Nacht der Leidenschaft
blutroten Flecken auf dem weißen Leinen.
Zwei Stufen auf einmal nehmend, rannte er die Treppen hinauf. Als er vor der Schlafzimmertür stand, trat ein älterer Herr in dem schwarzen Gehrock eines Arztes über die Schwelle. Der Mann war klein, hatte schmale Schultern und strahlte eine Autorität aus, die seinen körperlichen Wuchs bei weitem übertraf. Er schloss die Tür hinter sich, hob den Kopf und blickte Jack ruhig an. „Mr. Devlin? Ich bin Dr. Leighton.“
Jack erinnerte sich an den Namen und reichte ihm die Hand zum Gruß. „Meine Frau hat von Ihnen gesprochen“, sagte er. „Sie haben ihre Schwangerschaft festgestellt.“
„Ja. Leider gehen diese Dinge nicht immer so aus, wie wir es uns erhoffen.“
Jack sah den Arzt mit starren Augenlidern an, während ihm das Blut in den Adern gefror. Das Gefühl dumpfer Unwirklichkeit bemächtigte sich seinen. „Sie hat das Kind verloren“, sagte er tonlos. „Wie? Warum?“
„Manchmal gibt es für eine Fehlgeburt keine Erklärung“, antwortete Leighton ernst. „Das passiert auch völlig gesunden Frauen. Ich habe in meiner Praxis gelernt, dass die Natur einfach ihre eigenen Wege geht, ohne Rücksicht auf unsere Wünsche zu nehmen. Aber ich darf Ihnen versichern, und das habe ich auch Mrs. Devlin gesagt, dass sie dies nicht daran hindert, wieder zu empfangen und einem gesunden Kind das Leben zu schenken.“
Jack blickte angespannt auf den Teppich. Sonderbarerweise dachte er in diesem Augenblick an seinen Vater, der jetzt unter der Erde lag. Wie gefühllos musste er gewesen sein, so viele Kinder, eheliche wie uneheliche, in die Welt zu setzen und sich so wenig um sie zu kümmern? Jedes kleine Leben erschien Jack unendlich kostbar, jetzt, nachdem er eines verloren hatte.
„Vielleicht bin ich schuld“, murmelte er. „Wir haben ein gemeinsames Schlafzimmer. Ich … ich hätte sie allein lassen sollen.
„Nein, nein, Mr. Devlin.“ Trotz der traurigen Situation trat ein kleines, mitfühlendes Lächeln in das Gesicht des Arztes. „In manchen Fällen habe ich meinen Patientinnen abgeraten, während der Schwangerschaft Verkehr mit ihrem Mann zu haben, aber bei Mrs. Devlin war das nicht der Fall. Weder Sie noch Ihre Frau haben die Fehlgeburt verursacht. Glauben Sie mir, es war niemandes Schuld. Ich habe Mrs. Devlin noch einige Tage Bettruhe verordnet, bis die Blutungen aufhören. Zum Ende der Woche komme ich wieder vorbei und sehe nach, ob alles gut verheilt ist. Mrs. Devlins Stimmung wird natürlich eine Weile sehr gedrückt sein, aber sie scheint mir einen starken Willen zu haben, und ich sehe keinen Grund, warum sie sich nicht bald erholen sollte.“
Nachdem sich der Arzt verabschiedet hatte, ging Jack in das Schlafzimmer. Es zerriss ihm das Herz, als er Amanda bleich und zart im Bett liegen sah. Ihre Lebensfreude schien erloschen. Er trat zu ihr, strich ihr das Haar zurück und küsste die heiße Stirn.
„Es tut mir so leid“, flüsterte er und blickte in ihre leeren Augen. Er wartete auf eine Reaktion, auf Verzweiflung oder Arger oder Hoffnung, aber das sonst so ausdrucksvolle Gesicht seiner Frau blieb regungslos. Sie hielt einen Zipfel ihres Negligees in der Hand, drehte den dünnen Stoff zwischen den Fingern und ballte ihn dann in der Handfläche zusammen.
„Amanda“, sagte er und nahm die kleine Faust in seine Hand, „bitte, sprich mit mir.“
„Ich kann nicht“, brachte sie krächzend hervor, als ob sie jemand würgte.
Jack behielt die eiskalte Faust in seiner warmen Hand. „Amanda“, flüsterte er. „Ich verstehe, wie dir zumute ist.“
„Wie willst du das verstehen?“, fragte sie hölzern. Sie entzog ihm die Hand und heftete den Blick an einen Punkt an der Wand. „Ich bin müde“, murmelte sie. „Ich möchte schlafen.“
Verwirrt und gekränkt ging Jack einige Schritte zurück. So war Amanda noch nie zu ihm gewesen. Zum ersten Mal hatte sie ihn aus ihren Gefühlen ausgeschlossen. Ihm war, als hätte sie mit einer Axt die Verbindung zwischen ihnen durchtrennt. Doch wenn sie sich gründlich ausruhte, so wie es der Arzt angeraten hatte, dann würde diese grässliche Leere bald aus ihren Augen verschwunden sein. „Gut“, murmelte er. „Ich bleibe in deiner Nähe, Amanda. Ich bin hier, wenn du etwas brauchen solltest.“
Die kommenden drei Wochen litt Jack stumm vor sich hin. Amanda hatte sich innerlich zurückgezogen und ließ keinen Menschen an ihrem Schmerz teilhaben. Sie schien sich bewusst von jedem abzuschotten,
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