Nacht der Dämonin / Magischer Thriller
in dem Jaz und Sonny wohnten, entsprach dem, was ich erwartet hatte: ein ordentlich instand gehaltener aufzugloser Wohnblock in einer Gegend, die sich noch an der Grenze zwischen zweifelhaft und gefährlich hielt. Sie hätten sich etwas Besseres leisten können, aber die Bleibe erfüllte ihren Zweck, und die beiden verbrachten wahrscheinlich nicht viel Zeit hier.
Leute, die finanziell schwierige Phasen durchgemacht haben, reagieren in der Regel auf eine von zwei Arten, wenn sich das Blatt wendet. Manche geben das Geld aus, so schnell sie können, und gönnen sich alles, auf das sie zuvor verzichten mussten. Die anderen sind vorsichtig und sorgen dafür, noch etwas übrig zu haben, wenn der Zustrom wieder abreißen sollte. Zunächst hätte man Jaz und Sonny der ersten Kategorie zugeordnet, aber sie waren offensichtlich nicht so sorglos, wie sie wirkten, zumindest Sonny nicht.
Die Sicherheitsvorkehrungen entsprachen dem Gebäude: ordentlich, aber nicht spektakulär. Guy knackte mühelos die Wohnungstür. Als wir eintraten, wappnete ich mich für das Schlimmste. Ich hatte mir zwar eingeredet, die beiden seien einfach telefonisch nicht zu erreichen, aber ich dachte ständig an ihre Begegnung mit den Kabalenschlägern. Diese Typen hatten sich Jaz und Sonny nicht grundlos ausgesucht. Die beiden waren nicht nur die jüngsten Neuzugänge der Gang, sondern auch diejenigen Mitglieder, deren paranormale Kräfte am schwächsten waren. Und um realistisch zu sein – ein einziger Blick auf die beiden, und es war unverkennbar, dass sie ihre Meinungsverschiedenheiten lieber bei einem Bier als mit Hilfe eingeschlagener Schädel beilegten.
Also rechnete ich mit dem Anblick einer verwüsteten Wohnung, trat ins Wohnzimmer und stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Ich hätte den Raum nicht gerade als aufgeräumt beschrieben, aber es gab keine Anzeichen für einen Einbruch oder einen Kampf. Ein Korb mit Schmutzwäsche wartete darauf, in die Münzwäscherei getragen zu werden. Sonny hatte seine Jacke aufs Sofa geworfen. Diverse Teile der
Miami Sun
lagen dort herum, wo sie gelesen und dann liegen gelassen worden waren. Im Spülbecken türmte sich Frühstücksgeschirr. Es sah aus wie bei mir zu Hause, wenn ich zu arbeiten hatte und nicht mit Besuchern rechnete.
Ich zog die Schuhe aus – eine Lektion von meiner Mutter, die mir zur zweiten Natur geworden war – und ging zu der winzigen Kochnische hinüber. Dort fand ich lediglich heraus, dass jemand Cheerios mochte und jemand anderes Froot Loops bevorzugte, und ich konnte vermutlich sogar erraten, wer welcher der beiden war. Ich lächelte und ging weiter in Richtung Schlafzimmer. Als ich in den Flur kam, trat ich in einen nassen Fleck im Teppich.
Ich wandte mich der offenen Badezimmertür zu. Das Licht war an, und ein Handtuch lag auf dem Boden. Auch mir ist es schon passiert, dass ich Handtücher auf den Boden werfe und liegen lasse – bei den Lektionen meiner Mutter war es weniger um Haushaltsführung als um Etikette gegangen. Aber es war auch Wasser auf dem Fußboden, und Spuren führten in den Flur, was nahelegte, dass jemand aus der Dusche gestiegen war und sich nicht abgetrocknet hatte.
Ich hörte das gleichmäßige Tröpfeln von Wasser – die Dusche tropfte. Kleidungsstücke lagen auf dem Deckel der Toilette – Jaz’ Sachen von vorhin. Ich hob das Handtuch auf. Trocken und flüchtig zusammengefaltet. Unbenutzt. Jemand war hastig aus der Dusche gestiegen, hatte tropfnass das Badezimmer verlassen und …
Und was?
Ich schloss die Augen und konzentrierte mich. Keine aufblitzenden Visionen. Als ich die Augen wieder öffnete, waren sie auf den Waschtisch gerichtet, und dort sah ich Jaz’ Brieftasche, den Schlüsselbund, das Handy und ein paar Münzen. Er hatte seine Taschen ausgeräumt, bevor er die Hosen auszog.
Ich öffnete die Brieftasche. Führerschein, ein paar Kundenkarten, drei Zwanzigdollarscheine, ein Zehn- und zwei Fünfdollarscheine.
Wohin konnte Jaz so hastig gegangen sein, dass er sein Telefon, die Schlüssel und die Brieftasche zurückgelassen hatte?
Ich kämpfte gegen die aufsteigende Panik an. Es war doch Jaz, der impulsive Jaz. Sonny konnte angerufen haben, und er hatte einen Satz aus der Dusche gemacht, mit ihm geredet, sich gesagt »trocken genug«, irgendwas angezogen und war dann ausgegangen, um etwas zu essen, im Vertrauen darauf, dass Sonny ja ein Handy und Geld haben würde.
»Faith?«
Guy kam ins Bad, ein Handy und einen Schlüsselbund
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