Nacht der Leidenschaft
Probleme zu sprechen, für die es keine konkrete Lösung gab. Und das galt auch für ihn. Lächelnd wandte er sich an Gemmas Zofe, die den Salon mit einer Tasse Kaffee betreten hatte. „Ja nun“, murmelte er, „Gott sei Dank gibt es noch andere Frauen auf der Welt als Amanda Briars.“
Gemma ging sofort darauf ein und war froh, dass dieses Thema damit beendet war. „Du brauchst nur ein Wort zu sagen, falls du die Gesellschaft eines meiner Mädchen suchst. Jederzeit. Das ist das Mindeste, was ich für meinen geliebten Verleger tun kann.“
„Dabei fällt mir ein …“ Jack stellte die dampfende Kaffeetasse ab und. fuhr mit gespielter Gelassenheit fort: „Heute Morgen stattete mir Lord Tirwitt einen Besuch in meinen Geschäftsräumen ab. Er war über die Darstellung seiner Person in deinem Buch nicht gerade erfreut.“
„Tatsächlich“, erwiderte Gemma ohne großes Interesse. „Was hatte der alte Pupser zu sagen?“
„Er wollte mich mit einem Stockmesser sezieren.“
Diese Mitteilung löste bei Gemma einen regelrechten Lachanfall aus. „Oh, du lieber Himmel“, japste sie, „und ich habe versucht, freundlich über ihn zu schreiben. Du wirst nicht glauben, was ich alles weggelassen habe … Sachen, die einfach zu geschmacklos waren, um sie zu Papier zu bringen.“
„Keiner wirft dir ein Übermaß an gutem Geschmack vor, Gemma. Einschließlich Lord Tirwitt. An deiner Stelle würde ich meine Dienerschaft zu erhöhter Wachsamkeit anweisen, falls er dich aufsucht, nachdem er aus dem Gewahrsam in der Bow Street entlassen worden ist.“
„Der kommt nicht hierher“, sagte Gemma und wischte sich eine Träne von den schwarz umrandeten Augen ab.
„Das würde den bösen Klatsch nur bestätigen. Aber vielen Dank für die Warnung, Liebling.“
Sie plauderten noch eine Weile angenehm über Geschäftliches, Investitionen und Politik, eine Unterhaltung, die Jack mit jedem versierten Geschäftsmann hätte führen können. Er genoss Gemmas beißenden Witz und harten Pragmatismus. Sie beide teilten die skrupellose Ansicht, dass Treue zu einer besonderen Person, Partei oder einem Ideal zu vermeiden sei. Beide würden liberale oder aber konservative Ziele unterstützen, wenn sie nur ihren eigenen egoistischen Zielen dienten. Würden sie sich auf einem sinkenden Schiff begegnen, dann wären sie das erste Paar Ratten, das es verließe. Zudem würden sie sich das beste Rettungsboot stehlen.
Allmählich war der Kaffee lauwarm geworden. Jack erinnerte sich an zwei andere Verabredungen, die er für diesen Tag getroffen hatte. „Ich habe deine Zeit lange genug in Anspruch genommen“, murmelte er, stand auf und lächelte, als Gemma auf der Chaiselongue sitzen blieb. Er verbeugte sich, küsste die ausgestreckte Hand, ohne mit dem Mund die Haut zu berühren, die unter der Masse der glitzernden, juwelenbesetzten Schmuckstücke verborgen war.
Sie tauschten ein freundliches Lächeln, als Gemma ihn scheinbar gleichgültig fragte: „Dann wird Miss Briars für dich schreiben?“
„Ja aber ich habe, was ihre Person angeht, ein Keuschheitsgelübde abgelegt” „Sehr klug von dir, Liebling.“ In ihrer Stimme schwang herzliche Zustimmung, während die Augen fröhlich aufleuchteten, als ob sie innerlich über ihn lachte. Verwirrt fiel Jack au£ dass sein Geschäftsführer, Oscar Fretwell, ihn heute Morgen mit der gleichen verhohlenen Fröhlichkeit angesehen hatte. Zum Teufel noch mal, was fanden die Leute denn so verdammt komisch an seiner Beziehung zu Amanda Briars?
Kapitel 6
Zu Amandas Überraschung wurde ihr Devlins Vertrag nicht durch einen Boten überbracht, sondern von Oscar Fretwell persönlich. Der Geschäftsführer war genauso sympathisch, wie sie ihn in Erinnerung hatte. Die meergrünen Augen blickten herzlich und offen, das Lächeln schien ehrlich gemeint. Sein gepflegtes Aussehen beeindruckte Sukey über alle Maßen. Amanda musste ein Schmunzeln unterdrücken, als die kleine Zofe ihn von Kopf bis Fuß musterte. Amanda war überzeugt, dass Sukey auch nicht die kleinste Kleinigkeit entging, vom modisch geschnittenen blonden Haar, das wie eine frisch geprägte Goldmünze glänzte, bis zu den Spitzen seiner blank polierten Schuhe.
Sukey hatte ihren großen Auftritt, als sie Fretwell wie einen königlichen Besucher voller Ehrerbietung in den Salon führte.
Auf Amandas Aufforderung hin nahm er in einem Sessel Platz. „Ihr Vertrag“, sagte er, zog mehrere Papierbogen aus seiner braunen Ledermappe und reichte sie
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