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Nacht der Hexen

Titel: Nacht der Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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haben – wie zum Beispiel die Feuerwehr zu rufen. Dort im Gras war ein Ring aus brennenden schwarzen Kerzen aufgebaut, und sie umgaben ein rotes Tuch, das mit einem Ziegenkopf bestickt war. Ein Satansaltar.
    Ich fluchte und begann zu rennen, um die Kerzen zu löschen. Dann erst bemerkte ich, dass sie einen blutigen Haufen umgaben. Einen fürchterlichen, endlosen Moment lang glaubte ich, es sei ein Kind. Dann sah ich das Gesicht, und mir wurde klar, dass es eine Katze war. Eine gehäutete Katze, eine leblose Masse von Blut und Muskulatur, die Zähne zu einem lippenlosen Fauchen entblößt.
    Ich wandte mich hastig von dem Anblick ab. Etwas klatschte mir ins Gesicht, etwas Kaltes und Nasses. Ich stieß es hektisch fort und stolperte rückwärts, aber meine Hand verfing sich in etwas – einer schwammigen, elastischen Schlinge. Ich verbiss mir einen Aufschrei. Ich blickte auf und sah, gegen was ich da gerannt war: eine weitere gehäutete Katze, diese hing von einem Baum, den Bauch aufgeschlitzt; Eingeweide quollen heraus. Eine Darmschlinge hatte sich mir um die Hand gewickelt. Ich riss mich eben noch rechtzeitig los, um die Hände vor den Mund schlagen und meinen Aufschrei ersticken zu können. Ich fiel auf die Knie und rang mühsam nach Atem. Meine Hände waren mit Blut bedeckt. Mein Magen rebellierte, und ich erbrach mein Abendessen ins Gras. Mehrere Minuten kauerte ich dort, ohne mich bewegen zu können.
    »Paige?« Aus dem Garten trieb Savannahs Flüstern zu mir herüber.
    »Nein!«, zischte ich, während ich aufsprang. »Bleib, wo du bist!«
    Ich rannte los und packte sie, als sie gerade um die Ecke kam. Ihre Augen wurden weit, und mir war klar, dass sie alles gesehen haben musste, aber ich schob sie trotzdem fort.
    »Geh – geh zurück ins Haus«, sagte ich. »Ich – ich muss das wegräumen.«
    »Ich helfe dir.«
    »Nein!«
    Schweigen.
    »Es tut mir leid. Ich habe nicht gemeint –« Ich merkte, dass ich ihren Bademantel mit Blut und Erbrochenem beschmierte, und zog die Hände zurück. »Es tut mir leid. Geh rein und wasch dich. Nein, warte. Steck den Bademantel in eine Tüte, ich verbrenne ihn –«
    »Paige …«
    »G-geh in die Dusche«, stotterte ich. »Aber lass das Licht aus. Mach die Lichter nicht an. Kein Radio, kein Licht, gar nichts. Lass die Jalousien unten und –«
    »Paige!«, sagte Savannah, während sie mich an den Schultern packte. »Ich kann helfen«, sagte sie, wobei sie jedes Wort betonte, als würde ich sie sonst nicht verstehen. »Es ist schon okay. Ich hab solches Zeug schon gesehen.«
    »Nein, hast du nicht. Geh rein –«
    »Doch, hab ich. Herrgott noch mal, Paige –«
    »Fluch nicht.«
    Savannah zwinkerte, und eine Sekunde lang sah sie aus, als würde sie gleich weinen. »Ich weiß, was das für Zeug ist, Paige. So wie ich weiß, was eine Hand of Glory ist. Warum tust du dauernd so, als wüsste ich’s nicht?«
    Als sie davonrannte, starrte ich ihr zunächst nach; aber dann ging nebenan flackernd ein Licht an, und ich erstarrte. Ich wandte den Blick von Savannahs Rücken ab zu den glimmendenKerzen neben mir. Ich hatte keine Zeit, ihr nachzulaufen – jetzt nicht. Leah hatte sich das ganze scheußliche Arrangement nicht ohne Grund einfallen lassen, und ich bezweifelte, dass sie sich die ganze Mühe gemacht hatte, nur um mir einen Schreck einzujagen. Bei der Polizei würde ein anonymer Anruf eingehen: Sehen Sie mal hinter Paige Winterbournes Haus nach. Ich musste all das wegräumen, bevor jemand dem Hinweis nachging.
    Weiter links stieg Rauch von einem geschwärzten Hügel auf und mit ihm der Gestank von verkohltem Fleisch. Ich schloss die Augen, um die Fassung zurückzugewinnen; dann ging ich zu dem qualmenden Haufen hinüber und beugte mich über ihn. Auf den ersten Blick konnte ich nicht erkennen, was es war oder gewesen war. Am liebsten wäre ich jetzt gegangen, hätte mir eine Schaufel geholt und das Ding begraben, ohne genauer hinzusehen. Aber ich musste hinsehen. Wenn ich es nicht tat, würde ich nachts wach liegen und mich fragen, was es gewesen war, das ich begraben hatte.
    Ich nahm einen Stock und stach in den Haufen hinein. Beim ersten Stoß fiel er auseinander und zeigte mir einen aufgesägten Brustkorb. Ich drückte den Handrücken gegen die Augen und holte tief Luft. Ich hatte das Gefühl, geradezu den Geschmack im Mund zu spüren, und ich kippte nach vorn und erbrach alles, was in meinem Magen noch übrig gewesen war.
    O Gott, ich konnte nicht. Ich konnte ganz einfach

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