreist. Und das Haus reagierte.
Heftiger Schmerz durchzuckte Geraldine, als irgendwo oben, vermutlich am Dach, etwas explodierte. Was auch immer Uracha dort angebracht hatte: es hatte einen der Vampire erwischt und getötet. Dann erfolgten in ganz kurzen Abständen weitere Detonationen, die viel näher und viel lauter klangen. Sie kamen aus der Halle.
Geraldine setzte sich keuchend auf einen Stuhl. Ihr Kopf begann zu schmerzen und sie spürte, wie sie die Kontrolle über sich verlor. Es mussten mindestens zehn Vampire gewesen sein, die die Werwölfe innerhalb einer Minute abgeschlachtet hatten und jedes Mal wurde die Qual, die die Tierärztin in sich spürte, heftiger.
Jemand berührte sie am Arm. Sie öffnete die Augen und erblickte Mutter der Bären. Diese legte ihren Finger auf ihren Mund. Dann fuhr sie mit ihrer alten, faltigen Hand leicht über die Stirn der jungen Frau und murmelte einige Worte. Die Schmerzen wurden schwächer und Geraldine bekam ihren Magen wieder in den Griff.
"Akzeptiere es. Akzeptiere, dass du fühlst, was du fühlst. Aber dulde nicht, dass es dich beherrscht. Nur so kannst du die Kontrolle zurückgewinnen."
Geraldine nickte. Sie tastete mit ihrer Hand nach ihrem Jagddolch, wie um sich zu versichern, dass sie sich wehren konnte und atmete tief ein. Drei weitere Vampire starben. Die junge Frau zuckte bei jedem zusammen, doch sie schaffte es jetzt besser, die brennenden Stiche in ihrem Schädel zurückzudrängen. Sie hatte sich auf eine schwere Nacht vorbereitet. Allerdings hatte sie nicht mehr daran gedacht, dass die
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