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Nacht der Dämonin / Magischer Thriller

Nacht der Dämonin / Magischer Thriller

Titel: Nacht der Dämonin / Magischer Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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Szene wieder ablief, schien dieser Sekundenbruchteil der Untätigkeit sich zu langen Minuten zu dehnen, während derer ich im Gang gestanden hatte, ohne etwas zu tun, überwältigt von dem Chaos.
    »… müssen zuschlagen, wo …« Tonys Stimme in meinem Kopf, sie hatte den Chaosnebel durchdrungen.
    Ich mühte mich, mehr zu verstehen. Ich musste mich darauf konzentrieren, ihre Pläne herauszufinden, damit ich Benicio warnen konnte.
    Aber
sollte
ich Benicio überhaupt warnen? Es sah so aus, als hätte er Jaz und Sonny kidnappen und Bianca ermorden lassen. Welche Verpflichtung hatte ich, ihm irgendetwas zu erzählen? Ich hatte nicht genug Informationen, wusste nicht, wer hier wirklich der Aggressor war und wer sich nur verteidigte. Das war der Grund, weshalb Karl darauf bestanden hatte, Lucas über den nächsten Schritt entscheiden zu lassen. Welche Verpflichtung seiner Familie gegenüber Lucas auch empfinden mochte, seine Verpflichtung der Wahrheit gegenüber war stärker.
    »… glaube einfach nicht …«
    »… und damit durchkommen …«
    Ich versuchte nach Kräften, mehr aufzuschnappen, aber das Chaos wogte und brandete, während die Stimmung der Gangmitglieder zwischen von Kummer gespeister Wut und Nervosität angesichts ihrer Pläne schwankte.
    »… an den Wachleuten vorbei …«
    »… mir einfach vertrauen …«
    Hatten sie vor, irgendwo einzubrechen?
    »… wird am schwierigsten …«
    »… wir mal drin sind …«
    Der Raum schien zu schwanken und wurde dann schwarz. Die Waffe hob sich …
    Nicht jetzt! Ich drückte die Hände auf die Augen, aber das Bild lief weiter. Ich durfte nicht hierbleiben. Wenn ich wirklich wissen wollte, was gerade im Gang war, dann würde ich …
    Als die Kugel Bianca wieder in die Stirn traf, piepte mein Handy, um mich auf eine eintreffende SMS aufmerksam zu machen. Hätte ich es nicht mit den Fingern umklammert, hätte ich das Geräusch mit Sicherheit nicht gehört.
    Ich hantierte mit dem Gerät herum und stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, als ich Karls Nummer sah. Es war eine kurze Bin-zurück-Meldung. Ich antwortete mit der Nachricht, die ich bereits vorbereitet hatte – erklärte die Situation auf die kürzeste und am wenigsten alarmierende Art.
    Zehn Sekunden später klingelte das Handy.
    »Was zum Teufel glaubst du eigentlich, was du da machst?«, herrschte Karl mich an, bevor ich auch nur hallo sagen konnte. »Mach, dass du aus diesem Raum rauskommst, Hope! Himmeldonnerwetter, ich glaub’s einfach nicht, dass du dort rumsitzt …«
    »Ich sitze nicht rum«, zischte ich zurück. »Ich mache meinen Job. Wenn ich diesen Lagerraum verlasse, fliegt meine ganze Geschichte auf …«
    »Lass sie auffliegen! Du weißt nicht mal, ob sie nicht gerade überlegen, wie sie dich umbringen sollen.«
    »Warum lassen sie mich dann ohne einen Barrierezauber hier warten? Sie …«
    »Du kannst das Risiko nicht eingehen. Mach, dass du da rauskommst, oder ich …«
    »Hör auf zu brüllen und hör zu, Karl! Die Gang plant einen Einbruch. Sie sind in demselben Raum, in dem ich gestern war. Wenn du herkommst, kannst du lauschen. Rausfinden, was da abläuft.«
    Eine Pause, dann fragte er in ruhigerem Ton: »Wo bist du? Für den Fall, dass ich dich finden muss.«
    »In dem Raum, in dem Bianca umgekommen ist.«
    »Raus da, Hope! Du …«
    »Ich muss lernen, damit klarzukommen.«
    Er stieß eine Reihe von Flüchen aus. Dann teilte er mir mit, was er davon hielt, dass ich mich im Interesse einer Expisco-Ausbildung selbst quälte. Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Wenn jemand dich holen kommt, drück auf den Panikknopf! Es ist egal, ob du glaubst, derjenige bringt dir nur Kaffee und Donuts – drück auf den Knopf! Wenn es nichts ist, schleiche ich mich weg, und keiner braucht’s zu wissen. Aber du wirst diesen Knopf drücken.«
    »Mache ich.«

[home]
Lucas
    6
    U m sechs Uhr dreißig traf ich im Hauptquartier der Cortez-Kabale ein. Es stand außer Frage, dass mein Vater noch dort war. Für ihn würde der Arbeitstag noch mindestens eine Stunde dauern. Auch das war etwas, das er mich gelehrt hatte – wenn man von seinen Angestellten erwartete, von neun bis fünf zu arbeiten, und von den Abteilungsleitern, dass sie es von acht bis sechs taten, dann musste man als Hauptgeschäftsführer noch länger da sein. Welche Fehler mein Vater auch haben mag, er behandelt alle Welt von den Hausmeistern bis zu den Mitgliedern seines Aufsichtsrats mit Rücksicht und Respekt …

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