Nacht der Leidenschaft
Predigt, Fretwell. In meinem Büro wäre ich heute niemandem von Nutzen gewesen; außerdem beschäftige ich mich lieber produktiv, als im Park herumzulaufen. Wollten Sie mir etwas ausrichten? Es gibt noch mehr Kisten zum Verladen.“
„Ja, Mr. Devlin, ich wollte Ihnen etwas sagen.“ Fretwell zögerte und blickte den Freund abwägend an. „Sie haben Besuch – Miss Briars wartet in Ihrem Büro. Wenn Sie möchten, werde ich ihr ausrichten, dass Sie nicht verfügbar seien …“ Seine Stimme brach ab, als Jack die Stufen hinauf raste, noch bevor er den Satz zu Ende gesprochen hatte.
Amanda war hier! Sie wollte ihn sehen, nachdem sie ihm so lange aus dem Weg gegangen war. Jack merkte, wie sein Brustkorb eng wurde und das Herz in einem rasenden Rhythmus gegen die Rippen schlug. Er ermahnte sich, nicht gleich zwei Stufen auf einmal zu nehmen und die fünf Stockwerke zu seinem Büro in gemäßigtem Tempo hinaufzusteigen. Trotzdem ging sein Atem nicht normal, als er oben angekommen war. Leider war ihm nur zu bewusst, dass seine überanstrengten Lungen nichts mit körperlicher Arbeit zu tun hatten. Er war so verdammt begierig, in Amanda Briars’ Nähe zu gelangen, dass er wie ein verliebter Bursche keuchte. Er überlegte sich, ob er das Hemd wechseln, das Gesicht waschen oder das Jackett suchen sollte, um nicht völlig aufgelöst vor ihr zu erscheinen. Doch er entschied sich dagegen. Er wollte sie nicht länger als notwendig warten lassen.
Um eine gelassene Fassade kämpfend, betrat er sein Büro und ließ die Tür einen Spalt breit offen stehen. Sein Blick heftete sich sofort auf Amanda, die mit einem Päckchen in der Hand an seinem Schreibtisch stand. Ein sonderbarer Ausdruck flog über ihr Gesicht, als sie ihn erblickte … er las Besorgnis und Freude darin, bevor sie ihre Fassungslosigkeit mit einem falschen Lächeln zu überspielen versuchte.
„Mr. Devlin“, sagte sie forsch und ging auf ihn zu. „Ich bringe Ihnen die Überarbeitung der letzten Folge der Unvollkommenen Frau … und einen Vorschlag für den nächsten Fortsetzungsroman, falls Sie interessiert sind.“
„Natürlich bin ich interessiert“, sagte er und hatte das Gefühl, als wäre seine Zunge doppelt so schwer. „Hallo, Amanda. Sie sehen wohl aus.“
Dieser Gemeinplatz beschrieb nicht annähernd seine Reaktion. auf ihre äußere Erscheinung. Amanda sah frisch und damenhaft aus in dem blauweißen Kleid mit der bOlütenweißen Schleife am Halsausschnitt und den winzigen Perlmuttknöpfen an der Vorderseite des Mieders. Er glaubte, den Duft von Limonen zu riechen und einen Hauch von Parfum. Seine Sinne waren entflammt.
Er wollte sie an seinen heißen, schwitzenden Körper pressen, sie küssen, schmecken und verschlingen, mit den Händen das sorgfältig frisierte Haar zerwühlen, ihr die Perlmuttknöpfe aufreißen und die vollen Brüste in seine wartenden Hände nehmen. Ein verheerender Hunger überfiel ihn, als ob er tagelang nichts gegessen hätte, und plötzlich wurde ihm klar, dass er in der Tat am Verhungern war. Diese Erkenntnis, mit aufwühlenden Gefühlen gemischt, machte ihn benommen, nachdem er seit Wochen so gut wie nichts mehr empfunden hatte.
„Danke. Mir geht es auch gut.“ Das gezwungene Lächeln verschwand, als sie ihn anblickte und die silbergrauen Augen kurz aufleuchteten. „Da ist ein Fleck auf der Wange“, murmelte sie und zupfte ein sauberes, gebügeltes Taschentuch aus dem Ärmel Sie zögerte einen Sekundenbruchteil und wischte damit die rechte Seite seines Gesichts ab. Jack hielt still. Die Muskeln wurden steif, bis sich sein Körper in eine Marmorstatue zu verwandeln schien. Nachdem sie den Schmutz entfernt hatte, nahm Amanda die andere Seite des Taschentuchs und tupfte ihm den Schweiß von der Stirn. „Um Himmels willen, was haben Sie gemacht?“, murmelte sie.
„Gearbeitet“, sagte er kurz angebunden und brauchte seine ganze Willenskraft, um sie nicht zu packen.
Ein leichtes Lächeln umspielte ihre weichen Lippen. „Wie gewohnt scheinen Sie Ihr Leben nicht im normalen Tempo leben zu können.“
Die Bemerkung klang nicht gerade schmeichelhaft. Sie schien eine Spur von Mitleid zu enthalten, als ob sie ein neues Verständnis für das Leben gewonnen hätte, das ihm entgangen war. Jack blickte sie finster an, beugte sich vor, legte das Päckchen auf den Schreibtisch und zwang sie absichtlich, einen Schritt zurückzutreten, um seiner Berührung auszuweichen. Es freute ihn, dass sie errötete und etwas von
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