Nacht der Dämonin / Magischer Thriller
von Karl wegmachte, bevor er sich wieder unter Kontrolle hatte. Karls Lippen zuckten, als er sich das Lächeln zu verkneifen versuchte.
»Hector Cortez ist im Haus«, sagte die Frau. »Das ist Mr. Cortez’ …«
»Ich weiß, wer Hector Cortez ist. Ich bezweifle sehr stark, dass Sie mich mit dem Bescheid zu meinem Alpha zurückschicken wollen, man hätte mir ein Gespräch mit dem Zweitkommandierenden angeboten. Mr. Cortez versteht, welche Bedeutung für uns die Hierarchie hat; deshalb spricht er immer selbst mit dem Alpha.«
Die Empfangsdame warf einen Blick zu den Kolleginnen. Ein Hilferuf, den niemand beantwortete; sie waren alle sehr angelegentlich mit ihren Aufgaben beschäftigt.
»Sie können es doch sicher überprüfen, indem Sie ihn anrufen«, sagte Karl. »Wenn ich im Irrtum bin, wird er Hector schicken.«
Ein Blickwechsel und ein paar gemurmelte Worte von der Empfangsdame, dann führte der Wachmann uns weiter durch eine Doppeltür.
Ich ging davon aus, dass wir uns in einem Wartezimmer befanden, aber dieses hier verriet sich nicht durch viele Monate alte Zeitschriften und zerschrammte Stühle. Es erinnerte eher an das Arbeitszimmer eines Privathauses – die Sorte, die man in Einrichtungsmagazinen sieht, mit tiefen Ledersesseln, einem in die Wand eingelassenen Bücherregal und zwei Schreibtischen aus Eichenholz. Gebäck stand auf einem silbernen Teller mit einem Glasdeckel darüber bereit, einem eleganten Behältnis, das sich eher für Petits Fours angeboten hätte als für die Schokoladen-Muffins, die sich auf dem Teller befanden. Neben der Tür war ein Kaffee- und Cappuccinoautomat eingebaut.
Der Wachmann verschwand nach einem Anruf auf dem Handy, der ihn vermutlich wissen ließ, dass es unhöflich war, wachsam in der Nähe des Werwolfdelegierten herumzuhängen. Das bedeutete jedoch nicht, dass man uns alleingelassen hätte. Alle paar Minuten fand ein Angestellter einen Grund, sich im Wartezimmer einzufinden. Ein paar blieben lediglich vor der Tür stehen, die Wagemutigeren kamen herein und füllten ihre Becher an dem Kaffeeautomaten.
»Sie wollen einen Blick auf die Bestie werfen«, flüsterte ich.
»Jetzt brauche ich nur noch einen Käfig, in dem ich auf und ab schleichen kann.«
»Ganz allein selber schuld. Benicio hätte mit dir geredet, auch ohne dass du Jeremy mit ins Spiel bringst.«
»Ich weiß.«
»Aber das wäre nicht annähernd so amüsant gewesen, stimmt’s?«
Er lächelte und lehnte sich zurück, streckte die Beine aus und kreuzte die Knöchel. »Dich würden sie auch angaffen, wenn sie wüssten, was du bist.«
»Das ist der Unterschied zwischen uns – ich vermeide das Rampenlicht, du stürzt dich hinein.«
»Nein, ich habe es einfach satt, mich im Schatten herumzudrücken. Hin und wieder ist es nett, wenn man mal ins Freie kann.«
Ich schüttelte den Kopf und holte mir ein Glas Wasser, bevor ich mich wieder hinsetzte.
»Apropos Schatten, wie sind die Geschäfte in Europa gegangen? Einträglich, nehme ich an?«
Karl zuckte die Achseln. »So weit ganz einträglich.«
Ich wartete auf die Details, aber es kam nichts mehr nach. Meist genoss er es, mich mit Geschichten von seinen Abenteuern zu unterhalten. Er wusste, wie gern ich mir vorstellte, dass ich selbst über die Dächer kletterte und nur mit Mühe und Not der Entdeckung entkam. Ich schauderte bei dem bloßen Gedanken daran.
»Wirst du ein bisschen ungeduldig?«, fragte er nach einer kurzen Pause. »Wie wäre es mit einem Rundgang?«
»Ich bezweifle, dass das erlaubt ist.«
»Meinst du, irgendwer wird uns aufhalten?«
[home]
Hope
Von den Besten lernen
K arl wartete, bis der Gang draußen leer war, dann schlüpften wir aus dem Zimmer. Er führte mich nach links und ging schneller, als sich hinter der Ecke am anderen Ende des Gangs Stimmen näherten.
Wir verbrachten die nächsten zehn Minuten damit, einen Spaziergang durch die Chefetage des Cortez-Hauptquartiers zu machen – deren Sicherheitsvorkehrungen wahrscheinlich nur noch von denen der wichtigsten Regierungsgebäude übertroffen wurden –, und niemand bemerkte es.
Wir fanden uns mühelos wieder in unsere angestammten Rollen. Karl als der immer geduldige, immer unterhaltsame Lehrer, der nicht durch Vorträge, sondern durch Beispiele unterrichtete. Ich als die lernbegierige Schülerin, die alles und jedes aufsog, sowohl den Unterricht als auch das Chaos, das stetige unterschwellige Summen, das mein Herz zum Hämmern brachte, die Gedanken aber klar
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